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Kant, Immanuel: Critik der Urtheilskraft. Berlin u. a., 1790.

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II. Th. Critik der teleologischen Urtheilskraft.
§. 71.
Vorbereitung zur Auflösung obiger
Antinomie.

Wir können die Unmöglichkeit der Erzeugung der
organisirten Naturproducte durch den bloßen Mecha-
nism der Natur keinesweges beweisen, weil wir die un-
endliche Mannigfaltigkeit der besondern Naturgesetze,
die für uns zufällig sind, da sie nur empirisch erkannt
werden, ihrem ersten innern Grunde nach nicht einsehen
und so das innere durchgängig zureichende Princip der
Möglichkeit einer Natur (welches im Uebersinnlichen
liegt) schlechterdings nicht erreichen können. Ob also
das productive Vermögen der Natur auch für dasjenige,
was wir, als nach der Jdee von Zwecken geformt oder
verbunden, beurtheilen, nicht eben so gut, als für das,
wozu wir blos ein Maschinenwesen der Natur zu bedür-
fen glauben, zulange und ob in der That für Dinge als
eigentliche Naturzwecke (wie wir sie nothwendig beur-
theilen müssen) eine ganz andere Art von ursprünglicher
Caussalität, die gar nicht in der materiellen Natur oder
ihrem intelligibelen Substrat enthalten seyn kann, näm-
lich ein architectonischer Verstand zum Grunde liege,
darüber kann unsere in Ansehung des Begrifs der Caus-
salität, wenn er a priori specificirt werden soll, sehr enge
eingeschränkte Vernunft schlechterdings keine Auskunft
geben. -- Aber daß, respectiv auf unser Erkenntnis-

U 5
II. Th. Critik der teleologiſchen Urtheilskraft.
§. 71.
Vorbereitung zur Aufloͤſung obiger
Antinomie.

Wir koͤnnen die Unmoͤglichkeit der Erzeugung der
organiſirten Naturproducte durch den bloßen Mecha-
nism der Natur keinesweges beweiſen, weil wir die un-
endliche Mannigfaltigkeit der beſondern Naturgeſetze,
die fuͤr uns zufaͤllig ſind, da ſie nur empiriſch erkannt
werden, ihrem erſten innern Grunde nach nicht einſehen
und ſo das innere durchgaͤngig zureichende Princip der
Moͤglichkeit einer Natur (welches im Ueberſinnlichen
liegt) ſchlechterdings nicht erreichen koͤnnen. Ob alſo
das productive Vermoͤgen der Natur auch fuͤr dasjenige,
was wir, als nach der Jdee von Zwecken geformt oder
verbunden, beurtheilen, nicht eben ſo gut, als fuͤr das,
wozu wir blos ein Maſchinenweſen der Natur zu beduͤr-
fen glauben, zulange und ob in der That fuͤr Dinge als
eigentliche Naturzwecke (wie wir ſie nothwendig beur-
theilen muͤſſen) eine ganz andere Art von urſpruͤnglicher
Cauſſalitaͤt, die gar nicht in der materiellen Natur oder
ihrem intelligibelen Subſtrat enthalten ſeyn kann, naͤm-
lich ein architectoniſcher Verſtand zum Grunde liege,
daruͤber kann unſere in Anſehung des Begrifs der Cauſ-
ſalitaͤt, wenn er a priori ſpecificirt werden ſoll, ſehr enge
eingeſchraͤnkte Vernunft ſchlechterdings keine Auskunft
geben. — Aber daß, reſpectiv auf unſer Erkenntnis-

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[313/0377] II. Th. Critik der teleologiſchen Urtheilskraft. §. 71. Vorbereitung zur Aufloͤſung obiger Antinomie. Wir koͤnnen die Unmoͤglichkeit der Erzeugung der organiſirten Naturproducte durch den bloßen Mecha- nism der Natur keinesweges beweiſen, weil wir die un- endliche Mannigfaltigkeit der beſondern Naturgeſetze, die fuͤr uns zufaͤllig ſind, da ſie nur empiriſch erkannt werden, ihrem erſten innern Grunde nach nicht einſehen und ſo das innere durchgaͤngig zureichende Princip der Moͤglichkeit einer Natur (welches im Ueberſinnlichen liegt) ſchlechterdings nicht erreichen koͤnnen. Ob alſo das productive Vermoͤgen der Natur auch fuͤr dasjenige, was wir, als nach der Jdee von Zwecken geformt oder verbunden, beurtheilen, nicht eben ſo gut, als fuͤr das, wozu wir blos ein Maſchinenweſen der Natur zu beduͤr- fen glauben, zulange und ob in der That fuͤr Dinge als eigentliche Naturzwecke (wie wir ſie nothwendig beur- theilen muͤſſen) eine ganz andere Art von urſpruͤnglicher Cauſſalitaͤt, die gar nicht in der materiellen Natur oder ihrem intelligibelen Subſtrat enthalten ſeyn kann, naͤm- lich ein architectoniſcher Verſtand zum Grunde liege, daruͤber kann unſere in Anſehung des Begrifs der Cauſ- ſalitaͤt, wenn er a priori ſpecificirt werden ſoll, ſehr enge eingeſchraͤnkte Vernunft ſchlechterdings keine Auskunft geben. — Aber daß, reſpectiv auf unſer Erkenntnis- U 5

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Zitationshilfe: Kant, Immanuel: Critik der Urtheilskraft. Berlin u. a., 1790, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_urtheilskraft_1790/377>, abgerufen am 21.12.2024.