Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788.

Bild:
<< vorherige Seite
3.

Ein allgemeiner Satz für alle Fälle ist der:
Dringe Dich den Vornehmen und Reichen nicht
auf, wenn Du nicht von ihnen verachtet werden
willst! Ueberlaufe sie nicht mit Bitten für Dich
und Andre, wenn sie Deiner nicht überdrüßig
werden, wenn sie Dich nicht fliehn sollen! Laß
Dich vielmehr von ihnen aussuchen! Mache
Dich rar; doch dies alles ohne daß Deine Ab¬
sicht merklich, ohne daß es gezwungen scheine!

4.

Suche nicht, Dir das Ansehn zu geben,
als gehörtest Du zu der Classe der Vornehmern,
oder lebtest wenigstens mit ihnen in engster Ver¬
traulichkeit! Rühme Dich nicht ihrer Freund¬
schaft, ihres Briefwechsels, ihres Zutrauens,
noch Deines Uebergewichts über sie! Wenn eine
solche Verbindung ein Glück ist -- Ich meine,
man kennt hierüber meine Grundsätze -- so er¬
freue man sich in der Stille dieses unbequemen
Glücks! Es giebt Menschen, die durchaus da¬
für angesehn seyn wollen, eine größere Figur in
der Welt zu spielen, in höherem Ansehn zu
stehn, als würklich der Fall ist. Sie führen,

auf
A3
3.

Ein allgemeiner Satz fuͤr alle Faͤlle iſt der:
Dringe Dich den Vornehmen und Reichen nicht
auf, wenn Du nicht von ihnen verachtet werden
willſt! Ueberlaufe ſie nicht mit Bitten fuͤr Dich
und Andre, wenn ſie Deiner nicht uͤberdruͤßig
werden, wenn ſie Dich nicht fliehn ſollen! Laß
Dich vielmehr von ihnen ausſuchen! Mache
Dich rar; doch dies alles ohne daß Deine Ab¬
ſicht merklich, ohne daß es gezwungen ſcheine!

4.

Suche nicht, Dir das Anſehn zu geben,
als gehoͤrteſt Du zu der Claſſe der Vornehmern,
oder lebteſt wenigſtens mit ihnen in engſter Ver¬
traulichkeit! Ruͤhme Dich nicht ihrer Freund¬
ſchaft, ihres Briefwechſels, ihres Zutrauens,
noch Deines Uebergewichts uͤber ſie! Wenn eine
ſolche Verbindung ein Gluͤck iſt — Ich meine,
man kennt hieruͤber meine Grundſaͤtze — ſo er¬
freue man ſich in der Stille dieſes unbequemen
Gluͤcks! Es giebt Menſchen, die durchaus da¬
fuͤr angeſehn ſeyn wollen, eine groͤßere Figur in
der Welt zu ſpielen, in hoͤherem Anſehn zu
ſtehn, als wuͤrklich der Fall iſt. Sie fuͤhren,

auf
A3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0027" n="5"/>
          </div>
          <div n="3">
            <head>3.<lb/></head>
            <p>Ein allgemeiner Satz fu&#x0364;r alle Fa&#x0364;lle i&#x017F;t der:<lb/>
Dringe Dich den Vornehmen und Reichen nicht<lb/>
auf, wenn Du nicht von ihnen verachtet werden<lb/>
will&#x017F;t! Ueberlaufe &#x017F;ie nicht mit Bitten fu&#x0364;r Dich<lb/>
und Andre, wenn &#x017F;ie Deiner nicht u&#x0364;berdru&#x0364;ßig<lb/>
werden, wenn &#x017F;ie Dich nicht fliehn &#x017F;ollen! Laß<lb/>
Dich vielmehr von ihnen aus&#x017F;uchen! Mache<lb/>
Dich rar; doch dies alles ohne daß Deine Ab¬<lb/>
&#x017F;icht merklich, ohne daß es gezwungen &#x017F;cheine!</p><lb/>
          </div>
          <div n="3">
            <head>4.<lb/></head>
            <p>Suche nicht, Dir das An&#x017F;ehn zu geben,<lb/>
als geho&#x0364;rte&#x017F;t Du zu der Cla&#x017F;&#x017F;e der Vornehmern,<lb/>
oder lebte&#x017F;t wenig&#x017F;tens mit ihnen in eng&#x017F;ter Ver¬<lb/>
traulichkeit! Ru&#x0364;hme Dich nicht ihrer Freund¬<lb/>
&#x017F;chaft, ihres Briefwech&#x017F;els, ihres Zutrauens,<lb/>
noch Deines Uebergewichts u&#x0364;ber &#x017F;ie! Wenn eine<lb/>
&#x017F;olche Verbindung ein Glu&#x0364;ck i&#x017F;t &#x2014; Ich meine,<lb/>
man kennt hieru&#x0364;ber meine Grund&#x017F;a&#x0364;tze &#x2014; &#x017F;o er¬<lb/>
freue man &#x017F;ich in der Stille die&#x017F;es unbequemen<lb/>
Glu&#x0364;cks! Es giebt Men&#x017F;chen, die durchaus da¬<lb/>
fu&#x0364;r ange&#x017F;ehn &#x017F;eyn wollen, eine gro&#x0364;ßere Figur in<lb/>
der Welt zu &#x017F;pielen, in ho&#x0364;herem An&#x017F;ehn zu<lb/>
&#x017F;tehn, als wu&#x0364;rklich der Fall i&#x017F;t. Sie fu&#x0364;hren,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">auf<lb/></fw> <fw place="bottom" type="sig">A3<lb/></fw>
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[5/0027] 3. Ein allgemeiner Satz fuͤr alle Faͤlle iſt der: Dringe Dich den Vornehmen und Reichen nicht auf, wenn Du nicht von ihnen verachtet werden willſt! Ueberlaufe ſie nicht mit Bitten fuͤr Dich und Andre, wenn ſie Deiner nicht uͤberdruͤßig werden, wenn ſie Dich nicht fliehn ſollen! Laß Dich vielmehr von ihnen ausſuchen! Mache Dich rar; doch dies alles ohne daß Deine Ab¬ ſicht merklich, ohne daß es gezwungen ſcheine! 4. Suche nicht, Dir das Anſehn zu geben, als gehoͤrteſt Du zu der Claſſe der Vornehmern, oder lebteſt wenigſtens mit ihnen in engſter Ver¬ traulichkeit! Ruͤhme Dich nicht ihrer Freund¬ ſchaft, ihres Briefwechſels, ihres Zutrauens, noch Deines Uebergewichts uͤber ſie! Wenn eine ſolche Verbindung ein Gluͤck iſt — Ich meine, man kennt hieruͤber meine Grundſaͤtze — ſo er¬ freue man ſich in der Stille dieſes unbequemen Gluͤcks! Es giebt Menſchen, die durchaus da¬ fuͤr angeſehn ſeyn wollen, eine groͤßere Figur in der Welt zu ſpielen, in hoͤherem Anſehn zu ſtehn, als wuͤrklich der Fall iſt. Sie fuͤhren, auf A3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/27
Zitationshilfe: Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/27>, abgerufen am 21.11.2024.