Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,1. Nürnberg, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite

Das Maaß.
qualitativ unterschieden, und gegen sie die bloß äussern
qualitativ gleichgültigen sich als specifische darstellen.

Anmerkung.

Das natürliche Zahlensystem ist schon eine solche
Knotenlinie von qualitativen Momenten, die sich in
einem bloß äusserlichen Fortgang hervorthun. Es ist ei-
nestheils ein bloß quantitatives Vor- und Zurückgehen,
ein fortwährendes Hinzuthun oder Wegnehmen, so daß
jede Zahl dasselbe arithmetische Verhältniß zu ihrer
vorhergehenden und nachfolgenden hat, als diese zu ihrer
vorhergehenden und nachfolgenden u. s. f. Aber die hie-
durch entstehenden Zahlen haben auch zu andern vorher-
gehenden oder folgenden ein specifisches Verhältniß,
entweder ein solches vielfaches von einer derselben als
eine ganze Zahl ausdrückt, oder Potenz oder Wurzel zu
seyn. -- In den musikalischen Verhältnissen, tritt
ein harmonisches Verhältniß in der Scale des quantitati-
ven Fortgehens durch ein Quantum ein, ohne daß dieses
Quantum für sich auf der Scale zu seinem vorhergehen-
den und nachfolgenden ein anderes Verhältniß hätte, als
diese wieder zu ihren vorhergehenden und nachfolgenden.
Indem folgende Töne vom Grundtone sich immer mehr
zu entfernen oder Zahlen durch das arithmetische Fortge-
hen nur noch mehr andere zu werden scheinen, thut sich
vielmehr auf einmal eine Rückkehr, eine überraschende
Uebereinstimmung hervor, die nicht durch das unmittelbar
vorhergehende qualitativ vorbereitet war, sondern als
eine actio in distans, als eine Beziehung zu einem ent-
fernten erscheint. Der Fortgang an bloß gleichgültigen
Verhältnissen, welche die vorhergehende specifische Rea-
lität nicht ändern, oder auch überhaupt keine solche bil-
den, unterbricht sich auf einmal, und indem er in quan-
titativer Rücksicht auf dieselbe Weise fortgesetzt ist, tritt

somit
Y 2

Das Maaß.
qualitativ unterſchieden, und gegen ſie die bloß aͤuſſern
qualitativ gleichguͤltigen ſich als ſpecifiſche darſtellen.

Anmerkung.

Das natuͤrliche Zahlenſyſtem iſt ſchon eine ſolche
Knotenlinie von qualitativen Momenten, die ſich in
einem bloß aͤuſſerlichen Fortgang hervorthun. Es iſt ei-
nestheils ein bloß quantitatives Vor- und Zuruͤckgehen,
ein fortwaͤhrendes Hinzuthun oder Wegnehmen, ſo daß
jede Zahl daſſelbe arithmetiſche Verhaͤltniß zu ihrer
vorhergehenden und nachfolgenden hat, als dieſe zu ihrer
vorhergehenden und nachfolgenden u. ſ. f. Aber die hie-
durch entſtehenden Zahlen haben auch zu andern vorher-
gehenden oder folgenden ein ſpecifiſches Verhaͤltniß,
entweder ein ſolches vielfaches von einer derſelben als
eine ganze Zahl ausdruͤckt, oder Potenz oder Wurzel zu
ſeyn. — In den muſikaliſchen Verhaͤltniſſen, tritt
ein harmoniſches Verhaͤltniß in der Scale des quantitati-
ven Fortgehens durch ein Quantum ein, ohne daß dieſes
Quantum fuͤr ſich auf der Scale zu ſeinem vorhergehen-
den und nachfolgenden ein anderes Verhaͤltniß haͤtte, als
dieſe wieder zu ihren vorhergehenden und nachfolgenden.
Indem folgende Toͤne vom Grundtone ſich immer mehr
zu entfernen oder Zahlen durch das arithmetiſche Fortge-
hen nur noch mehr andere zu werden ſcheinen, thut ſich
vielmehr auf einmal eine Ruͤckkehr, eine uͤberraſchende
Uebereinſtimmung hervor, die nicht durch das unmittelbar
vorhergehende qualitativ vorbereitet war, ſondern als
eine actio in diſtans, als eine Beziehung zu einem ent-
fernten erſcheint. Der Fortgang an bloß gleichguͤltigen
Verhaͤltniſſen, welche die vorhergehende ſpecifiſche Rea-
litaͤt nicht aͤndern, oder auch uͤberhaupt keine ſolche bil-
den, unterbricht ſich auf einmal, und indem er in quan-
titativer Ruͤckſicht auf dieſelbe Weiſe fortgeſetzt iſt, tritt

ſomit
Y 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0359" n="311"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Das Maaß</hi>.</fw><lb/>
qualitativ unter&#x017F;chieden, und gegen &#x017F;ie die bloß a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;ern<lb/>
qualitativ gleichgu&#x0364;ltigen &#x017F;ich als &#x017F;pecifi&#x017F;che dar&#x017F;tellen.</p><lb/>
                <div n="6">
                  <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Anmerkung</hi>.</hi> </head><lb/>
                  <p>Das natu&#x0364;rliche Zahlen&#x017F;y&#x017F;tem i&#x017F;t &#x017F;chon eine &#x017F;olche<lb/><hi rendition="#g">Knotenlinie</hi> von qualitativen Momenten, die &#x017F;ich in<lb/>
einem bloß a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlichen Fortgang hervorthun. Es i&#x017F;t ei-<lb/>
nestheils ein bloß quantitatives Vor- und Zuru&#x0364;ckgehen,<lb/>
ein fortwa&#x0364;hrendes Hinzuthun oder Wegnehmen, &#x017F;o daß<lb/>
jede Zahl da&#x017F;&#x017F;elbe <hi rendition="#g">arithmeti&#x017F;che</hi> Verha&#x0364;ltniß zu ihrer<lb/>
vorhergehenden und nachfolgenden hat, als die&#x017F;e zu ihrer<lb/>
vorhergehenden und nachfolgenden u. &#x017F;. f. Aber die hie-<lb/>
durch ent&#x017F;tehenden Zahlen haben auch zu andern vorher-<lb/>
gehenden oder folgenden ein <hi rendition="#g">&#x017F;pecifi&#x017F;ches</hi> Verha&#x0364;ltniß,<lb/>
entweder ein &#x017F;olches vielfaches von einer der&#x017F;elben als<lb/>
eine ganze Zahl ausdru&#x0364;ckt, oder Potenz oder Wurzel zu<lb/>
&#x017F;eyn. &#x2014; In den <hi rendition="#g">mu&#x017F;ikali&#x017F;chen</hi> Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;en, tritt<lb/>
ein harmoni&#x017F;ches Verha&#x0364;ltniß in der Scale des quantitati-<lb/>
ven Fortgehens durch ein Quantum ein, ohne daß die&#x017F;es<lb/>
Quantum fu&#x0364;r &#x017F;ich auf der Scale zu &#x017F;einem vorhergehen-<lb/>
den und nachfolgenden ein anderes Verha&#x0364;ltniß ha&#x0364;tte, als<lb/>
die&#x017F;e wieder zu ihren vorhergehenden und nachfolgenden.<lb/>
Indem folgende To&#x0364;ne vom Grundtone &#x017F;ich immer mehr<lb/>
zu entfernen oder Zahlen durch das arithmeti&#x017F;che Fortge-<lb/>
hen nur noch mehr andere zu werden &#x017F;cheinen, thut &#x017F;ich<lb/>
vielmehr auf einmal eine Ru&#x0364;ckkehr, eine u&#x0364;berra&#x017F;chende<lb/>
Ueberein&#x017F;timmung hervor, die nicht durch das unmittelbar<lb/>
vorhergehende qualitativ vorbereitet war, &#x017F;ondern als<lb/>
eine <hi rendition="#aq">actio in di&#x017F;tans,</hi> als eine Beziehung zu einem ent-<lb/>
fernten er&#x017F;cheint. Der Fortgang an bloß gleichgu&#x0364;ltigen<lb/>
Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;en, welche die vorhergehende &#x017F;pecifi&#x017F;che Rea-<lb/>
lita&#x0364;t nicht a&#x0364;ndern, oder auch u&#x0364;berhaupt keine &#x017F;olche bil-<lb/>
den, unterbricht &#x017F;ich auf einmal, und indem er in quan-<lb/>
titativer Ru&#x0364;ck&#x017F;icht auf die&#x017F;elbe Wei&#x017F;e fortge&#x017F;etzt i&#x017F;t, tritt<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Y 2</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;omit</fw><lb/></p>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[311/0359] Das Maaß. qualitativ unterſchieden, und gegen ſie die bloß aͤuſſern qualitativ gleichguͤltigen ſich als ſpecifiſche darſtellen. Anmerkung. Das natuͤrliche Zahlenſyſtem iſt ſchon eine ſolche Knotenlinie von qualitativen Momenten, die ſich in einem bloß aͤuſſerlichen Fortgang hervorthun. Es iſt ei- nestheils ein bloß quantitatives Vor- und Zuruͤckgehen, ein fortwaͤhrendes Hinzuthun oder Wegnehmen, ſo daß jede Zahl daſſelbe arithmetiſche Verhaͤltniß zu ihrer vorhergehenden und nachfolgenden hat, als dieſe zu ihrer vorhergehenden und nachfolgenden u. ſ. f. Aber die hie- durch entſtehenden Zahlen haben auch zu andern vorher- gehenden oder folgenden ein ſpecifiſches Verhaͤltniß, entweder ein ſolches vielfaches von einer derſelben als eine ganze Zahl ausdruͤckt, oder Potenz oder Wurzel zu ſeyn. — In den muſikaliſchen Verhaͤltniſſen, tritt ein harmoniſches Verhaͤltniß in der Scale des quantitati- ven Fortgehens durch ein Quantum ein, ohne daß dieſes Quantum fuͤr ſich auf der Scale zu ſeinem vorhergehen- den und nachfolgenden ein anderes Verhaͤltniß haͤtte, als dieſe wieder zu ihren vorhergehenden und nachfolgenden. Indem folgende Toͤne vom Grundtone ſich immer mehr zu entfernen oder Zahlen durch das arithmetiſche Fortge- hen nur noch mehr andere zu werden ſcheinen, thut ſich vielmehr auf einmal eine Ruͤckkehr, eine uͤberraſchende Uebereinſtimmung hervor, die nicht durch das unmittelbar vorhergehende qualitativ vorbereitet war, ſondern als eine actio in diſtans, als eine Beziehung zu einem ent- fernten erſcheint. Der Fortgang an bloß gleichguͤltigen Verhaͤltniſſen, welche die vorhergehende ſpecifiſche Rea- litaͤt nicht aͤndern, oder auch uͤberhaupt keine ſolche bil- den, unterbricht ſich auf einmal, und indem er in quan- titativer Ruͤckſicht auf dieſelbe Weiſe fortgeſetzt iſt, tritt ſomit Y 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0101_1812
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0101_1812/359
Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,1. Nürnberg, 1812, S. 311. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0101_1812/359>, abgerufen am 18.11.2024.