Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811.

Bild:
<< vorherige Seite

Achter Abschnitt.

Von der Börse muß ich euch doch auch ein Wort
sagen, denn davon macht man sich in unsern Land-
städtchen, bei unserm Dütchenhandel, gar keinen
Begriff. Den meinen hatte ich noch immer aus
Basedows Elementarbuch, das ein Gebäude dar-
stellt, wo Juden, Christen und Armenier mit lau-
ter Spitzbubengesichtern unter einander umher ge-
hen. Ich habe manchen gereisten Menschen wohl
gefragt: nun, was macht man denn da? aber ihre
Antwort machte mich um nichts klüger. Ein un-
geheures Licht ist mir auch jetzt nicht aufgegangen;
aber ich will euch sagen, was mir klar vor Augen
lag. Die Amsterdammer Börse -- denn andre
mögen anders seyn -- ist ein großer viereckter Hof,
um welchen rings umher ein offner auf Säulen
ruhender Gang läuft, über dem eine Reihe niedri-
ger, schlechter Fenster, eine Reihe sehr mittelmäs-
siger Gemächer verspricht. Der Säulengang kann


Achter Abſchnitt.

Von der Boͤrſe muß ich euch doch auch ein Wort
ſagen, denn davon macht man ſich in unſern Land-
ſtaͤdtchen, bei unſerm Duͤtchenhandel, gar keinen
Begriff. Den meinen hatte ich noch immer aus
Baſedows Elementarbuch, das ein Gebaͤude dar-
ſtellt, wo Juden, Chriſten und Armenier mit lau-
ter Spitzbubengeſichtern unter einander umher ge-
hen. Ich habe manchen gereiſten Menſchen wohl
gefragt: nun, was macht man denn da? aber ihre
Antwort machte mich um nichts kluͤger. Ein un-
geheures Licht iſt mir auch jetzt nicht aufgegangen;
aber ich will euch ſagen, was mir klar vor Augen
lag. Die Amſterdammer Boͤrſe — denn andre
moͤgen anders ſeyn — iſt ein großer viereckter Hof,
um welchen rings umher ein offner auf Saͤulen
ruhender Gang laͤuft, uͤber dem eine Reihe niedri-
ger, ſchlechter Fenſter, eine Reihe ſehr mittelmaͤſ-
ſiger Gemaͤcher verſpricht. Der Saͤulengang kann

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0219" n="205"/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Achter Ab&#x017F;chnitt</hi>.</hi> </head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">V</hi>on der Bo&#x0364;r&#x017F;e muß ich euch doch auch ein Wort<lb/>
&#x017F;agen, denn davon macht man &#x017F;ich in un&#x017F;ern Land-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;dtchen, bei un&#x017F;erm Du&#x0364;tchenhandel, gar keinen<lb/>
Begriff. Den meinen hatte ich noch immer aus<lb/>
Ba&#x017F;edows Elementarbuch, das ein Geba&#x0364;ude dar-<lb/>
&#x017F;tellt, wo Juden, Chri&#x017F;ten und Armenier mit lau-<lb/>
ter Spitzbubenge&#x017F;ichtern unter einander umher ge-<lb/>
hen. Ich habe manchen gerei&#x017F;ten Men&#x017F;chen wohl<lb/>
gefragt: nun, was macht man denn da? aber ihre<lb/>
Antwort machte mich um nichts klu&#x0364;ger. Ein un-<lb/>
geheures Licht i&#x017F;t mir auch jetzt nicht aufgegangen;<lb/>
aber ich will euch &#x017F;agen, was mir klar vor Augen<lb/>
lag. Die Am&#x017F;terdammer Bo&#x0364;r&#x017F;e &#x2014; denn andre<lb/>
mo&#x0364;gen anders &#x017F;eyn &#x2014; i&#x017F;t ein großer viereckter Hof,<lb/>
um welchen rings umher ein offner auf Sa&#x0364;ulen<lb/>
ruhender Gang la&#x0364;uft, u&#x0364;ber dem eine Reihe niedri-<lb/>
ger, &#x017F;chlechter Fen&#x017F;ter, eine Reihe &#x017F;ehr mittelma&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;iger Gema&#x0364;cher ver&#x017F;pricht. Der Sa&#x0364;ulengang kann<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[205/0219] Achter Abſchnitt. Von der Boͤrſe muß ich euch doch auch ein Wort ſagen, denn davon macht man ſich in unſern Land- ſtaͤdtchen, bei unſerm Duͤtchenhandel, gar keinen Begriff. Den meinen hatte ich noch immer aus Baſedows Elementarbuch, das ein Gebaͤude dar- ſtellt, wo Juden, Chriſten und Armenier mit lau- ter Spitzbubengeſichtern unter einander umher ge- hen. Ich habe manchen gereiſten Menſchen wohl gefragt: nun, was macht man denn da? aber ihre Antwort machte mich um nichts kluͤger. Ein un- geheures Licht iſt mir auch jetzt nicht aufgegangen; aber ich will euch ſagen, was mir klar vor Augen lag. Die Amſterdammer Boͤrſe — denn andre moͤgen anders ſeyn — iſt ein großer viereckter Hof, um welchen rings umher ein offner auf Saͤulen ruhender Gang laͤuft, uͤber dem eine Reihe niedri- ger, ſchlechter Fenſter, eine Reihe ſehr mittelmaͤſ- ſiger Gemaͤcher verſpricht. Der Saͤulengang kann

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/219
Zitationshilfe: Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/219>, abgerufen am 22.12.2024.