Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653.Der gefallne Adam. und änderst Hertz und Sinn. Jn mir sich leider findendie bösse Lust der Sünden. Jch fliehe/ Furcht und Angst/ Plag/ Schrecken/ Weh und Ach folgt meinem Tritte nach. Es bebt und zagt mein Hertz/ der Tod stürtzt meine Tage/ mit mancher Jammer klage. Jch/ ich und mein Geschlecht sind nun von GOtt ver- flucht/ weh/ solcher Sündenfrucht! II. Der reuige Kain. Jch hab/ o grosser GOTT/ deß übels viel begangen/ und meines Vaters Straff/ erhäufft mit Missethat: mich muß das Schulden Erb' auch ohne Schuld belan- gen/ Du bösses Menschenhertz/ giebst niemals guten Raht! Mit meines Bruders Blut hab ich das Feld bedünget: verflucht ist meine Hand/ verflucht der Mörderstein/ verflucht ist Kain selbst den sein Gewissen zwinget/ daß er nun Vogelfrey wird nirgend sicher seyn. Der mir begegnen wird/ kan mich zu Boden schlagen/ gleich ich auch Abel thät? Ach der gerechte GOTT erweckt die Rach' in mir: mein Hertz ist voller Zagen/ und die Gewissens Rug setzt mich in Angst und Spott. Untreu regiert die Welt. Drey blieben nicht in Frieden: der Adam hat verführt/ verführet Kains Hertz/ das durch deß Satans Rath von Gottes Gnad geschie- den. Nun schreiet Abels Blut Erdauf und Himmelwärts. Ach Neid/ [a]ch Höllen Neid/ der Anfang aller Sünden/ die Quelle meiner Qual und Adams erste Schuld: die Ji vj
Der gefallne Adam. und aͤnderſt Hertz und Sinn. Jn mir ſich leider findendie boͤſſe Luſt der Suͤnden. Jch fliehe/ Furcht und Angſt/ Plag/ Schrecken/ Weh und Ach folgt meinem Tritte nach. Es bebt uñ zagt mein Hertz/ der Tod ſtuͤrtzt meine Tage/ mit mancher Jammer klage. Jch/ ich und mein Geſchlecht ſind nun von GOtt ver- flucht/ weh/ ſolcher Suͤndenfrucht! II. Der reuige Kain. Jch hab/ o groſſer GOTT/ deß uͤbels viel begangen/ und meines Vaters Straff/ erhaͤufft mit Miſſethat: mich muß das Schulden Erb’ auch ohne Schuld belan- gen/ Du boͤſſes Menſchenhertz/ giebſt niemals gutẽ Raht! Mit meines Bruders Blut hab ich das Feld beduͤnget: verflucht iſt meine Hand/ verflucht der Moͤrderſtein/ verflucht iſt Kain ſelbſt den ſein Gewiſſen zwinget/ daß er nun Vogelfrey wird nirgend ſicher ſeyn. Der mir begegnen wird/ kan mich zu Boden ſchlagen/ gleich ich auch Abel thaͤt? Ach der gerechte GOTT erweckt die Rach’ in mir: mein Hertz iſt voller Zagen/ und die Gewiſſens Rug ſetzt mich in Angſt uñ Spott. Untreu regiert die Welt. Drey blieben nicht in Friedẽ: der Adam hat verfuͤhrt/ verfuͤhret Kains Hertz/ das durch deß Satans Rath von Gottes Gnad geſchie- den. Nun ſchreiet Abels Blut Erdauf und Him̃elwaͤrts. Ach Neid/ [a]ch Hoͤllen Neid/ der Anfang aller Suͤnden/ die Quelle meiner Qual und Adams erſte Schuld: die Ji vj
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folgt meinem Tritte nach.
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mit mancher Jammer klage.
Jch/ ich und mein Geſchlecht ſind nun von GOtt ver-
flucht/
weh/ ſolcher Suͤndenfrucht!
II.
Der reuige Kain.
Jch hab/ o groſſer GOTT/ deß uͤbels viel begangen/
und meines Vaters Straff/ erhaͤufft mit Miſſethat:
mich muß das Schulden Erb’ auch ohne Schuld belan-
gen/
Du boͤſſes Menſchenhertz/ giebſt niemals gutẽ Raht!
Mit meines Bruders Blut hab ich das Feld beduͤnget:
verflucht iſt meine Hand/ verflucht der Moͤrderſtein/
verflucht iſt Kain ſelbſt den ſein Gewiſſen zwinget/
daß er nun Vogelfrey wird nirgend ſicher ſeyn.
Der mir begegnen wird/ kan mich zu Boden ſchlagen/
gleich ich auch Abel thaͤt? Ach der gerechte GOTT
erweckt die Rach’ in mir: mein Hertz iſt voller Zagen/
und die Gewiſſens Rug ſetzt mich in Angſt uñ Spott.
Untreu regiert die Welt. Drey blieben nicht in Friedẽ:
der Adam hat verfuͤhrt/ verfuͤhret Kains Hertz/
das durch deß Satans Rath von Gottes Gnad geſchie-
den.
Nun ſchreiet Abels Blut Erdauf und Him̃elwaͤrts.
Ach Neid/ ach Hoͤllen Neid/ der Anfang aller Suͤnden/
die Quelle meiner Qual und Adams erſte Schuld:
die
Ji vj
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