Der 13te Mai 1758, als der Tag des Schreckens in Glogau.
Mit einer ihren Gram erzählenden Gebärde Wirft Glogau noch den Blick zur Erde, Und ist an Schutt und Klagen reich. Der Fremdling siehet noch den Staub vom Heiligthume, Und wird, der Menschlichkeit zum Ruhme, Bey traurigen Ruinen weich.
Und mehr als er vom tiefen Schmerz bezwungen, Vom stärkern Mitleid mehr durchdrungen, Sing ich die halb zerstöhrte Stadt. Und noch betäubt vom schwarzen Schreckens-Tage Wird mein Gesang wie ihre Klage, Und mein Gedank wie ihrer matt.
Beim Ueberrest vom ihrem schönsten Kleide, Beim Aschenhaufen ihrer Freude Sitzt sie, und weint, und ist von Seufzen voll. Trost komm herab und trockne ihre Wange, Und unterstütze mich, wenn ich ihr im Gesange Den Tag des Schreckens schildern soll.
Der 13te Mai 1758, als der Tag des Schreckens in Glogau.
Mit einer ihren Gram erzaͤhlenden Gebaͤrde Wirft Glogau noch den Blick zur Erde, Und iſt an Schutt und Klagen reich. Der Fremdling ſiehet noch den Staub vom Heiligthume, Und wird, der Menſchlichkeit zum Ruhme, Bey traurigen Ruinen weich.
Und mehr als er vom tiefen Schmerz bezwungen, Vom ſtaͤrkern Mitleid mehr durchdrungen, Sing ich die halb zerſtoͤhrte Stadt. Und noch betaͤubt vom ſchwarzen Schreckens-Tage Wird mein Geſang wie ihre Klage, Und mein Gedank wie ihrer matt.
Beim Ueberreſt vom ihrem ſchoͤnſten Kleide, Beim Aſchenhaufen ihrer Freude Sitzt ſie, und weint, und iſt von Seufzen voll. Troſt komm herab und trockne ihre Wange, Und unterſtuͤtze mich, wenn ich ihr im Geſange Den Tag des Schreckens ſchildern ſoll.
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Der 13te Mai 1758,
als der
Tag des Schreckens in Glogau.
Mit einer ihren Gram erzaͤhlenden Gebaͤrde
Wirft Glogau noch den Blick zur Erde,
Und iſt an Schutt und Klagen reich.
Der Fremdling ſiehet noch den Staub vom Heiligthume,
Und wird, der Menſchlichkeit zum Ruhme,
Bey traurigen Ruinen weich.
Und mehr als er vom tiefen Schmerz bezwungen,
Vom ſtaͤrkern Mitleid mehr durchdrungen,
Sing ich die halb zerſtoͤhrte Stadt.
Und noch betaͤubt vom ſchwarzen Schreckens-Tage
Wird mein Geſang wie ihre Klage,
Und mein Gedank wie ihrer matt.
Beim Ueberreſt vom ihrem ſchoͤnſten Kleide,
Beim Aſchenhaufen ihrer Freude
Sitzt ſie, und weint, und iſt von Seufzen voll.
Troſt komm herab und trockne ihre Wange,
Und unterſtuͤtze mich, wenn ich ihr im Geſange
Den Tag des Schreckens ſchildern ſoll.
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Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792, S. 362. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792/522>, abgerufen am 21.02.2025.
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