scheinliche Ursachen? Hr. Kl. komme nach vier und zwanzig Seiten einmal zum Beweise.
2.
"Meine Meinung ist a), daß Homer manchmal "an einem sehr ungeschickten Orte den Leser zum "Lachen bringen wollen, und damit seinem göttli- "chen Gedichte nicht leichte Flecken angesprützt, die "demselben eine nicht kleine Unförmlichkeit, und "dem Leser Verdruß erwecken. Hieher kann man "in der Odyssee den Streit der Jris mit Ulysses, "und im ersten Buche der Jliade den Ort rechnen, "wo er den Gott Vulkan einen Gaukler (histrio- "nem) spielen läßt ---- denn was spielt er anders, "als einen Gaukler, da er den Göttern Wein ein- "schenket, und diese den hinkenden Mundschenken "mit großem Gelächter begleiten." Noch mehr aber wird die Sache aus dem zweiten Buche erhel- len ---- und nun kommt weit und breit die Geschich- te von Thersites, die Hr. Kl. mal über mal für un- anständig, unschicklich, ungereimt, unwürdig er- klärt, uud mit einem recht thersitischen Geräusche völlig aus Homer verwirst.
Nun wundre ich mich zuerst über die Verwun- derung, "daß unter allen Feinden Homers noch "niemand auf diese Geschichte gefallen, daß, so sehr
"man
a)p. 24. 25. &c.
B 4
Zweites Waͤldchen.
ſcheinliche Urſachen? Hr. Kl. komme nach vier und zwanzig Seiten einmal zum Beweiſe.
2.
„Meine Meinung iſt a), daß Homer manchmal „an einem ſehr ungeſchickten Orte den Leſer zum „Lachen bringen wollen, und damit ſeinem goͤttli- „chen Gedichte nicht leichte Flecken angeſpruͤtzt, die „demſelben eine nicht kleine Unfoͤrmlichkeit, und „dem Leſer Verdruß erwecken. Hieher kann man „in der Odyſſee den Streit der Jris mit Ulyſſes, „und im erſten Buche der Jliade den Ort rechnen, „wo er den Gott Vulkan einen Gaukler (hiſtrio- „nem) ſpielen laͤßt —— denn was ſpielt er anders, „als einen Gaukler, da er den Goͤttern Wein ein- „ſchenket, und dieſe den hinkenden Mundſchenken „mit großem Gelaͤchter begleiten.„ Noch mehr aber wird die Sache aus dem zweiten Buche erhel- len —— und nun kommt weit und breit die Geſchich- te von Therſites, die Hr. Kl. mal uͤber mal fuͤr un- anſtaͤndig, unſchicklich, ungereimt, unwuͤrdig er- klaͤrt, uud mit einem recht therſitiſchen Geraͤuſche voͤllig aus Homer verwirſt.
Nun wundre ich mich zuerſt uͤber die Verwun- derung, „daß unter allen Feinden Homers noch „niemand auf dieſe Geſchichte gefallen, daß, ſo ſehr
„man
a)p. 24. 25. &c.
B 4
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0029"n="23"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Zweites Waͤldchen.</hi></fw><lb/>ſcheinliche Urſachen? Hr. Kl. komme nach vier und<lb/>
zwanzig Seiten einmal zum Beweiſe.</p></div><lb/><divn="2"><head>2.</head><lb/><p>„Meine Meinung iſt <noteplace="foot"n="a)"><hirendition="#aq">p. 24. 25. &c.</hi></note>, daß Homer manchmal<lb/>„an einem ſehr ungeſchickten Orte den Leſer zum<lb/>„Lachen bringen wollen, und damit ſeinem goͤttli-<lb/>„chen Gedichte nicht leichte Flecken angeſpruͤtzt, die<lb/>„demſelben eine nicht kleine Unfoͤrmlichkeit, und<lb/>„dem Leſer Verdruß erwecken. Hieher kann man<lb/>„in der Odyſſee den Streit der Jris mit Ulyſſes,<lb/>„und im erſten Buche der Jliade den Ort rechnen,<lb/>„wo er den Gott Vulkan einen Gaukler <hirendition="#aq">(hiſtrio-<lb/>„nem)</hi>ſpielen laͤßt —— denn was ſpielt er anders,<lb/>„als einen Gaukler, da er den Goͤttern Wein ein-<lb/>„ſchenket, und dieſe den hinkenden Mundſchenken<lb/>„mit großem Gelaͤchter begleiten.„ Noch mehr<lb/>
aber wird die Sache aus dem zweiten Buche erhel-<lb/>
len —— und nun kommt weit und breit die Geſchich-<lb/>
te von Therſites, die Hr. Kl. mal uͤber mal fuͤr un-<lb/>
anſtaͤndig, unſchicklich, ungereimt, unwuͤrdig er-<lb/>
klaͤrt, uud mit einem recht therſitiſchen Geraͤuſche<lb/>
voͤllig aus Homer verwirſt.</p><lb/><p>Nun wundre ich mich zuerſt uͤber die Verwun-<lb/>
derung, „daß unter allen Feinden Homers noch<lb/>„niemand auf dieſe Geſchichte gefallen, daß, ſo ſehr<lb/><fwplace="bottom"type="sig">B 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">„man</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[23/0029]
Zweites Waͤldchen.
ſcheinliche Urſachen? Hr. Kl. komme nach vier und
zwanzig Seiten einmal zum Beweiſe.
2.
„Meine Meinung iſt a), daß Homer manchmal
„an einem ſehr ungeſchickten Orte den Leſer zum
„Lachen bringen wollen, und damit ſeinem goͤttli-
„chen Gedichte nicht leichte Flecken angeſpruͤtzt, die
„demſelben eine nicht kleine Unfoͤrmlichkeit, und
„dem Leſer Verdruß erwecken. Hieher kann man
„in der Odyſſee den Streit der Jris mit Ulyſſes,
„und im erſten Buche der Jliade den Ort rechnen,
„wo er den Gott Vulkan einen Gaukler (hiſtrio-
„nem) ſpielen laͤßt —— denn was ſpielt er anders,
„als einen Gaukler, da er den Goͤttern Wein ein-
„ſchenket, und dieſe den hinkenden Mundſchenken
„mit großem Gelaͤchter begleiten.„ Noch mehr
aber wird die Sache aus dem zweiten Buche erhel-
len —— und nun kommt weit und breit die Geſchich-
te von Therſites, die Hr. Kl. mal uͤber mal fuͤr un-
anſtaͤndig, unſchicklich, ungereimt, unwuͤrdig er-
klaͤrt, uud mit einem recht therſitiſchen Geraͤuſche
voͤllig aus Homer verwirſt.
Nun wundre ich mich zuerſt uͤber die Verwun-
derung, „daß unter allen Feinden Homers noch
„niemand auf dieſe Geſchichte gefallen, daß, ſo ſehr
„man
a) p. 24. 25. &c.
B 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Herder, Johann Gottfried von: Kritische Wälder. Bd. 2. Riga, 1769, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_kritische02_1769/29>, abgerufen am 22.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.