schneidung, aus der irrigen Meinung, der König thue mit dem Messer einen Schnit in den Flus, und mache ihn dadurch sinken. Es kan auch seyn, daß man ehemals diese Ce- remonie beobachtet hat; jezt aber geht hier, außer der ansehnlichen Wasserprocession, nichts denkwürdiges vor.
Den 5ten Jul. hatten wir wegen widrigen Wetters eine sehr langsame Farth, aber ich bekam dadurch Gelegenheit oft ans Land zu gehen, und mich mit Aufzeichnung der daselbst befindlichen Kräuter zu belustigen.
Den 6ten Jul., da wir die ganze Nacht wegen verhinderter Farth sehr wenig fort- kamen, waren wir erst des Morgens früh vor Bankok. Die alte, auf einer Jnsel gele- gene Festung fanden wir im guten Stande; aber die neue von den Franzosen am östlichen Ufer angelegte Schanze war ganz demolirt. Noch vor Abends erreichten wir das am Flus- se eine Meile von der See liegende holländische Wohn- und Pakhaus Amsterdam genant. Es ist nach Landesart auf Pfählen von Bambus erbauet. Die angekauften Hirsch- und Büffelfelle werden auf dem Speicher, das rothe Färbeholz Faang, oder wie man es in Japan nent, Tsjan pan, auf offenem Platze aufbewahrt, bis die Schiffe diese Waaren abholen, und den grösten Theil jährlich nach Japan bringen. Man holt das Färbeholz aus dem Lande Coy oder Kui, welches auch dem König von Siam gehört, bisweilen auch von Bambilisoi am kambodischen Ufer. Der Commandant dieses Orts, Core, war ein Corporal und ein geborner Schwede. Jch fand ihn sehr betrübt über den Tod sei- ner verlornen Katze Suri, welche er in dem Bauche einer getödteten Schlange wiederge- funden hatte. Er klagte auch, daß ihm eben dieser Feind sehr viel Schaden unter seinen Hühnern gethan habe, da er sich immer in den Winkeln des Hauses verstekt habe. Jch mus bei dieser Gelegenheit noch eines andern Räubers gedenken, welcher sich bei meinem Aufenthalt des Nachts unter diesem Hause eingefunden hatte, in welchem sieben von un- serer Geselschaft schliefen. Es war ein Tiger, welcher den Zipfel einer Weste erwischte, der durch die Ritze des von gespaltenem Bambus gemachten Estrichs abhieng, und ihn ziemlich behende an sich zog. Der Schreiber, dem die Weste gehörte, vermuthete einen Dieb, rief die Schlafenden zu Hülfe, und suchte seinen Zipfel wieder loszureißen. Der Tiger wolte aber seine Beute nicht fahren lassen; und so hielt und zog einer gegen den andern, bis Core, der solcher Diebe schon gewohnt war, durch einen Schus den Tiger in die Flucht brachte.
Beschreibung des siamischen Hauptflusses Menam.
Menam oder Meinam heist in siamischer Sprache eine Mutter der Feuchtigkei- ten, und hat dieser Strom seinen Namen von dem Ueberflus seines Wassers, welches dem ganzen Lande Nahrung giebt. Er ist sehr tief, schnelfließend, breiter als die Elbe, auch
der
Drit. Kap. Abreiſe des Verfaſſers von Judja.
ſchneidung, aus der irrigen Meinung, der Koͤnig thue mit dem Meſſer einen Schnit in den Flus, und mache ihn dadurch ſinken. Es kan auch ſeyn, daß man ehemals dieſe Ce- remonie beobachtet hat; jezt aber geht hier, außer der anſehnlichen Waſſerproceſſion, nichts denkwuͤrdiges vor.
Den 5ten Jul. hatten wir wegen widrigen Wetters eine ſehr langſame Farth, aber ich bekam dadurch Gelegenheit oft ans Land zu gehen, und mich mit Aufzeichnung der daſelbſt befindlichen Kraͤuter zu beluſtigen.
Den 6ten Jul., da wir die ganze Nacht wegen verhinderter Farth ſehr wenig fort- kamen, waren wir erſt des Morgens fruͤh vor Bankok. Die alte, auf einer Jnſel gele- gene Feſtung fanden wir im guten Stande; aber die neue von den Franzoſen am oͤſtlichen Ufer angelegte Schanze war ganz demolirt. Noch vor Abends erreichten wir das am Fluſ- ſe eine Meile von der See liegende hollaͤndiſche Wohn- und Pakhaus Amſterdam genant. Es iſt nach Landesart auf Pfaͤhlen von Bambus erbauet. Die angekauften Hirſch- und Buͤffelfelle werden auf dem Speicher, das rothe Faͤrbeholz Faang, oder wie man es in Japan nent, Tſjan pan, auf offenem Platze aufbewahrt, bis die Schiffe dieſe Waaren abholen, und den groͤſten Theil jaͤhrlich nach Japan bringen. Man holt das Faͤrbeholz aus dem Lande Coy oder Kui, welches auch dem Koͤnig von Siam gehoͤrt, bisweilen auch von Bambiliſoi am kambodiſchen Ufer. Der Commandant dieſes Orts, Core, war ein Corporal und ein geborner Schwede. Jch fand ihn ſehr betruͤbt uͤber den Tod ſei- ner verlornen Katze Suri, welche er in dem Bauche einer getoͤdteten Schlange wiederge- funden hatte. Er klagte auch, daß ihm eben dieſer Feind ſehr viel Schaden unter ſeinen Huͤhnern gethan habe, da er ſich immer in den Winkeln des Hauſes verſtekt habe. Jch mus bei dieſer Gelegenheit noch eines andern Raͤubers gedenken, welcher ſich bei meinem Aufenthalt des Nachts unter dieſem Hauſe eingefunden hatte, in welchem ſieben von un- ſerer Geſelſchaft ſchliefen. Es war ein Tiger, welcher den Zipfel einer Weſte erwiſchte, der durch die Ritze des von geſpaltenem Bambus gemachten Eſtrichs abhieng, und ihn ziemlich behende an ſich zog. Der Schreiber, dem die Weſte gehoͤrte, vermuthete einen Dieb, rief die Schlafenden zu Huͤlfe, und ſuchte ſeinen Zipfel wieder loszureißen. Der Tiger wolte aber ſeine Beute nicht fahren laſſen; und ſo hielt und zog einer gegen den andern, bis Core, der ſolcher Diebe ſchon gewohnt war, durch einen Schus den Tiger in die Flucht brachte.
Beſchreibung des ſiamiſchen Hauptfluſſes Menam.
Menam oder Meinam heiſt in ſiamiſcher Sprache eine Mutter der Feuchtigkei- ten, und hat dieſer Strom ſeinen Namen von dem Ueberflus ſeines Waſſers, welches dem ganzen Lande Nahrung giebt. Er iſt ſehr tief, ſchnelfließend, breiter als die Elbe, auch
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den Flus, und mache ihn dadurch ſinken. Es kan auch ſeyn, daß man ehemals dieſe Ce-
remonie beobachtet hat; jezt aber geht hier, außer der anſehnlichen Waſſerproceſſion,
nichts denkwuͤrdiges vor.
Den 5ten Jul. hatten wir wegen widrigen Wetters eine ſehr langſame Farth,
aber ich bekam dadurch Gelegenheit oft ans Land zu gehen, und mich mit Aufzeichnung
der daſelbſt befindlichen Kraͤuter zu beluſtigen.
Den 6ten Jul., da wir die ganze Nacht wegen verhinderter Farth ſehr wenig fort-
kamen, waren wir erſt des Morgens fruͤh vor Bankok. Die alte, auf einer Jnſel gele-
gene Feſtung fanden wir im guten Stande; aber die neue von den Franzoſen am oͤſtlichen
Ufer angelegte Schanze war ganz demolirt. Noch vor Abends erreichten wir das am Fluſ-
ſe eine Meile von der See liegende hollaͤndiſche Wohn- und Pakhaus Amſterdam genant.
Es iſt nach Landesart auf Pfaͤhlen von Bambus erbauet. Die angekauften Hirſch- und
Buͤffelfelle werden auf dem Speicher, das rothe Faͤrbeholz Faang, oder wie man es in
Japan nent, Tſjan pan, auf offenem Platze aufbewahrt, bis die Schiffe dieſe Waaren
abholen, und den groͤſten Theil jaͤhrlich nach Japan bringen. Man holt das Faͤrbeholz
aus dem Lande Coy oder Kui, welches auch dem Koͤnig von Siam gehoͤrt, bisweilen
auch von Bambiliſoi am kambodiſchen Ufer. Der Commandant dieſes Orts, Core,
war ein Corporal und ein geborner Schwede. Jch fand ihn ſehr betruͤbt uͤber den Tod ſei-
ner verlornen Katze Suri, welche er in dem Bauche einer getoͤdteten Schlange wiederge-
funden hatte. Er klagte auch, daß ihm eben dieſer Feind ſehr viel Schaden unter ſeinen
Huͤhnern gethan habe, da er ſich immer in den Winkeln des Hauſes verſtekt habe. Jch
mus bei dieſer Gelegenheit noch eines andern Raͤubers gedenken, welcher ſich bei meinem
Aufenthalt des Nachts unter dieſem Hauſe eingefunden hatte, in welchem ſieben von un-
ſerer Geſelſchaft ſchliefen. Es war ein Tiger, welcher den Zipfel einer Weſte erwiſchte,
der durch die Ritze des von geſpaltenem Bambus gemachten Eſtrichs abhieng, und ihn
ziemlich behende an ſich zog. Der Schreiber, dem die Weſte gehoͤrte, vermuthete einen
Dieb, rief die Schlafenden zu Huͤlfe, und ſuchte ſeinen Zipfel wieder loszureißen. Der
Tiger wolte aber ſeine Beute nicht fahren laſſen; und ſo hielt und zog einer gegen den
andern, bis Core, der ſolcher Diebe ſchon gewohnt war, durch einen Schus den Tiger
in die Flucht brachte.
Beſchreibung des ſiamiſchen Hauptfluſſes Menam.
Menam oder Meinam heiſt in ſiamiſcher Sprache eine Mutter der Feuchtigkei-
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ganzen Lande Nahrung giebt. Er iſt ſehr tief, ſchnelfließend, breiter als die Elbe, auch
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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan01_1777/141>, abgerufen am 04.03.2025.
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