mus merklich bestärkt, von ernsthaften Beschäf¬ tigungen abgezogen, unbillig gegen Andre, un¬ gerecht gegen würkliche Verdienste werden, oder wenn ihre Liebhabereyen von solcher Art sind, daß dadurch ihr Herz verwildert, verhärtet, grau¬ sam wird.
15.
Fürsten, Vornehme und Reiche pflegen zu¬ weilen sich so weit zu Leuten von geringerm Stande herabzulassen, daß sie dieselben um Rath fragen, oder sie um Beurtheilung ihrer Spiel¬ werke, ihrer Schriften, Anlagen, Plane, Mei¬ nungen und dergleichen bitten. Ich empfehle da Behutsamkeit, und daß man sich erinnere, wie übel das Rathgeben und Warnen dem ar¬ men Gil Blas von Santillana in dem Hause des Cardinals bekam, obgleich Dieser ihn so drin¬ gend aufgefordert hatte, ihm zu erzählen, was die Leute von seinen Predigten redeten. So wie fast alle übrigen Menschen; so legen beson¬ ders die Großen der Erde uns mehrentheils nur darum solche Dinge zur Beurtheilung vor, da¬ mit wir sie loben sollen, und fragen nicht eher um Rath, als bis sie schon entschlossen sind über das, was sie thun wollen.
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mus merklich beſtaͤrkt, von ernſthaften Beſchaͤf¬ tigungen abgezogen, unbillig gegen Andre, un¬ gerecht gegen wuͤrkliche Verdienſte werden, oder wenn ihre Liebhabereyen von ſolcher Art ſind, daß dadurch ihr Herz verwildert, verhaͤrtet, grau¬ ſam wird.
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Fuͤrſten, Vornehme und Reiche pflegen zu¬ weilen ſich ſo weit zu Leuten von geringerm Stande herabzulaſſen, daß ſie dieſelben um Rath fragen, oder ſie um Beurtheilung ihrer Spiel¬ werke, ihrer Schriften, Anlagen, Plane, Mei¬ nungen und dergleichen bitten. Ich empfehle da Behutſamkeit, und daß man ſich erinnere, wie uͤbel das Rathgeben und Warnen dem ar¬ men Gil Blas von Santillana in dem Hauſe des Cardinals bekam, obgleich Dieſer ihn ſo drin¬ gend aufgefordert hatte, ihm zu erzaͤhlen, was die Leute von ſeinen Predigten redeten. So wie faſt alle uͤbrigen Menſchen; ſo legen beſon¬ ders die Großen der Erde uns mehrentheils nur darum ſolche Dinge zur Beurtheilung vor, da¬ mit wir ſie loben ſollen, und fragen nicht eher um Rath, als bis ſie ſchon entſchloſſen ſind uͤber das, was ſie thun wollen.
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mus merklich beſtaͤrkt, von ernſthaften Beſchaͤf¬
tigungen abgezogen, unbillig gegen Andre, un¬
gerecht gegen wuͤrkliche Verdienſte werden, oder
wenn ihre Liebhabereyen von ſolcher Art ſind,
daß dadurch ihr Herz verwildert, verhaͤrtet, grau¬
ſam wird.
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Fuͤrſten, Vornehme und Reiche pflegen zu¬
weilen ſich ſo weit zu Leuten von geringerm
Stande herabzulaſſen, daß ſie dieſelben um Rath
fragen, oder ſie um Beurtheilung ihrer Spiel¬
werke, ihrer Schriften, Anlagen, Plane, Mei¬
nungen und dergleichen bitten. Ich empfehle
da Behutſamkeit, und daß man ſich erinnere,
wie uͤbel das Rathgeben und Warnen dem ar¬
men Gil Blas von Santillana in dem Hauſe
des Cardinals bekam, obgleich Dieſer ihn ſo drin¬
gend aufgefordert hatte, ihm zu erzaͤhlen, was
die Leute von ſeinen Predigten redeten. So
wie faſt alle uͤbrigen Menſchen; ſo legen beſon¬
ders die Großen der Erde uns mehrentheils nur
darum ſolche Dinge zur Beurtheilung vor, da¬
mit wir ſie loben ſollen, und fragen nicht eher
um Rath, als bis ſie ſchon entſchloſſen ſind uͤber
das, was ſie thun wollen.
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/47>, abgerufen am 21.11.2024.
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