ne vernünftigen Geschöpfe verschiedene bö- se Handlungen ausüben, und verstattet öfters den Ausbruch ihrer bösen Neigun- gen, weil bey gewaltsamer Verhinderung desselben sein Endzweck, nemlich das Vergnügen der Creatur, weniger erhalten würde, als bey einer weisen Zulassung.
§. 12.
Wieder- holung der zwey- ten Haupt- Frage.
Wenn denn also eine gewaltsame Ein- schränckung aller bösen Neigungen freyer Geschöpfe wider die Glückseeligkeit solcher Geister und also wider die göttliche Ab- sicht ist; so müssen wir ferner untersuchen, warum sich GOtt nicht eines andern Mittels bedienet, alle geschaffene Geister vor dem Fall und vor dem Uebel, so daher entspringet, zu bewahren? Warum hat er ihnen nicht einen so hohen Grad der Vernunft gegeben, vermöge welches sie alle Dinge hätten richtig beurtheilen kön- nen? Warum hat er sie nicht mit einer solchen bedächtlichen Aufmercksamkeit ge- zieret, welche niemals zugelassen, daß sie sich übereilet hätten? Warum hat er ihr Vermögen Dinge zu unterscheiden nicht so durchdringend gemacht, daß sie nie- mals das Böse für gut und das Gute für etwas Böses angesehen? Warum hat er den vernünftigen Urtheilen von der Voll- kommenheit und Unvollkommenheit einer
Sache
ne vernuͤnftigen Geſchoͤpfe verſchiedene boͤ- ſe Handlungen ausuͤben, und verſtattet oͤfters den Ausbruch ihrer boͤſen Neigun- gen, weil bey gewaltſamer Verhinderung deſſelben ſein Endzweck, nemlich das Vergnuͤgen der Creatur, weniger erhalten wuͤrde, als bey einer weiſen Zulaſſung.
§. 12.
Wieder- holung der zwey- ten Haupt- Frage.
Wenn denn alſo eine gewaltſame Ein- ſchraͤnckung aller boͤſen Neigungen freyer Geſchoͤpfe wider die Gluͤckſeeligkeit ſolcher Geiſter und alſo wider die goͤttliche Ab- ſicht iſt; ſo muͤſſen wir ferner unterſuchen, warum ſich GOtt nicht eines andern Mittels bedienet, alle geſchaffene Geiſter vor dem Fall und vor dem Uebel, ſo daher entſpringet, zu bewahren? Warum hat er ihnen nicht einen ſo hohen Grad der Vernunft gegeben, vermoͤge welches ſie alle Dinge haͤtten richtig beurtheilen koͤn- nen? Warum hat er ſie nicht mit einer ſolchen bedaͤchtlichen Aufmerckſamkeit ge- zieret, welche niemals zugelaſſen, daß ſie ſich uͤbereilet haͤtten? Warum hat er ihr Vermoͤgen Dinge zu unterſcheiden nicht ſo durchdringend gemacht, daß ſie nie- mals das Boͤſe fuͤr gut und das Gute fuͤr etwas Boͤſes angeſehen? Warum hat er den vernuͤnftigen Urtheilen von der Voll- kommenheit und Unvollkommenheit einer
Sache
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[300[296]/0332]
ne vernuͤnftigen Geſchoͤpfe verſchiedene boͤ-
ſe Handlungen ausuͤben, und verſtattet
oͤfters den Ausbruch ihrer boͤſen Neigun-
gen, weil bey gewaltſamer Verhinderung
deſſelben ſein Endzweck, nemlich das
Vergnuͤgen der Creatur, weniger erhalten
wuͤrde, als bey einer weiſen Zulaſſung.
§. 12.
Wenn denn alſo eine gewaltſame Ein-
ſchraͤnckung aller boͤſen Neigungen freyer
Geſchoͤpfe wider die Gluͤckſeeligkeit ſolcher
Geiſter und alſo wider die goͤttliche Ab-
ſicht iſt; ſo muͤſſen wir ferner unterſuchen,
warum ſich GOtt nicht eines andern
Mittels bedienet, alle geſchaffene Geiſter
vor dem Fall und vor dem Uebel, ſo daher
entſpringet, zu bewahren? Warum hat
er ihnen nicht einen ſo hohen Grad der
Vernunft gegeben, vermoͤge welches ſie
alle Dinge haͤtten richtig beurtheilen koͤn-
nen? Warum hat er ſie nicht mit einer
ſolchen bedaͤchtlichen Aufmerckſamkeit ge-
zieret, welche niemals zugelaſſen, daß ſie
ſich uͤbereilet haͤtten? Warum hat er ihr
Vermoͤgen Dinge zu unterſcheiden nicht
ſo durchdringend gemacht, daß ſie nie-
mals das Boͤſe fuͤr gut und das Gute fuͤr
etwas Boͤſes angeſehen? Warum hat er
den vernuͤnftigen Urtheilen von der Voll-
kommenheit und Unvollkommenheit einer
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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 300[296]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/332>, abgerufen am 24.11.2024.
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