Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 3, Bd. 1. Leipzig, 1865.A. Der Proceß. Vertheidigung. Formelzwang. §. 52. einstimmung zwischen den Formeln der freiwilligen und streitigenGerichtsbarkeit (B. 2 S. 647), bei der nothwendigen Deckung, die auch rücksichtlich der Bezeichnung des Umfangs des Rechts bei Gelegenheit der Bestellung und der Geltendmachung des Rechts Statt finden mußte, würde schon von vornherein die größte Wahrscheinlichkeit dafür sprechen, daß die Formel der in jure cessio deducto usufructu sich bei der reivindicatio wiederholt habe. Diese Wahrscheinlichkeit wird fast zur Gewißheit, wenn man einerseits das unläugbare praktische Bedürfniß einer solchen Klag- formel und andererseits die von Gajus bezeugten beiden Fälle einer persönlichen Klage mit ähnlichem Vorbehalt in Anschlag bringt. 90) Ob sich mit der Zeit nicht noch andere Fälle einer solchen 2. Substitution der Klagformel. Schon bei der so eben betrachteten Form findet, wie wir ge- 90) Man wende mir nicht die exceptio rei ususfructus nomine tra- ditae (L. 7 pr. usufr. quemadm. 7. 9) ein, denn diese exc. läßt sich ähn- lich wie die exc. rei venditae et traditae auf den Fall beziehen, daß das intendirte Recht nicht wirklich bestellt, sondern die Sache nur zu dem Zweck übergeben war (daher "traditae"), kurz auf den ususfructus traditus, der "ipso jure" nicht als bestehend galt. 91) Gehört nicht L. 2 de R. V. (6. 1) hierher: at "detracto alieno" nihilominus gregem vindicaturus sit? Der Zusatz: in restitutionem non veniunt aliena capita scheint ebenfalls dafür zu sprechen. Jhering, Geist d. röm. Rechts. III. 6
A. Der Proceß. Vertheidigung. Formelzwang. §. 52. einſtimmung zwiſchen den Formeln der freiwilligen und ſtreitigenGerichtsbarkeit (B. 2 S. 647), bei der nothwendigen Deckung, die auch rückſichtlich der Bezeichnung des Umfangs des Rechts bei Gelegenheit der Beſtellung und der Geltendmachung des Rechts Statt finden mußte, würde ſchon von vornherein die größte Wahrſcheinlichkeit dafür ſprechen, daß die Formel der in jure cessio deducto usufructu ſich bei der reivindicatio wiederholt habe. Dieſe Wahrſcheinlichkeit wird faſt zur Gewißheit, wenn man einerſeits das unläugbare praktiſche Bedürfniß einer ſolchen Klag- formel und andererſeits die von Gajus bezeugten beiden Fälle einer perſönlichen Klage mit ähnlichem Vorbehalt in Anſchlag bringt. 90) Ob ſich mit der Zeit nicht noch andere Fälle einer ſolchen 2. Subſtitution der Klagformel. Schon bei der ſo eben betrachteten Form findet, wie wir ge- 90) Man wende mir nicht die exceptio rei ususfructus nomine tra- ditae (L. 7 pr. usufr. quemadm. 7. 9) ein, denn dieſe exc. läßt ſich ähn- lich wie die exc. rei venditae et traditae auf den Fall beziehen, daß das intendirte Recht nicht wirklich beſtellt, ſondern die Sache nur zu dem Zweck übergeben war (daher „traditae“), kurz auf den ususfructus traditus, der „ipso jure“ nicht als beſtehend galt. 91) Gehört nicht L. 2 de R. V. (6. 1) hierher: at „detracto alieno“ nihilominus gregem vindicaturus sit? Der Zuſatz: in restitutionem non veniunt aliena capita ſcheint ebenfalls dafür zu ſprechen. Jhering, Geiſt d. röm. Rechts. III. 6
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A. Der Proceß. Vertheidigung. Formelzwang. §. 52.
einſtimmung zwiſchen den Formeln der freiwilligen und ſtreitigen
Gerichtsbarkeit (B. 2 S. 647), bei der nothwendigen Deckung,
die auch rückſichtlich der Bezeichnung des Umfangs des Rechts
bei Gelegenheit der Beſtellung und der Geltendmachung
des Rechts Statt finden mußte, würde ſchon von vornherein die
größte Wahrſcheinlichkeit dafür ſprechen, daß die Formel der in
jure cessio deducto usufructu ſich bei der reivindicatio wiederholt
habe. Dieſe Wahrſcheinlichkeit wird faſt zur Gewißheit, wenn man
einerſeits das unläugbare praktiſche Bedürfniß einer ſolchen Klag-
formel und andererſeits die von Gajus bezeugten beiden Fälle
einer perſönlichen Klage mit ähnlichem Vorbehalt in Anſchlag
bringt. 90)
Ob ſich mit der Zeit nicht noch andere Fälle einer ſolchen
Klage mit deductio werden entdecken laſſen, darüber wäre es
voreilig jetzt ſchon abzuſprechen; 91) uns kann es genügen, daß
wir dieſe Klage als eine beſtimmte Klagſpecies erkannt haben.
2. Subſtitution der Klagformel.
Schon bei der ſo eben betrachteten Form findet, wie wir ge-
ſehen (S. 79 Note 86), ein Zwang gegen den Kläger Statt; er
wird gezwungen den Vorbehalt zu Gunſten des Beklagten in die
Klage aufzunehmen. Dieſer Zwang kehrt in verſtärktem Maße
bei unſerer gegenwärtigen Form wieder, er richtet ſich aber nicht
dahin, daß der Kläger ſich eine einzelne Modification der Formel
gefallen laſſe, ſondern daß er die von ihm beabſichtigte Klagfor-
90) Man wende mir nicht die exceptio rei ususfructus nomine tra-
ditae (L. 7 pr. usufr. quemadm. 7. 9) ein, denn dieſe exc. läßt ſich ähn-
lich wie die exc. rei venditae et traditae auf den Fall beziehen, daß das
intendirte Recht nicht wirklich beſtellt, ſondern die Sache nur zu dem Zweck
übergeben war (daher „traditae“), kurz auf den ususfructus traditus,
der „ipso jure“ nicht als beſtehend galt.
91) Gehört nicht L. 2 de R. V. (6. 1) hierher: at „detracto alieno“
nihilominus gregem vindicaturus sit? Der Zuſatz: in restitutionem
non veniunt aliena capita ſcheint ebenfalls dafür zu ſprechen.
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