stern nicht eine höhere Kraft vernünftig zu dencken gegeben, der sagt nichts anders, als warum hat GOtt die Geister von der nie- dern Art nicht in dem Nichts gelassen und deren Platz Geistern von einer höhern Ord- nung angewiesen? welches eben die zweyte Frage ist, die wir beantworten müssen.
§. 18.
Zweifel dargegen.
Ehe ich auf diese zweyte Frage meine Antwort gebe, muß ich einem Zweifel zu- vor kommen, welcher vielleicht verschiede- nen entstehen möchte, wenn ich behaupte: es hätte die Kraft der gefallenen Geister bey der Schöpfung nicht ohne eine völlige Verwandelung ihrer Substantzen derge- stalt können erhöhet werden, daß sie vor allem Jrrthum und Sünde wären voll- kommen sicher gewesen. Vielleicht denckt jemand: die Kraft vernünftig zu dencken, welche ihnen der Schöpfer bey ihrem ersten Anfang gegeben, wäre schon darzu hinlänglich gewesen, wenn er sie nur gleich anfänglich in andere äuserliche Um- stände gesetzet hätte. Die guten Engel sind die Substantzen geblieben, die sie vom Anfange gewesen, die Seelen der seeligen Menschen werden gleichfals in keine ande- re Substantzen verwandelt. Beide sind indessen sicher für allem verführenden Jrr- thum, und kein Gedancke entstehet in ih- nen, welcher eine böse Lust zeugete. Hät-
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ſtern nicht eine hoͤhere Kraft vernuͤnftig zu dencken gegeben, der ſagt nichts anders, als warum hat GOtt die Geiſter von der nie- dern Art nicht in dem Nichts gelaſſen und deren Platz Geiſtern von einer hoͤhern Ord- nung angewieſen? welches eben die zweyte Frage iſt, die wir beantworten muͤſſen.
§. 18.
Zweifel dargegen.
Ehe ich auf dieſe zweyte Frage meine Antwort gebe, muß ich einem Zweifel zu- vor kommen, welcher vielleicht verſchiede- nen entſtehen moͤchte, wenn ich behaupte: es haͤtte die Kraft der gefallenen Geiſter bey der Schoͤpfung nicht ohne eine voͤllige Verwandelung ihrer Subſtantzen derge- ſtalt koͤnnen erhoͤhet werden, daß ſie vor allem Jrrthum und Suͤnde waͤren voll- kommen ſicher geweſen. Vielleicht denckt jemand: die Kraft vernuͤnftig zu dencken, welche ihnen der Schoͤpfer bey ihrem erſten Anfang gegeben, waͤre ſchon darzu hinlaͤnglich geweſen, wenn er ſie nur gleich anfaͤnglich in andere aͤuſerliche Um- ſtaͤnde geſetzet haͤtte. Die guten Engel ſind die Subſtantzen geblieben, die ſie vom Anfange geweſen, die Seelen der ſeeligen Menſchen werden gleichfals in keine ande- re Subſtantzen verwandelt. Beide ſind indeſſen ſicher fuͤr allem verfuͤhrenden Jrr- thum, und kein Gedancke entſtehet in ih- nen, welcher eine boͤſe Luſt zeugete. Haͤt-
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[310[306]/0342]
ſtern nicht eine hoͤhere Kraft vernuͤnftig zu
dencken gegeben, der ſagt nichts anders, als
warum hat GOtt die Geiſter von der nie-
dern Art nicht in dem Nichts gelaſſen und
deren Platz Geiſtern von einer hoͤhern Ord-
nung angewieſen? welches eben die zweyte
Frage iſt, die wir beantworten muͤſſen.
§. 18.
Ehe ich auf dieſe zweyte Frage meine
Antwort gebe, muß ich einem Zweifel zu-
vor kommen, welcher vielleicht verſchiede-
nen entſtehen moͤchte, wenn ich behaupte:
es haͤtte die Kraft der gefallenen Geiſter
bey der Schoͤpfung nicht ohne eine voͤllige
Verwandelung ihrer Subſtantzen derge-
ſtalt koͤnnen erhoͤhet werden, daß ſie vor
allem Jrrthum und Suͤnde waͤren voll-
kommen ſicher geweſen. Vielleicht
denckt jemand: die Kraft vernuͤnftig zu
dencken, welche ihnen der Schoͤpfer bey
ihrem erſten Anfang gegeben, waͤre ſchon
darzu hinlaͤnglich geweſen, wenn er ſie nur
gleich anfaͤnglich in andere aͤuſerliche Um-
ſtaͤnde geſetzet haͤtte. Die guten Engel
ſind die Subſtantzen geblieben, die ſie vom
Anfange geweſen, die Seelen der ſeeligen
Menſchen werden gleichfals in keine ande-
re Subſtantzen verwandelt. Beide ſind
indeſſen ſicher fuͤr allem verfuͤhrenden Jrr-
thum, und kein Gedancke entſtehet in ih-
nen, welcher eine boͤſe Luſt zeugete. Haͤt-
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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 310[306]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/342>, abgerufen am 20.11.2024.
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