Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741.

Bild:
<< vorherige Seite




§. 37.

Nachdem wir also unserer MeinungErste
würckli-
che Ab-
sicht Got-
tes bey
der
Gnug-
thuung
JEsu
aus der
Offen-
bahrung
bewiesen.

nach gnugsam dargethan, daß die Ver-
nunft nicht im Stande ist von einem so
grossen und weitläuftigen Wercke, als
eine Genugthuung für aller Welt Sün-
de nothwendig seyn muß, zu urtheilen
und einzusehen, ob selbige den Vollkom-
menheiten GOttes gemäß sey oder nicht,
wir auch einige mögliche Absichten ange-
geben, die einem unendlichen Wesen anstän-



dig
die keiner Erhaltung und Regierung
GOttes bedürffe. Es ist nicht genug,
daß man spricht: Wenn GOTT eine
Welt gemacht, die ohne sein Erhalten
und Regieren nicht bestehen könte, so
würde er nicht anders als ein Uhrma-
cher anzusehen seyn, der eine Uhr verfer-
tigte, die man beständig in der Hand
halten und ihre Räder umdrehen müste,
wenn sie die Zeit zeigen solte. Man muß,
wenn dieses Gleichniß soll statt finden,
vorher beweisen, erstlich, daß überhaupt
eine Welt, die ohne Erhaltung und Re-
gierung des Schöpfers bestehet, mög-
lich: Zweytens, daß die beste Welt oh-
ne diese Würckungen GOttes fortdau-
ren könne. Gesetzt, es ist dieses an und
vor sich unmöglich, solte es alsdenn auch
wol mit den Vollkommenheiten GOttes
streiten, eine Welt zu machen, die seine
Hand
B b 4




§. 37.

Nachdem wir alſo unſerer MeinungErſte
wuͤrckli-
che Ab-
ſicht Got-
tes bey
der
Gnug-
thuung
JEſu
aus der
Offen-
bahrung
bewieſen.

nach gnugſam dargethan, daß die Ver-
nunft nicht im Stande iſt von einem ſo
groſſen und weitlaͤuftigen Wercke, als
eine Genugthuung fuͤr aller Welt Suͤn-
de nothwendig ſeyn muß, zu urtheilen
und einzuſehen, ob ſelbige den Vollkom-
menheiten GOttes gemaͤß ſey oder nicht,
wir auch einige moͤgliche Abſichten ange-
geben, die einem unendlichẽ Weſen anſtaͤn-



dig
die keiner Erhaltung und Regierung
GOttes beduͤrffe. Es iſt nicht genug,
daß man ſpricht: Wenn GOTT eine
Welt gemacht, die ohne ſein Erhalten
und Regieren nicht beſtehen koͤnte, ſo
wuͤrde er nicht anders als ein Uhrma-
cher anzuſehen ſeyn, der eine Uhr verfer-
tigte, die man beſtaͤndig in der Hand
halten und ihre Raͤder umdrehen muͤſte,
wenn ſie die Zeit zeigen ſolte. Man muß,
wenn dieſes Gleichniß ſoll ſtatt finden,
vorher beweiſen, erſtlich, daß uͤberhaupt
eine Welt, die ohne Erhaltung und Re-
gierung des Schoͤpfers beſtehet, moͤg-
lich: Zweytens, daß die beſte Welt oh-
ne dieſe Wuͤrckungen GOttes fortdau-
ren koͤnne. Geſetzt, es iſt dieſes an und
vor ſich unmoͤglich, ſolte es alsdenn auch
wol mit den Vollkommenheiten GOttes
ſtreiten, eine Welt zu machen, die ſeine
Hand
B b 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0423" n="391[387]"/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 37.</head><lb/>
            <p>Nachdem wir al&#x017F;o un&#x017F;erer Meinung<note place="right">Er&#x017F;te<lb/>
wu&#x0364;rckli-<lb/>
che Ab-<lb/>
&#x017F;icht Got-<lb/>
tes bey<lb/>
der<lb/>
Gnug-<lb/>
thuung<lb/>
JE&#x017F;u<lb/>
aus der<lb/>
Offen-<lb/>
bahrung<lb/>
bewie&#x017F;en.</note><lb/>
nach gnug&#x017F;am dargethan, daß die Ver-<lb/>
nunft nicht im Stande i&#x017F;t von einem &#x017F;o<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;en und weitla&#x0364;uftigen Wercke, als<lb/>
eine Genugthuung fu&#x0364;r aller Welt Su&#x0364;n-<lb/>
de nothwendig &#x017F;eyn muß, zu urtheilen<lb/>
und einzu&#x017F;ehen, ob &#x017F;elbige den Vollkom-<lb/>
menheiten GOttes gema&#x0364;ß &#x017F;ey oder nicht,<lb/>
wir auch einige mo&#x0364;gliche Ab&#x017F;ichten ange-<lb/>
geben, die einem unendliche&#x0303; We&#x017F;en an&#x017F;ta&#x0364;n-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">B b 4</fw><fw place="bottom" type="catch">dig</fw><lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/><note next="#a48" xml:id="a47" prev="#a46" place="foot" n="(*)">die keiner Erhaltung und Regierung<lb/>
GOttes bedu&#x0364;rffe. Es i&#x017F;t nicht genug,<lb/>
daß man &#x017F;pricht: Wenn GOTT eine<lb/>
Welt gemacht, die ohne &#x017F;ein Erhalten<lb/>
und Regieren nicht be&#x017F;tehen ko&#x0364;nte, &#x017F;o<lb/>
wu&#x0364;rde er nicht anders als ein Uhrma-<lb/>
cher anzu&#x017F;ehen &#x017F;eyn, der eine Uhr verfer-<lb/>
tigte, die man be&#x017F;ta&#x0364;ndig in der Hand<lb/>
halten und ihre Ra&#x0364;der umdrehen mu&#x0364;&#x017F;te,<lb/>
wenn &#x017F;ie die Zeit zeigen &#x017F;olte. Man muß,<lb/>
wenn die&#x017F;es Gleichniß &#x017F;oll &#x017F;tatt finden,<lb/>
vorher bewei&#x017F;en, er&#x017F;tlich, daß u&#x0364;berhaupt<lb/>
eine Welt, die ohne Erhaltung und Re-<lb/>
gierung des Scho&#x0364;pfers be&#x017F;tehet, mo&#x0364;g-<lb/>
lich: Zweytens, daß die be&#x017F;te Welt oh-<lb/>
ne die&#x017F;e Wu&#x0364;rckungen GOttes fortdau-<lb/>
ren ko&#x0364;nne. Ge&#x017F;etzt, es i&#x017F;t die&#x017F;es an und<lb/>
vor &#x017F;ich unmo&#x0364;glich, &#x017F;olte es alsdenn auch<lb/>
wol mit den Vollkommenheiten GOttes<lb/>
&#x017F;treiten, eine Welt zu machen, die &#x017F;eine<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Hand</fw></note><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[391[387]/0423] §. 37. Nachdem wir alſo unſerer Meinung nach gnugſam dargethan, daß die Ver- nunft nicht im Stande iſt von einem ſo groſſen und weitlaͤuftigen Wercke, als eine Genugthuung fuͤr aller Welt Suͤn- de nothwendig ſeyn muß, zu urtheilen und einzuſehen, ob ſelbige den Vollkom- menheiten GOttes gemaͤß ſey oder nicht, wir auch einige moͤgliche Abſichten ange- geben, die einem unendlichẽ Weſen anſtaͤn- dig (*) Erſte wuͤrckli- che Ab- ſicht Got- tes bey der Gnug- thuung JEſu aus der Offen- bahrung bewieſen. (*) die keiner Erhaltung und Regierung GOttes beduͤrffe. Es iſt nicht genug, daß man ſpricht: Wenn GOTT eine Welt gemacht, die ohne ſein Erhalten und Regieren nicht beſtehen koͤnte, ſo wuͤrde er nicht anders als ein Uhrma- cher anzuſehen ſeyn, der eine Uhr verfer- tigte, die man beſtaͤndig in der Hand halten und ihre Raͤder umdrehen muͤſte, wenn ſie die Zeit zeigen ſolte. Man muß, wenn dieſes Gleichniß ſoll ſtatt finden, vorher beweiſen, erſtlich, daß uͤberhaupt eine Welt, die ohne Erhaltung und Re- gierung des Schoͤpfers beſtehet, moͤg- lich: Zweytens, daß die beſte Welt oh- ne dieſe Wuͤrckungen GOttes fortdau- ren koͤnne. Geſetzt, es iſt dieſes an und vor ſich unmoͤglich, ſolte es alsdenn auch wol mit den Vollkommenheiten GOttes ſtreiten, eine Welt zu machen, die ſeine Hand B b 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/423
Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 391[387]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/423>, abgerufen am 20.11.2024.