Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785.von besondern Bestimmungen abhängig ist. 2. So lange indessen die Volksgärten noch nicht ganz die Würde haben, deren sie Der Prater bey Wien liegt eine Viertelstunde vom Stadtthor auf einer gros- Ein anderer Volksgarten bey Wien ist der Augarten auf der Donaninsel, blos
von beſondern Beſtimmungen abhaͤngig iſt. 2. So lange indeſſen die Volksgaͤrten noch nicht ganz die Wuͤrde haben, deren ſie Der Prater bey Wien liegt eine Viertelſtunde vom Stadtthor auf einer groſ- Ein anderer Volksgarten bey Wien iſt der Augarten auf der Donaninſel, blos
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von beſondern Beſtimmungen abhaͤngig iſt.
2.
So lange indeſſen die Volksgaͤrten noch nicht ganz die Wuͤrde haben, deren ſie
faͤhig ſind, ſo lange muͤſſen ſie ſich mit der Einrichtung begnuͤgen, die ihnen bisher
zugetheilet ward. Inzwiſchen giebt es Anlagen dieſer Gattung, die ſich durch Be-
quemlichkeit, Anmuth, und reiche Schoͤnheiten der Natur auszeichnen. Die oͤffent-
lichen Spaziergaͤnge zu London und Paris ſind beruͤhmt genug, obgleich keine
Muſter. Auch Deutſchland hat bey ſeinen anſehnlichſten Staͤdten Gaͤrten dieſer
Art, die eine Empfehlung verdienen.
Der Prater bey Wien liegt eine Viertelſtunde vom Stadtthor auf einer groſ-
ſen Inſel der Donau und erſtreckt ſich auf eine halbe Meile. Er iſt mit dicken Wal-
dungen bewachſen, die mit gruͤnenden Auen und Wieſen untermengt ſind. Eine vier-
fach gepflanzte Reihe Kaſtanienbaͤume vermehrt die ungekuͤnſtelte Anmuth dieſer In-
ſel. Sie ſtand vormals nur den Kutſchen des Adels offen; allein Joſephs edle
Menſchenliebe eroͤffnete hier allen Menſchen, Gehenden, Reitenden und Fahrenden,
den Eingang. Sogleich wurden die Auen mit Zelten, Huͤtten, Sommerhaͤuſern zu
Erfriſchungen, Ringelrennen, Kegelſchieben und andern Ergoͤtzungen beſaͤet. Dieſe
Huͤtten und Sommerhaͤuſer im Walde verſchoͤnerten ſich bey dem Zulauf der Men-
ſchen von Jahr zu Jahr. Auch fehlt es nicht an Muſik.
Ein anderer Volksgarten bey Wien iſt der Augarten auf der Donaninſel,
welche die Leopoldsſtadt einnimmt. Er war ehemals der Garten des kaiſerlichen Som-
merpalaſtes, die alte Favorite genannt, der 1683 von den Tuͤrken verwuͤſtet
ward. Von der Zeit an diente der Garten zu einem oͤffentlichen Spaziergange, ward
aber ganz vernachlaͤßigt. Endlich uͤbernahm der Kaiſer Joſeph ſelbſt die Verſchoͤne-
rung des Platzes. Er ließ ihn erweitern, mit neuen Alleen von verſchiedenen Arten
von Baͤumen und nach verſchiedenen Richtungen bepflanzen, Terraſſen zum Genuß
der reizenden Ausſichten der umliegenden Gegenden anlegen, Gebaͤude auffuͤhren, be-
ſonders ein ſchoͤnes Landhaus, das viele Zimmer enthaͤlt, und nicht nur zum Spiel
und Tanz, ſondern auch zum Speiſen Mittags und Abends eingerichtet iſt. Dieſer
Beluſtigungsort, der halb eine angenehme Wildniß der Natur und halb gartenmaͤßig
eingerichtet iſt, und hinten von der praͤchtigen Donau beſpuͤlt wird, ward ebenfalls,
ſobald er verbeſſert war, vom Kaiſer 1775 fuͤr alle Menſchen ohne Unterſchied des
Standes eroͤffnet. Die Inſchrift bey dem Eingang: Beluſtigungsort fuͤr alle Men-
ſchen, gewidmet von ihrem Freund, kuͤndigt es an, und iſt zugleich ein Denkmal der
Gute des Stifters. Seitdem iſt der Augarten, wo den ganzen Tag eine Menge
von Spazierenden wimmelt, auf mancherley Art verſchoͤnert. Der menſchenfreund-
liche Kaiſer ſteht hier und im Prater oft mitten unter ſeinem Volke, ohne Gefolge,
blos
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