Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite
einer wissenschaftlichen Grundlehre.
§. 24.

Die Definitionen, die man auf vorgedachte Art
herausbringt, erklären die Sache selbst, und so fern
man sie aus den Grundbegriffen herausbringt, kann
man sie Sacherklärungen nennen, die im strengsten
Verstande a priori sind. Hingegen sind sie a poste-
riori,
wenn man sie auf Erfahrungssätze gründet,
oder diese mit zu Hülfe nimmt. Beyde Arten hat
Wolf unter dem Worte Sacherklärung zusammen-
genommen, und sie den Worterklärungen entgegen-
gesetzet. Jhr Beweis zeiget die Entstehensart der
Sache,
wo nämlich bey dem Begriffe wirklich eine
Sache zum Grunde liegt. Hingegen bey bloßen Ver-
hältnissen,
welche man gewissermaßen den Sachen
selbst entgegensetzen und davon unterscheiden muß, zei-
get der Beweis die Entstehensart des Begriffes.

§. 25.

So weit man mit den Sacherklärungen ausreicht,
könnten die Worterklärungen ganz wegbleiben, wenn
man nicht die Sprache nehmen müßte, wie sie ist,
um andern verständlich zu bleiben. Denn da man
einfache Begriffe zusammensetzet, um andere daraus
zu bilden, so verfällt man auf die Definition der
zusammengesetzten Begriffe, ehe man an die Benen-
nung derselben denkt. Die Benennung ist an sich
willkührlich. Da man aber andern verständlich blei-
ben soll, so muß man sich allerdings umsehen, ob
nicht der Begriff bereits unter irgend einem Namen
vorkomme. Und dieses macht die Worterklärungen
mehr oder minder nothwendig, besonders wo man
die Sache, die der Begriff vorstellet, nicht im gan-
zen vorlegen, und das mit der Sache selbst bereits
und unmittelbar verbundene Wort gebrauchen kann.

§. 26.
B 3
einer wiſſenſchaftlichen Grundlehre.
§. 24.

Die Definitionen, die man auf vorgedachte Art
herausbringt, erklaͤren die Sache ſelbſt, und ſo fern
man ſie aus den Grundbegriffen herausbringt, kann
man ſie Sacherklaͤrungen nennen, die im ſtrengſten
Verſtande a priori ſind. Hingegen ſind ſie a poſte-
riori,
wenn man ſie auf Erfahrungsſaͤtze gruͤndet,
oder dieſe mit zu Huͤlfe nimmt. Beyde Arten hat
Wolf unter dem Worte Sacherklaͤrung zuſammen-
genommen, und ſie den Worterklaͤrungen entgegen-
geſetzet. Jhr Beweis zeiget die Entſtehensart der
Sache,
wo naͤmlich bey dem Begriffe wirklich eine
Sache zum Grunde liegt. Hingegen bey bloßen Ver-
haͤltniſſen,
welche man gewiſſermaßen den Sachen
ſelbſt entgegenſetzen und davon unterſcheiden muß, zei-
get der Beweis die Entſtehensart des Begriffes.

§. 25.

So weit man mit den Sacherklaͤrungen ausreicht,
koͤnnten die Worterklaͤrungen ganz wegbleiben, wenn
man nicht die Sprache nehmen muͤßte, wie ſie iſt,
um andern verſtaͤndlich zu bleiben. Denn da man
einfache Begriffe zuſammenſetzet, um andere daraus
zu bilden, ſo verfaͤllt man auf die Definition der
zuſammengeſetzten Begriffe, ehe man an die Benen-
nung derſelben denkt. Die Benennung iſt an ſich
willkuͤhrlich. Da man aber andern verſtaͤndlich blei-
ben ſoll, ſo muß man ſich allerdings umſehen, ob
nicht der Begriff bereits unter irgend einem Namen
vorkomme. Und dieſes macht die Worterklaͤrungen
mehr oder minder nothwendig, beſonders wo man
die Sache, die der Begriff vorſtellet, nicht im gan-
zen vorlegen, und das mit der Sache ſelbſt bereits
und unmittelbar verbundene Wort gebrauchen kann.

§. 26.
B 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0057" n="21"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">einer wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaftlichen Grundlehre.</hi> </fw><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 24.</head><lb/>
            <p>Die Definitionen, die man auf vorgedachte Art<lb/>
herausbringt, erkla&#x0364;ren die Sache &#x017F;elb&#x017F;t, und &#x017F;o fern<lb/>
man &#x017F;ie aus den Grundbegriffen herausbringt, kann<lb/>
man &#x017F;ie Sacherkla&#x0364;rungen nennen, die im &#x017F;treng&#x017F;ten<lb/>
Ver&#x017F;tande <hi rendition="#aq">a priori</hi> &#x017F;ind. Hingegen &#x017F;ind &#x017F;ie <hi rendition="#aq">a po&#x017F;te-<lb/>
riori,</hi> wenn man &#x017F;ie auf Erfahrungs&#x017F;a&#x0364;tze gru&#x0364;ndet,<lb/>
oder die&#x017F;e mit zu Hu&#x0364;lfe nimmt. Beyde Arten hat<lb/><hi rendition="#fr">Wolf</hi> unter dem Worte Sacherkla&#x0364;rung zu&#x017F;ammen-<lb/>
genommen, und &#x017F;ie den Worterkla&#x0364;rungen entgegen-<lb/>
ge&#x017F;etzet. Jhr Beweis zeiget die <hi rendition="#fr">Ent&#x017F;tehensart der<lb/>
Sache,</hi> wo na&#x0364;mlich bey dem Begriffe wirklich eine<lb/>
Sache zum Grunde liegt. Hingegen bey bloßen <hi rendition="#fr">Ver-<lb/>
ha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;en,</hi> welche man gewi&#x017F;&#x017F;ermaßen den <hi rendition="#fr">Sachen</hi><lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t entgegen&#x017F;etzen und davon unter&#x017F;cheiden muß, zei-<lb/>
get der Beweis die <hi rendition="#fr">Ent&#x017F;tehensart des Begriffes.</hi></p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 25.</head><lb/>
            <p>So weit man mit den Sacherkla&#x0364;rungen ausreicht,<lb/>
ko&#x0364;nnten die Worterkla&#x0364;rungen ganz wegbleiben, wenn<lb/>
man nicht die Sprache nehmen mu&#x0364;ßte, wie &#x017F;ie i&#x017F;t,<lb/>
um andern ver&#x017F;ta&#x0364;ndlich zu bleiben. Denn da man<lb/>
einfache Begriffe zu&#x017F;ammen&#x017F;etzet, um andere daraus<lb/>
zu bilden, &#x017F;o verfa&#x0364;llt man auf die Definition der<lb/>
zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzten Begriffe, ehe man an die Benen-<lb/>
nung der&#x017F;elben denkt. Die Benennung i&#x017F;t an &#x017F;ich<lb/>
willku&#x0364;hrlich. Da man aber andern ver&#x017F;ta&#x0364;ndlich blei-<lb/>
ben &#x017F;oll, &#x017F;o muß man &#x017F;ich allerdings um&#x017F;ehen, ob<lb/>
nicht der Begriff bereits unter irgend einem Namen<lb/>
vorkomme. Und die&#x017F;es macht die Worterkla&#x0364;rungen<lb/>
mehr oder minder nothwendig, be&#x017F;onders wo man<lb/>
die Sache, die der Begriff vor&#x017F;tellet, nicht im gan-<lb/>
zen vorlegen, und das mit der Sache &#x017F;elb&#x017F;t bereits<lb/>
und unmittelbar verbundene Wort gebrauchen kann.</p>
          </div><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">B 3</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">§. 26.</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[21/0057] einer wiſſenſchaftlichen Grundlehre. §. 24. Die Definitionen, die man auf vorgedachte Art herausbringt, erklaͤren die Sache ſelbſt, und ſo fern man ſie aus den Grundbegriffen herausbringt, kann man ſie Sacherklaͤrungen nennen, die im ſtrengſten Verſtande a priori ſind. Hingegen ſind ſie a poſte- riori, wenn man ſie auf Erfahrungsſaͤtze gruͤndet, oder dieſe mit zu Huͤlfe nimmt. Beyde Arten hat Wolf unter dem Worte Sacherklaͤrung zuſammen- genommen, und ſie den Worterklaͤrungen entgegen- geſetzet. Jhr Beweis zeiget die Entſtehensart der Sache, wo naͤmlich bey dem Begriffe wirklich eine Sache zum Grunde liegt. Hingegen bey bloßen Ver- haͤltniſſen, welche man gewiſſermaßen den Sachen ſelbſt entgegenſetzen und davon unterſcheiden muß, zei- get der Beweis die Entſtehensart des Begriffes. §. 25. So weit man mit den Sacherklaͤrungen ausreicht, koͤnnten die Worterklaͤrungen ganz wegbleiben, wenn man nicht die Sprache nehmen muͤßte, wie ſie iſt, um andern verſtaͤndlich zu bleiben. Denn da man einfache Begriffe zuſammenſetzet, um andere daraus zu bilden, ſo verfaͤllt man auf die Definition der zuſammengeſetzten Begriffe, ehe man an die Benen- nung derſelben denkt. Die Benennung iſt an ſich willkuͤhrlich. Da man aber andern verſtaͤndlich blei- ben ſoll, ſo muß man ſich allerdings umſehen, ob nicht der Begriff bereits unter irgend einem Namen vorkomme. Und dieſes macht die Worterklaͤrungen mehr oder minder nothwendig, beſonders wo man die Sache, die der Begriff vorſtellet, nicht im gan- zen vorlegen, und das mit der Sache ſelbſt bereits und unmittelbar verbundene Wort gebrauchen kann. §. 26. B 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/57
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/57>, abgerufen am 21.12.2024.