Ich folgte dem Rath meiner Freunde und ließ mir in Mainz für mich und meine lieben Reise- gefährten ein paar Plätze in dem Postschiff nach Cölln zusichern. Es sollte angenehm, sicher, be- quem sein, es war wundersam ökonomisch, und es war mir als gehöre es mit zu der völlige Ent- fremdung meiner jetzigen Umgebungen, auch ein- mal eine völlig fremde Art zu reisen zu versuchen. Frau von Stael sagt in der Corinna einige sehr tief gefühlte Worte über die Empfindung beim Reisen: "Reisen ist, was man auch sagen mag, eines "der traurigsten Vergnügen des Lebens. Wenn "man sich in einer fremden Stadt wohl fühlt, "so ist es immer, weil man schon anfängt da "einheimisch zu werden. Aber unbekannte Län- "der durchstreifen, eine Sprache reden zu hö- "ren, die man nur nothdürftig versteht, mensch-
Dritter Abſchnitt.
Ende Jul. 1809.
Ich folgte dem Rath meiner Freunde und ließ mir in Mainz fuͤr mich und meine lieben Reiſe- gefaͤhrten ein paar Plaͤtze in dem Poſtſchiff nach Coͤlln zuſichern. Es ſollte angenehm, ſicher, be- quem ſein, es war wunderſam oͤkonomiſch, und es war mir als gehoͤre es mit zu der voͤllige Ent- fremdung meiner jetzigen Umgebungen, auch ein- mal eine voͤllig fremde Art zu reiſen zu verſuchen. Frau von Stael ſagt in der Corinna einige ſehr tief gefuͤhlte Worte uͤber die Empfindung beim Reiſen: „Reiſen iſt, was man auch ſagen mag, eines „der traurigſten Vergnuͤgen des Lebens. Wenn „man ſich in einer fremden Stadt wohl fuͤhlt, „ſo iſt es immer, weil man ſchon anfaͤngt da „einheimiſch zu werden. Aber unbekannte Laͤn- „der durchſtreifen, eine Sprache reden zu hoͤ- „ren, die man nur nothduͤrftig verſteht, menſch-
<TEI><text><body><pbfacs="#f0045"n="31"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="1"><head><hirendition="#b"><hirendition="#g">Dritter Abſchnitt</hi>.</hi></head><lb/><dateline><hirendition="#et">Ende Jul. 1809.</hi></dateline><lb/><p><hirendition="#in">I</hi>ch folgte dem Rath meiner Freunde und ließ<lb/>
mir in Mainz fuͤr mich und meine lieben Reiſe-<lb/>
gefaͤhrten ein paar Plaͤtze in dem Poſtſchiff nach<lb/>
Coͤlln zuſichern. Es ſollte angenehm, ſicher, be-<lb/>
quem ſein, es war wunderſam oͤkonomiſch, und<lb/>
es war mir als gehoͤre es mit zu der voͤllige Ent-<lb/>
fremdung meiner jetzigen Umgebungen, auch ein-<lb/>
mal eine voͤllig fremde Art zu reiſen zu verſuchen.<lb/>
Frau von Stael ſagt in der Corinna einige ſehr tief<lb/>
gefuͤhlte Worte uͤber die Empfindung beim Reiſen:<lb/><hirendition="#et">„Reiſen iſt, was man auch ſagen mag, eines<lb/>„der traurigſten Vergnuͤgen des Lebens. Wenn<lb/>„man ſich in einer fremden Stadt wohl fuͤhlt,<lb/>„ſo iſt es immer, weil man ſchon anfaͤngt da<lb/>„einheimiſch zu werden. Aber unbekannte Laͤn-<lb/>„der durchſtreifen, eine Sprache reden zu hoͤ-<lb/>„ren, die man nur nothduͤrftig verſteht, menſch-<lb/></hi></p></div></body></text></TEI>
[31/0045]
Dritter Abſchnitt.
Ende Jul. 1809.
Ich folgte dem Rath meiner Freunde und ließ
mir in Mainz fuͤr mich und meine lieben Reiſe-
gefaͤhrten ein paar Plaͤtze in dem Poſtſchiff nach
Coͤlln zuſichern. Es ſollte angenehm, ſicher, be-
quem ſein, es war wunderſam oͤkonomiſch, und
es war mir als gehoͤre es mit zu der voͤllige Ent-
fremdung meiner jetzigen Umgebungen, auch ein-
mal eine voͤllig fremde Art zu reiſen zu verſuchen.
Frau von Stael ſagt in der Corinna einige ſehr tief
gefuͤhlte Worte uͤber die Empfindung beim Reiſen:
„Reiſen iſt, was man auch ſagen mag, eines
„der traurigſten Vergnuͤgen des Lebens. Wenn
„man ſich in einer fremden Stadt wohl fuͤhlt,
„ſo iſt es immer, weil man ſchon anfaͤngt da
„einheimiſch zu werden. Aber unbekannte Laͤn-
„der durchſtreifen, eine Sprache reden zu hoͤ-
„ren, die man nur nothduͤrftig verſteht, menſch-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/45>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.