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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,1. Nürnberg, 1812.

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Einleitung.
Erkennen wird aus ihnen mechanischer oder höchstens chemi-
scherweise zusammengesetzt --) in dieser Rangordnung ge-
gen einander, daß das Object ein für sich vollendetes,
fertiges sey, das des Denkens zu seiner Wirklichkeit voll-
kommen entbehren könne, da hingegen das Denken etwas
mangelhaftes sey, das sich erst an einem Stoffe zu ver-
vollständigen, und zwar als eine weiche unbestimmte Form
sich seiner Materie angemessen zu machen habe. Wahr-
heit ist die Uebereinstimmung des Denkens mit dem Ge-
genstande, und es soll, um diese Uebereinstimmung her-
vorzubringen, -- denn sie ist nicht an und für sich vor-
handen, -- das Denken nach dem Gegenstande sich fügen
und bequemen.

Drittens, indem die Verschiedenheit der Materie
und der Form, des Gegenstandes und des Denkens nicht
in jener neblichten Unbestimmtheit gelassen, sondern be-
stimmter genommen wird, so ist jede eine von der andern
geschiedene Sphäre. Das Denken kommt daher in sei-
nem Empfangen und Formiren des Stoffs nicht über sich
hinaus, sein Empfangen und sich nach ihm Bequemen
bleibt eine Modification seiner selbst, es wird dadurch
nicht zu seinem Andern; und das selbstbewußte Bestimmen
gehört ohnediß nur ihm an; es kommt also auch in seiner
Beziehung auf den Gegenstand nicht aus sich heraus zu
dem Gegenstande, dieser bleibt als ein Ding an sich,
schlechthin ein Jenseits des Denkens.

Diese Ansichten über das Verhältniß des Subjects
und Objects zu einander drücken die Bestimmungen des-
selben aus, welche die Natur unsers gewöhnlichen, des

erschei-

Einleitung.
Erkennen wird aus ihnen mechaniſcher oder hoͤchſtens chemi-
ſcherweiſe zuſammengeſetzt —) in dieſer Rangordnung ge-
gen einander, daß das Object ein fuͤr ſich vollendetes,
fertiges ſey, das des Denkens zu ſeiner Wirklichkeit voll-
kommen entbehren koͤnne, da hingegen das Denken etwas
mangelhaftes ſey, das ſich erſt an einem Stoffe zu ver-
vollſtaͤndigen, und zwar als eine weiche unbeſtimmte Form
ſich ſeiner Materie angemeſſen zu machen habe. Wahr-
heit iſt die Uebereinſtimmung des Denkens mit dem Ge-
genſtande, und es ſoll, um dieſe Uebereinſtimmung her-
vorzubringen, — denn ſie iſt nicht an und fuͤr ſich vor-
handen, — das Denken nach dem Gegenſtande ſich fuͤgen
und bequemen.

Drittens, indem die Verſchiedenheit der Materie
und der Form, des Gegenſtandes und des Denkens nicht
in jener neblichten Unbeſtimmtheit gelaſſen, ſondern be-
ſtimmter genommen wird, ſo iſt jede eine von der andern
geſchiedene Sphaͤre. Das Denken kommt daher in ſei-
nem Empfangen und Formiren des Stoffs nicht uͤber ſich
hinaus, ſein Empfangen und ſich nach ihm Bequemen
bleibt eine Modification ſeiner ſelbſt, es wird dadurch
nicht zu ſeinem Andern; und das ſelbſtbewußte Beſtimmen
gehoͤrt ohnediß nur ihm an; es kommt alſo auch in ſeiner
Beziehung auf den Gegenſtand nicht aus ſich heraus zu
dem Gegenſtande, dieſer bleibt als ein Ding an ſich,
ſchlechthin ein Jenſeits des Denkens.

Dieſe Anſichten uͤber das Verhaͤltniß des Subjects
und Objects zu einander druͤcken die Beſtimmungen deſ-
ſelben aus, welche die Natur unſers gewoͤhnlichen, des

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[IV/0024] Einleitung. Erkennen wird aus ihnen mechaniſcher oder hoͤchſtens chemi- ſcherweiſe zuſammengeſetzt —) in dieſer Rangordnung ge- gen einander, daß das Object ein fuͤr ſich vollendetes, fertiges ſey, das des Denkens zu ſeiner Wirklichkeit voll- kommen entbehren koͤnne, da hingegen das Denken etwas mangelhaftes ſey, das ſich erſt an einem Stoffe zu ver- vollſtaͤndigen, und zwar als eine weiche unbeſtimmte Form ſich ſeiner Materie angemeſſen zu machen habe. Wahr- heit iſt die Uebereinſtimmung des Denkens mit dem Ge- genſtande, und es ſoll, um dieſe Uebereinſtimmung her- vorzubringen, — denn ſie iſt nicht an und fuͤr ſich vor- handen, — das Denken nach dem Gegenſtande ſich fuͤgen und bequemen. Drittens, indem die Verſchiedenheit der Materie und der Form, des Gegenſtandes und des Denkens nicht in jener neblichten Unbeſtimmtheit gelaſſen, ſondern be- ſtimmter genommen wird, ſo iſt jede eine von der andern geſchiedene Sphaͤre. Das Denken kommt daher in ſei- nem Empfangen und Formiren des Stoffs nicht uͤber ſich hinaus, ſein Empfangen und ſich nach ihm Bequemen bleibt eine Modification ſeiner ſelbſt, es wird dadurch nicht zu ſeinem Andern; und das ſelbſtbewußte Beſtimmen gehoͤrt ohnediß nur ihm an; es kommt alſo auch in ſeiner Beziehung auf den Gegenſtand nicht aus ſich heraus zu dem Gegenſtande, dieſer bleibt als ein Ding an ſich, ſchlechthin ein Jenſeits des Denkens. Dieſe Anſichten uͤber das Verhaͤltniß des Subjects und Objects zu einander druͤcken die Beſtimmungen deſ- ſelben aus, welche die Natur unſers gewoͤhnlichen, des erſchei-

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Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,1. Nürnberg, 1812, S. IV. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0101_1812/24>, abgerufen am 26.04.2024.