Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 3, Bd. 1. Leipzig, 1865.Zweites Buch. Erster Abschn. III. Die Technik. A. Die Analytik. römische Recht erfordert die bona fides nur im Moment desBeginns derselben (in initio), das kanonische während der gan- zen Dauer (continua), der Einfluß der Besitzunterbrechung er- schöpft sich nach römischem Recht in und mit dem Moment, d. h. es ist gleichgültig, ob sie sofort wieder aufgehoben wird oder fortdauert, neuere Rechte knüpfen den nachtheiligen Einfluß die- ses Usucapionshindernisses an seine Dauer (B. 2 Note 592). 3. Simultaneität der Wirkungen. Wenn der Thatbestand des Rechtsgeschäfts vorliegt, so exi- So das römische Recht; wenigstens glaube ich im Geiste des- Zweites Buch. Erſter Abſchn. III. Die Technik. A. Die Analytik. römiſche Recht erfordert die bona fides nur im Moment desBeginns derſelben (in initio), das kanoniſche während der gan- zen Dauer (continua), der Einfluß der Beſitzunterbrechung er- ſchöpft ſich nach römiſchem Recht in und mit dem Moment, d. h. es iſt gleichgültig, ob ſie ſofort wieder aufgehoben wird oder fortdauert, neuere Rechte knüpfen den nachtheiligen Einfluß die- ſes Uſucapionshinderniſſes an ſeine Dauer (B. 2 Note 592). 3. Simultaneität der Wirkungen. Wenn der Thatbeſtand des Rechtsgeſchäfts vorliegt, ſo exi- So das römiſche Recht; wenigſtens glaube ich im Geiſte des- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <div n="8"> <div n="9"> <p><pb facs="#f0180" n="164"/><fw place="top" type="header">Zweites Buch. Erſter Abſchn. <hi rendition="#aq">III.</hi> Die Technik. <hi rendition="#aq">A.</hi> Die Analytik.</fw><lb/> römiſche Recht erfordert die <hi rendition="#aq">bona fides</hi> nur im <hi rendition="#g">Moment</hi> des<lb/> Beginns derſelben (<hi rendition="#aq">in initio</hi>), das kanoniſche während der gan-<lb/> zen <hi rendition="#g">Dauer</hi> (<hi rendition="#aq">continua</hi>), der Einfluß der Beſitzunterbrechung er-<lb/> ſchöpft ſich nach römiſchem Recht in und mit dem Moment, d. h.<lb/> es iſt gleichgültig, ob ſie ſofort wieder aufgehoben wird oder<lb/> fortdauert, neuere Rechte knüpfen den nachtheiligen Einfluß die-<lb/> ſes Uſucapionshinderniſſes an ſeine <hi rendition="#g">Dauer</hi> (B. 2 Note 592).</p> </div><lb/> <div n="9"> <head>3. <hi rendition="#g">Simultaneität der Wirkungen</hi>.</head><lb/> <p>Wenn der Thatbeſtand des Rechtsgeſchäfts vorliegt, ſo <hi rendition="#g">exi-<lb/> ſtirt</hi> es, und daß es exiſtirt, äußert es dadurch, daß es <hi rendition="#g">wirkt</hi><lb/> — ein Aufſchub der Exiſtenz oder der Wirkungen des Rechtsge-<lb/> ſchäfts enthält demgemäß eine logiſche Unmöglichkeit. Freilich<lb/> auf die <hi rendition="#g">Ausübung</hi> des erlangten Rechts kann der Berechtigte<lb/> vorerſt noch verzichten, er kann die <hi rendition="#g">Sache</hi>, von der er durch<lb/> Mancipation oder Tradition das <hi rendition="#g">Eigenthum</hi> erlangt hat,<lb/> vorläufig im <hi rendition="#g">Beſitz</hi> des Gebers laſſen, allein daß ungeachtet<lb/> der Vornahme jener Akte das Eigenthum ſelbſt nicht auf ihn<lb/> übergehen ſoll, das kann kein Vertrag feſtſetzen, denn das würde<lb/> den Willen mit ſich ſelber in Widerſpruch ſetzen. Wo dieſer Er-<lb/> folg dennoch beabſichtigt iſt, d. h. wo bis zu einem beſtimmten<lb/> Zeitpunkt der Eine, und von da an der Andere das Eigenthum<lb/> haben ſoll, müſſen die Partheien die Form der Obligation wäh-<lb/> len — eine Eigenthumsbeſtellung <hi rendition="#aq">ex die,</hi> ein der Zeit nach im<lb/> voraus hinter einander geſchichtetes Eigenthum mehrerer Perſo-<lb/> nen iſt eine Unmöglichkeit.</p><lb/> <p>So das römiſche Recht; wenigſtens glaube ich im Geiſte des-<lb/> ſelben die Sache ſo auffaſſen zu dürfen. Ob ſich nicht dennoch<lb/> eine andere Auffaſſungsweiſe <hi rendition="#g">denken</hi> ließe, darüber brauche ich<lb/> nach meiner obigen Ausführung (S. 59) über die abſtracte<lb/> Denkbarkeit einer Anticipation dinglicher Rechtsgeſchäfte mich<lb/> nicht weiter zu äußern. Daß aber der Eigenthumsbegriff durch<lb/> dieſe Zerſtückelung und Zertheilung in ſeinem innerſten Grunde<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [164/0180]
Zweites Buch. Erſter Abſchn. III. Die Technik. A. Die Analytik.
römiſche Recht erfordert die bona fides nur im Moment des
Beginns derſelben (in initio), das kanoniſche während der gan-
zen Dauer (continua), der Einfluß der Beſitzunterbrechung er-
ſchöpft ſich nach römiſchem Recht in und mit dem Moment, d. h.
es iſt gleichgültig, ob ſie ſofort wieder aufgehoben wird oder
fortdauert, neuere Rechte knüpfen den nachtheiligen Einfluß die-
ſes Uſucapionshinderniſſes an ſeine Dauer (B. 2 Note 592).
3. Simultaneität der Wirkungen.
Wenn der Thatbeſtand des Rechtsgeſchäfts vorliegt, ſo exi-
ſtirt es, und daß es exiſtirt, äußert es dadurch, daß es wirkt
— ein Aufſchub der Exiſtenz oder der Wirkungen des Rechtsge-
ſchäfts enthält demgemäß eine logiſche Unmöglichkeit. Freilich
auf die Ausübung des erlangten Rechts kann der Berechtigte
vorerſt noch verzichten, er kann die Sache, von der er durch
Mancipation oder Tradition das Eigenthum erlangt hat,
vorläufig im Beſitz des Gebers laſſen, allein daß ungeachtet
der Vornahme jener Akte das Eigenthum ſelbſt nicht auf ihn
übergehen ſoll, das kann kein Vertrag feſtſetzen, denn das würde
den Willen mit ſich ſelber in Widerſpruch ſetzen. Wo dieſer Er-
folg dennoch beabſichtigt iſt, d. h. wo bis zu einem beſtimmten
Zeitpunkt der Eine, und von da an der Andere das Eigenthum
haben ſoll, müſſen die Partheien die Form der Obligation wäh-
len — eine Eigenthumsbeſtellung ex die, ein der Zeit nach im
voraus hinter einander geſchichtetes Eigenthum mehrerer Perſo-
nen iſt eine Unmöglichkeit.
So das römiſche Recht; wenigſtens glaube ich im Geiſte des-
ſelben die Sache ſo auffaſſen zu dürfen. Ob ſich nicht dennoch
eine andere Auffaſſungsweiſe denken ließe, darüber brauche ich
nach meiner obigen Ausführung (S. 59) über die abſtracte
Denkbarkeit einer Anticipation dinglicher Rechtsgeſchäfte mich
nicht weiter zu äußern. Daß aber der Eigenthumsbegriff durch
dieſe Zerſtückelung und Zertheilung in ſeinem innerſten Grunde
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |