Ein allgemeiner Satz für alle Fälle ist der: Dringe Dich den Vornehmen und Reichen nicht auf, wenn Du nicht von ihnen verachtet werden willst! Ueberlaufe sie nicht mit Bitten für Dich und Andre, wenn sie Deiner nicht überdrüßig werden, wenn sie Dich nicht fliehn sollen! Laß Dich vielmehr von ihnen aussuchen! Mache Dich rar; doch dies alles ohne daß Deine Ab¬ sicht merklich, ohne daß es gezwungen scheine!
4.
Suche nicht, Dir das Ansehn zu geben, als gehörtest Du zu der Classe der Vornehmern, oder lebtest wenigstens mit ihnen in engster Ver¬ traulichkeit! Rühme Dich nicht ihrer Freund¬ schaft, ihres Briefwechsels, ihres Zutrauens, noch Deines Uebergewichts über sie! Wenn eine solche Verbindung ein Glück ist -- Ich meine, man kennt hierüber meine Grundsätze -- so er¬ freue man sich in der Stille dieses unbequemen Glücks! Es giebt Menschen, die durchaus da¬ für angesehn seyn wollen, eine größere Figur in der Welt zu spielen, in höherem Ansehn zu stehn, als würklich der Fall ist. Sie führen,
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Ein allgemeiner Satz fuͤr alle Faͤlle iſt der: Dringe Dich den Vornehmen und Reichen nicht auf, wenn Du nicht von ihnen verachtet werden willſt! Ueberlaufe ſie nicht mit Bitten fuͤr Dich und Andre, wenn ſie Deiner nicht uͤberdruͤßig werden, wenn ſie Dich nicht fliehn ſollen! Laß Dich vielmehr von ihnen ausſuchen! Mache Dich rar; doch dies alles ohne daß Deine Ab¬ ſicht merklich, ohne daß es gezwungen ſcheine!
4.
Suche nicht, Dir das Anſehn zu geben, als gehoͤrteſt Du zu der Claſſe der Vornehmern, oder lebteſt wenigſtens mit ihnen in engſter Ver¬ traulichkeit! Ruͤhme Dich nicht ihrer Freund¬ ſchaft, ihres Briefwechſels, ihres Zutrauens, noch Deines Uebergewichts uͤber ſie! Wenn eine ſolche Verbindung ein Gluͤck iſt — Ich meine, man kennt hieruͤber meine Grundſaͤtze — ſo er¬ freue man ſich in der Stille dieſes unbequemen Gluͤcks! Es giebt Menſchen, die durchaus da¬ fuͤr angeſehn ſeyn wollen, eine groͤßere Figur in der Welt zu ſpielen, in hoͤherem Anſehn zu ſtehn, als wuͤrklich der Fall iſt. Sie fuͤhren,
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Ein allgemeiner Satz fuͤr alle Faͤlle iſt der:
Dringe Dich den Vornehmen und Reichen nicht
auf, wenn Du nicht von ihnen verachtet werden
willſt! Ueberlaufe ſie nicht mit Bitten fuͤr Dich
und Andre, wenn ſie Deiner nicht uͤberdruͤßig
werden, wenn ſie Dich nicht fliehn ſollen! Laß
Dich vielmehr von ihnen ausſuchen! Mache
Dich rar; doch dies alles ohne daß Deine Ab¬
ſicht merklich, ohne daß es gezwungen ſcheine!
4.
Suche nicht, Dir das Anſehn zu geben,
als gehoͤrteſt Du zu der Claſſe der Vornehmern,
oder lebteſt wenigſtens mit ihnen in engſter Ver¬
traulichkeit! Ruͤhme Dich nicht ihrer Freund¬
ſchaft, ihres Briefwechſels, ihres Zutrauens,
noch Deines Uebergewichts uͤber ſie! Wenn eine
ſolche Verbindung ein Gluͤck iſt — Ich meine,
man kennt hieruͤber meine Grundſaͤtze — ſo er¬
freue man ſich in der Stille dieſes unbequemen
Gluͤcks! Es giebt Menſchen, die durchaus da¬
fuͤr angeſehn ſeyn wollen, eine groͤßere Figur in
der Welt zu ſpielen, in hoͤherem Anſehn zu
ſtehn, als wuͤrklich der Fall iſt. Sie fuͤhren,
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/27>, abgerufen am 21.11.2024.
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