Sache nicht ein solches Leben und eine sol- che Kraft gegeben, daß sie die unseeligen Neigungen, welche unrichtige, undeutli- che und sinnliche Vorstellungen gezeuget, gleich in ihrer ersten Gebuhrt ersticket?
§. 13.
Ehe ich hierauf antworte, so ist nöthig,Erster Vorbe- reitungs- Satz: GOtt kan keine wider- sprechen- de Dinge machen. daß ich vorher einige Sätze aus den Wis- senschaften der Vernunft entlehne und hier anführe, damit aus denselben meine Ant- wort herleiten könne. Der erste ist die- ser: Die Allmacht GOttes kan die- jenigen Dinge nicht würcklich ma- chen, welche einen Widerspruch in sich enthalten. Z. E. Er kan kein tro- ckenes Naß, keine helle Finsterniß, keine kalte Hitze, kein Viereck, so nur drey Sei- ten hat, machen. Weil diese Schrift auch für solche verfertiget wird, welche nicht studiret haben, so darf ich diese Wahrheit aus den ersten und gewöhnli- chen Gründen nicht herleiten, weil ich sonst denen, die sich in der Metaphysick nicht umgesehen, unverständlich seyn würde. Jch will indessen einen andern Beweiß hersetzen, welcher auch Ungelehr- ten wird begreiflich seyn.
§. 14.
Ein vollkommener Wille, welchen ei-Beweiß desselben. ne unendliche Weisheit regieret, kan mit
sich
Sache nicht ein ſolches Leben und eine ſol- che Kraft gegeben, daß ſie die unſeeligen Neigungen, welche unrichtige, undeutli- che und ſinnliche Vorſtellungen gezeuget, gleich in ihrer erſten Gebuhrt erſticket?
§. 13.
Ehe ich hierauf antworte, ſo iſt noͤthig,Erſter Vorbe- reitungs- Satz: GOtt kan keine wider- ſprechen- de Dinge machen. daß ich vorher einige Saͤtze aus den Wiſ- ſenſchaften der Vernunft entlehne und hier anfuͤhre, damit aus denſelben meine Ant- wort herleiten koͤnne. Der erſte iſt die- ſer: Die Allmacht GOttes kan die- jenigen Dinge nicht wuͤrcklich ma- chen, welche einen Widerſpruch in ſich enthalten. Z. E. Er kan kein tro- ckenes Naß, keine helle Finſterniß, keine kalte Hitze, kein Viereck, ſo nur drey Sei- ten hat, machen. Weil dieſe Schrift auch fuͤr ſolche verfertiget wird, welche nicht ſtudiret haben, ſo darf ich dieſe Wahrheit aus den erſten und gewoͤhnli- chen Gruͤnden nicht herleiten, weil ich ſonſt denen, die ſich in der Metaphyſick nicht umgeſehen, unverſtaͤndlich ſeyn wuͤrde. Jch will indeſſen einen andern Beweiß herſetzen, welcher auch Ungelehr- ten wird begreiflich ſeyn.
§. 14.
Ein vollkommener Wille, welchen ei-Beweiß deſſelben. ne unendliche Weisheit regieret, kan mit
ſich
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0333"n="301[297]"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
Sache nicht ein ſolches Leben und eine ſol-<lb/>
che Kraft gegeben, daß ſie die unſeeligen<lb/>
Neigungen, welche unrichtige, undeutli-<lb/>
che und ſinnliche Vorſtellungen gezeuget,<lb/>
gleich in ihrer erſten Gebuhrt erſticket?</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 13.</head><lb/><p>Ehe ich hierauf antworte, ſo iſt noͤthig,<noteplace="right">Erſter<lb/>
Vorbe-<lb/>
reitungs-<lb/>
Satz:<lb/>
GOtt<lb/>
kan keine<lb/>
wider-<lb/>ſprechen-<lb/>
de Dinge<lb/>
machen.</note><lb/>
daß ich vorher einige Saͤtze aus den Wiſ-<lb/>ſenſchaften der Vernunft entlehne und hier<lb/>
anfuͤhre, damit aus denſelben meine Ant-<lb/>
wort herleiten koͤnne. Der erſte iſt die-<lb/>ſer: <hirendition="#fr">Die Allmacht GOttes kan die-<lb/>
jenigen Dinge nicht wuͤrcklich ma-<lb/>
chen, welche einen Widerſpruch in<lb/>ſich enthalten.</hi> Z. E. Er kan kein tro-<lb/>
ckenes Naß, keine helle Finſterniß, keine<lb/>
kalte Hitze, kein Viereck, ſo nur drey Sei-<lb/>
ten hat, machen. Weil dieſe Schrift<lb/>
auch fuͤr ſolche verfertiget wird, welche<lb/>
nicht ſtudiret haben, ſo darf ich dieſe<lb/>
Wahrheit aus den erſten und gewoͤhnli-<lb/>
chen Gruͤnden nicht herleiten, weil ich<lb/>ſonſt denen, die ſich in der Metaphyſick<lb/>
nicht umgeſehen, unverſtaͤndlich ſeyn<lb/>
wuͤrde. Jch will indeſſen einen andern<lb/>
Beweiß herſetzen, welcher auch Ungelehr-<lb/>
ten wird begreiflich ſeyn.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 14.</head><lb/><p>Ein vollkommener Wille, welchen ei-<noteplace="right">Beweiß<lb/>
deſſelben.</note><lb/>
ne unendliche Weisheit regieret, kan mit<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſich</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[301[297]/0333]
Sache nicht ein ſolches Leben und eine ſol-
che Kraft gegeben, daß ſie die unſeeligen
Neigungen, welche unrichtige, undeutli-
che und ſinnliche Vorſtellungen gezeuget,
gleich in ihrer erſten Gebuhrt erſticket?
§. 13.
Ehe ich hierauf antworte, ſo iſt noͤthig,
daß ich vorher einige Saͤtze aus den Wiſ-
ſenſchaften der Vernunft entlehne und hier
anfuͤhre, damit aus denſelben meine Ant-
wort herleiten koͤnne. Der erſte iſt die-
ſer: Die Allmacht GOttes kan die-
jenigen Dinge nicht wuͤrcklich ma-
chen, welche einen Widerſpruch in
ſich enthalten. Z. E. Er kan kein tro-
ckenes Naß, keine helle Finſterniß, keine
kalte Hitze, kein Viereck, ſo nur drey Sei-
ten hat, machen. Weil dieſe Schrift
auch fuͤr ſolche verfertiget wird, welche
nicht ſtudiret haben, ſo darf ich dieſe
Wahrheit aus den erſten und gewoͤhnli-
chen Gruͤnden nicht herleiten, weil ich
ſonſt denen, die ſich in der Metaphyſick
nicht umgeſehen, unverſtaͤndlich ſeyn
wuͤrde. Jch will indeſſen einen andern
Beweiß herſetzen, welcher auch Ungelehr-
ten wird begreiflich ſeyn.
Erſter
Vorbe-
reitungs-
Satz:
GOtt
kan keine
wider-
ſprechen-
de Dinge
machen.
§. 14.
Ein vollkommener Wille, welchen ei-
ne unendliche Weisheit regieret, kan mit
ſich
Beweiß
deſſelben.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 301[297]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/333>, abgerufen am 30.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.