[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Oden. Hamburg, 1771.Ihm horcht entzückt die feinere Schäferin, Wer bist, du Schatten? Ebert! er neiget sich Zu mir, und lächelt. Ja er ist es! Siehe der Schatten ist unser Gärtner! Uns werth, wie Flaccus war sein Quintilius, Der unverhüllten Wahrheit Vertraulichster, Ach komm doch, Gärtner, deinen Freunden Ewig zurück! Doch du fliehest fern weg! Fleuch nicht, mein Gärtner, fleuch nicht! du flohst ja nicht, Als wir an jenen traurigen Abenden, Um dich voll Wehmuth still versammelt, Da dich umarmten, und Abschied nahmen! Die letzten Stunden, welche du Abschied nahmst, Der Abend soll mir festlich auf immer seyn! Da lernt' ich, voll von ihrem Schmerze, Wie sich die wenigen Edlen liebten! Viel Mitternächte werden noch einst entfliehn. Lebt sie nicht einsam, Enkel, und heiligt sie Der Freundschaft, wie sie eure Väter Heiligten, und euch Exempel wurden! Sechstes Lied. In meinem Arme, freudig, und weisheitsvoll, Sang Ebert: Evan, Evoe Hagedorn! Da tritt er auf dem Rebenlaube Muthig einher, wie Lyäus, Zevs Sohn! Mein E 3
Ihm horcht entzuͤckt die feinere Schaͤferin, Wer biſt, du Schatten? Ebert! er neiget ſich Zu mir, und laͤchelt. Ja er iſt es! Siehe der Schatten iſt unſer Gaͤrtner! Uns werth, wie Flaccus war ſein Quintilius, Der unverhuͤllten Wahrheit Vertraulichſter, Ach komm doch, Gaͤrtner, deinen Freunden Ewig zuruͤck! Doch du flieheſt fern weg! Fleuch nicht, mein Gaͤrtner, fleuch nicht! du flohſt ja nicht, Als wir an jenen traurigen Abenden, Um dich voll Wehmuth ſtill verſammelt, Da dich umarmten, und Abſchied nahmen! Die letzten Stunden, welche du Abſchied nahmſt, Der Abend ſoll mir feſtlich auf immer ſeyn! Da lernt’ ich, voll von ihrem Schmerze, Wie ſich die wenigen Edlen liebten! Viel Mitternaͤchte werden noch einſt entfliehn. Lebt ſie nicht einſam, Enkel, und heiligt ſie Der Freundſchaft, wie ſie eure Vaͤter Heiligten, und euch Exempel wurden! Sechſtes Lied. In meinem Arme, freudig, und weisheitsvoll, Sang Ebert: Evan, Evoe Hagedorn! Da tritt er auf dem Rebenlaube Muthig einher, wie Lyaͤus, Zevs Sohn! Mein E 3
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Ihm horcht entzuͤckt die feinere Schaͤferin,
Wer biſt, du Schatten? Ebert! er neiget ſich
Zu mir, und laͤchelt. Ja er iſt es!
Siehe der Schatten iſt unſer Gaͤrtner!
Uns werth, wie Flaccus war ſein Quintilius,
Der unverhuͤllten Wahrheit Vertraulichſter,
Ach komm doch, Gaͤrtner, deinen Freunden
Ewig zuruͤck! Doch du flieheſt fern weg!
Fleuch nicht, mein Gaͤrtner, fleuch nicht! du flohſt ja nicht,
Als wir an jenen traurigen Abenden,
Um dich voll Wehmuth ſtill verſammelt,
Da dich umarmten, und Abſchied nahmen!
Die letzten Stunden, welche du Abſchied nahmſt,
Der Abend ſoll mir feſtlich auf immer ſeyn!
Da lernt’ ich, voll von ihrem Schmerze,
Wie ſich die wenigen Edlen liebten!
Viel Mitternaͤchte werden noch einſt entfliehn.
Lebt ſie nicht einſam, Enkel, und heiligt ſie
Der Freundſchaft, wie ſie eure Vaͤter
Heiligten, und euch Exempel wurden!
Sechſtes Lied.
In meinem Arme, freudig, und weisheitsvoll,
Sang Ebert: Evan, Evoe Hagedorn!
Da tritt er auf dem Rebenlaube
Muthig einher, wie Lyaͤus, Zevs Sohn!
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