Mein Fenster schaut auf einen düstern Hof, Auf schmutzge Dächer und auf rußge Mauern, Doch wer wie ich ein Stückchen Philosoph, Läßt darum sich noch lange nicht bedauern. Ein wenig Luft, ein wenig Sonnenlicht Dringt schließlich auch durch seine trüben Scheiben, Zu hungern und zu frieren brauch ich nicht Und all mein Thun ist nur ein wenig Schreiben.
Ein wenig Schreiben, wenn ich stundenlang Mich einlas in die Wunderwelt der Alten, Bis endlich, endlich es auch mir gelang, Was ich gefühlt, zum Wohllaut zu gestalten. Dann fließt es um mich wie ein Heilgenschein Und mir im Herzen bauen sich Altäre; So könnt' ich glücklich und zufrieden sein, Wenn ach, nur meine Nachbarschaft nicht wäre!
1. Meine Nachbarſchaft.
Mein Fenſter ſchaut auf einen düſtern Hof, Auf ſchmutzge Dächer und auf rußge Mauern, Doch wer wie ich ein Stückchen Philoſoph, Läßt darum ſich noch lange nicht bedauern. Ein wenig Luft, ein wenig Sonnenlicht Dringt ſchließlich auch durch ſeine trüben Scheiben, Zu hungern und zu frieren brauch ich nicht Und all mein Thun iſt nur ein wenig Schreiben.
Ein wenig Schreiben, wenn ich ſtundenlang Mich einlas in die Wunderwelt der Alten, Bis endlich, endlich es auch mir gelang, Was ich gefühlt, zum Wohllaut zu geſtalten. Dann fließt es um mich wie ein Heilgenſchein Und mir im Herzen bauen ſich Altäre; So könnt' ich glücklich und zufrieden ſein, Wenn ach, nur meine Nachbarſchaft nicht wäre!
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1.
Meine Nachbarſchaft.
Mein Fenſter ſchaut auf einen düſtern Hof,
Auf ſchmutzge Dächer und auf rußge Mauern,
Doch wer wie ich ein Stückchen Philoſoph,
Läßt darum ſich noch lange nicht bedauern.
Ein wenig Luft, ein wenig Sonnenlicht
Dringt ſchließlich auch durch ſeine trüben Scheiben,
Zu hungern und zu frieren brauch ich nicht
Und all mein Thun iſt nur ein wenig Schreiben.
Ein wenig Schreiben, wenn ich ſtundenlang
Mich einlas in die Wunderwelt der Alten,
Bis endlich, endlich es auch mir gelang,
Was ich gefühlt, zum Wohllaut zu geſtalten.
Dann fließt es um mich wie ein Heilgenſchein
Und mir im Herzen bauen ſich Altäre;
So könnt' ich glücklich und zufrieden ſein,
Wenn ach, nur meine Nachbarſchaft nicht wäre!
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Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holz_buch_1886/107>, abgerufen am 17.02.2025.
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