Ohne Bewustseyn, daß das, was wir denken, eben dasselbe sey, was wir einen Augenblick zuvor dachten, würde alle Reproduction in der Reihe der Vorstellun- gen vergeblich seyn. Denn es wäre eine neue Vorstel- lung im ietzigen Zustande, die zu dem Actus, wodurch sie nach und nach hat erzeugt werden sollen, gar nicht gehö- rete, und das Mannigfaltige derselben würde immer kein Ganzes ausmachen, weil es der Einheit ermangelte, die ihm nur das Bewustseyn verschaffen kan. Vergesse ich im Zählen: daß die Einheiten, die mir iezt vor Sinnen schweben, nach und nach zu einander von mir hinzugethan worden sind, so würde ich die Erzeugung der Menge, durch diese successive Hinzuthuung von Einem zu Einem, mithin auch nicht die Zahl erkennen; denn dieser Begriff be- steht lediglich in dem Bewustseyn dieser Einheit der Syn- thesis.
Das Wort Begriff könte uns schon von selbst zu dieser Bemerkung Anleitung geben. Denn dieses eine Bewustseyn ist es, was das Mannigfaltige, nach und nach Angeschaute, und denn auch Reproducirte, in eine Vor- stellung vereinigt. Dieses Bewustseyn kan oft nur schwach seyn, so daß wir es nur in der Wirkung, nicht aber in dem Actus selbst, d. i. unmittelbar mit der Erzeugung
der
G 4
II. Abſch. Gruͤnde zur Moͤglichkeit der Erfahr.
3. Von der Syntheſis der Recognition im Begriffe.
Ohne Bewuſtſeyn, daß das, was wir denken, eben daſſelbe ſey, was wir einen Augenblick zuvor dachten, wuͤrde alle Reproduction in der Reihe der Vorſtellun- gen vergeblich ſeyn. Denn es waͤre eine neue Vorſtel- lung im ietzigen Zuſtande, die zu dem Actus, wodurch ſie nach und nach hat erzeugt werden ſollen, gar nicht gehoͤ- rete, und das Mannigfaltige derſelben wuͤrde immer kein Ganzes ausmachen, weil es der Einheit ermangelte, die ihm nur das Bewuſtſeyn verſchaffen kan. Vergeſſe ich im Zaͤhlen: daß die Einheiten, die mir iezt vor Sinnen ſchweben, nach und nach zu einander von mir hinzugethan worden ſind, ſo wuͤrde ich die Erzeugung der Menge, durch dieſe ſucceſſive Hinzuthuung von Einem zu Einem, mithin auch nicht die Zahl erkennen; denn dieſer Begriff be- ſteht lediglich in dem Bewuſtſeyn dieſer Einheit der Syn- theſis.
Das Wort Begriff koͤnte uns ſchon von ſelbſt zu dieſer Bemerkung Anleitung geben. Denn dieſes eine Bewuſtſeyn iſt es, was das Mannigfaltige, nach und nach Angeſchaute, und denn auch Reproducirte, in eine Vor- ſtellung vereinigt. Dieſes Bewuſtſeyn kan oft nur ſchwach ſeyn, ſo daß wir es nur in der Wirkung, nicht aber in dem Actus ſelbſt, d. i. unmittelbar mit der Erzeugung
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II. Abſch. Gruͤnde zur Moͤglichkeit der Erfahr.
3.
Von der Syntheſis
der
Recognition im Begriffe.
Ohne Bewuſtſeyn, daß das, was wir denken, eben
daſſelbe ſey, was wir einen Augenblick zuvor dachten,
wuͤrde alle Reproduction in der Reihe der Vorſtellun-
gen vergeblich ſeyn. Denn es waͤre eine neue Vorſtel-
lung im ietzigen Zuſtande, die zu dem Actus, wodurch ſie
nach und nach hat erzeugt werden ſollen, gar nicht gehoͤ-
rete, und das Mannigfaltige derſelben wuͤrde immer kein
Ganzes ausmachen, weil es der Einheit ermangelte, die
ihm nur das Bewuſtſeyn verſchaffen kan. Vergeſſe ich
im Zaͤhlen: daß die Einheiten, die mir iezt vor Sinnen
ſchweben, nach und nach zu einander von mir hinzugethan
worden ſind, ſo wuͤrde ich die Erzeugung der Menge,
durch dieſe ſucceſſive Hinzuthuung von Einem zu Einem,
mithin auch nicht die Zahl erkennen; denn dieſer Begriff be-
ſteht lediglich in dem Bewuſtſeyn dieſer Einheit der Syn-
theſis.
Das Wort Begriff koͤnte uns ſchon von ſelbſt zu
dieſer Bemerkung Anleitung geben. Denn dieſes eine
Bewuſtſeyn iſt es, was das Mannigfaltige, nach und nach
Angeſchaute, und denn auch Reproducirte, in eine Vor-
ſtellung vereinigt. Dieſes Bewuſtſeyn kan oft nur ſchwach
ſeyn, ſo daß wir es nur in der Wirkung, nicht aber in
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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/133>, abgerufen am 21.11.2024.
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