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Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695.

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Vorrede.
würde: allein er hat sich auch an dergleichen dinge
niemahls gemacht; sondern hat seine meiste kunst
in galanten und verliebten materien angewandt/
worinnen er sich auch so sinnreich erwiesen/ daß
man ihn billig für den deutschen Ovidius preisen
mag. Sein Pastor fido ist besser übersetzt/ als der
Frantzösische; seine grabschrifften sind voller geist;
die liebes-briefe/ ausser etlichen harten metaphoren/
so er von den Welschen behalten/ nicht zuverbessern;
und aus seinen begräbniß-gedichten kan man sehen/
daß es ihm an ernsthafften und moralischen gedan-
cken auch nicht gemangelt: Seine liebes-lieder aber
haben ihm nicht allein über alle deutsche/ sondern
auch über die meisten ausländischen Poeten den sitz
erworben/ und ich glaube schwerlich/ daß ihm den-
selbigen auch ins künfftige iemand bestreiten wird.

Wir wollen ihm aber lassen/ und wenden uns
zu dem fürtrefflichen Herrn v. Lohenstein/ dessen
nahme bereits so weit erschollen/ daß er unsre aus-
blasung nicht mehr vonnöthen hat. Alle seine ge-
dancken sind scharffsinnig/ seine ausbildungen zier-
lich/ und wenn ich die wahrheit sagen soll/ so fin-
det man in diesem eintzigen fast alles beysammen/
was sich in denen andern nur eintzeln zeiget. Denn
er hat nicht allein von Opitzen die heroische/ von
Gryphio die bewegliche/ und von Hoffmanns-
waldau die liebliche art angenommen; sondern
auch viel neues hinzu gethan/ und absonderlich in

sen-

Vorrede.
wuͤrde: allein er hat ſich auch an dergleichen dinge
niemahls gemacht; ſondern hat ſeine meiſte kunſt
in galanten und verliebten materien angewandt/
worinnen er ſich auch ſo ſinnreich erwieſen/ daß
man ihn billig fuͤr den deutſchen Ovidius preiſen
mag. Sein Paſtor fido iſt beſſer uͤberſetzt/ als der
Frantzoͤſiſche; ſeine grabſchrifften ſind voller geiſt;
die liebes-briefe/ auſſer etlichen harten metaphoren/
ſo er von den Welſchen behalten/ nicht zuverbeſſern;
und aus ſeinen begraͤbniß-gedichten kan man ſehen/
daß es ihm an ernſthafften und moraliſchen gedan-
cken auch nicht gemangelt: Seine liebes-lieder aber
haben ihm nicht allein uͤber alle deutſche/ ſondern
auch uͤber die meiſten auslaͤndiſchen Poeten den ſitz
erworben/ und ich glaube ſchwerlich/ daß ihm den-
ſelbigen auch ins kuͤnfftige iemand beſtreiten wird.

Wir wollen ihm aber laſſen/ und wenden uns
zu dem fuͤrtrefflichen Herrn v. Lohenſtein/ deſſen
nahme bereits ſo weit erſchollen/ daß er unſre aus-
blaſung nicht mehr vonnoͤthen hat. Alle ſeine ge-
dancken ſind ſcharffſinnig/ ſeine ausbildungen zier-
lich/ und wenn ich die wahrheit ſagen ſoll/ ſo fin-
det man in dieſem eintzigen faſt alles beyſammen/
was ſich in denen andern nur eintzeln zeiget. Denn
er hat nicht allein von Opitzen die heroiſche/ von
Gryphio die bewegliche/ und von Hoffmanns-
waldau die liebliche art angenommen; ſondern
auch viel neues hinzu gethan/ und abſonderlich in

ſen-
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[0026] Vorrede. wuͤrde: allein er hat ſich auch an dergleichen dinge niemahls gemacht; ſondern hat ſeine meiſte kunſt in galanten und verliebten materien angewandt/ worinnen er ſich auch ſo ſinnreich erwieſen/ daß man ihn billig fuͤr den deutſchen Ovidius preiſen mag. Sein Paſtor fido iſt beſſer uͤberſetzt/ als der Frantzoͤſiſche; ſeine grabſchrifften ſind voller geiſt; die liebes-briefe/ auſſer etlichen harten metaphoren/ ſo er von den Welſchen behalten/ nicht zuverbeſſern; und aus ſeinen begraͤbniß-gedichten kan man ſehen/ daß es ihm an ernſthafften und moraliſchen gedan- cken auch nicht gemangelt: Seine liebes-lieder aber haben ihm nicht allein uͤber alle deutſche/ ſondern auch uͤber die meiſten auslaͤndiſchen Poeten den ſitz erworben/ und ich glaube ſchwerlich/ daß ihm den- ſelbigen auch ins kuͤnfftige iemand beſtreiten wird. Wir wollen ihm aber laſſen/ und wenden uns zu dem fuͤrtrefflichen Herrn v. Lohenſtein/ deſſen nahme bereits ſo weit erſchollen/ daß er unſre aus- blaſung nicht mehr vonnoͤthen hat. Alle ſeine ge- dancken ſind ſcharffſinnig/ ſeine ausbildungen zier- lich/ und wenn ich die wahrheit ſagen ſoll/ ſo fin- det man in dieſem eintzigen faſt alles beyſammen/ was ſich in denen andern nur eintzeln zeiget. Denn er hat nicht allein von Opitzen die heroiſche/ von Gryphio die bewegliche/ und von Hoffmanns- waldau die liebliche art angenommen; ſondern auch viel neues hinzu gethan/ und abſonderlich in ſen-

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Zitationshilfe: Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte01_1695/26>, abgerufen am 26.04.2024.