Harenberg, Johann Christoph: Vernünftige und Christliche Gedancken Uber die VAMPIRS Oder Bluhtsaugende Todten. Wolfenbüttel, 1733.Wölfe, nahmen hernach eine Kräuter-Salbe zu sich, banden einen Riemen aus einer Wolfs-Haut um sich, und meinten ferner, daß sie in Wölfe verwandelt wären, und also Menschen so wohl als auch die Thiere anfallen müsten. Vor einigen Jahren hatte ein böser Mensch ein gantzes Wolfs-Fell um sich fest gemacht, und die Amts-Schäferey nebst vorhergegangenen Geheule angefallen. Einige Schaafe hatte er getödtet: Die übrigen waren vor Angst und heftiger Drückung grossentheils verdorben. Die Herrn Prediger eines Theils schrieben diesen Zufall dem Satan zu, der sich in Wolfs-Gestalt sehen lassen. Verständige Leute trugen Bedencken, dem Satan solche Gewalt einzuräumen, weil die Verwandelung des Wassers in Wein ein Wunder-Werck ist, wie vielmehr die Verwandelung der Elemente in eine Wolfs-Gestalt. Man pflegt zwar zu sagen, es erscheine die Gestalt eines Wolfes, ob wohl keiner zugegen sey. Aber man beliebe zu erwegen, daß eine solche Rührung der Augen ohne äusserlicher Gestalt eines von den grösten Wunderwercken sey. Dieses siehet man aus den Geschichten der Evangelisten. Christus hielt die Augen der Emauntischen Jünger, daß sie nicht seine, sondern eines andern frembden Menschen Gestalt, auf eine Zeit sahen. Er gieng einsmahls mitten durch seine Feinde hinweg, also, daß sie nicht merckten, wohin er kam. §. XXVI. Das Opium ist von sonderbahrer Kraft, die Wölfe, nahmen hernach eine Kräuter-Salbe zu sich, banden einen Riemen aus einer Wolfs-Haut um sich, und meinten ferner, daß sie in Wölfe verwandelt wären, und also Menschen so wohl als auch die Thiere anfallen müsten. Vor einigen Jahren hatte ein böser Mensch ein gantzes Wolfs-Fell um sich fest gemacht, und die Amts-Schäferey nebst vorhergegangenen Geheule angefallen. Einige Schaafe hatte er getödtet: Die übrigen waren vor Angst und heftiger Drückung grossentheils verdorben. Die Herrn Prediger eines Theils schrieben diesen Zufall dem Satan zu, der sich in Wolfs-Gestalt sehen lassen. Verständige Leute trugen Bedencken, dem Satan solche Gewalt einzuräumen, weil die Verwandelung des Wassers in Wein ein Wunder-Werck ist, wie vielmehr die Verwandelung der Elemente in eine Wolfs-Gestalt. Man pflegt zwar zu sagen, es erscheine die Gestalt eines Wolfes, ob wohl keiner zugegen sey. Aber man beliebe zu erwegen, daß eine solche Rührung der Augen ohne äusserlicher Gestalt eines von den grösten Wunderwercken sey. Dieses siehet man aus den Geschichten der Evangelisten. Christus hielt die Augen der Emauntischen Jünger, daß sie nicht seine, sondern eines andern frembden Menschen Gestalt, auf eine Zeit sahen. Er gieng einsmahls mitten durch seine Feinde hinweg, also, daß sie nicht merckten, wohin er kam. §. XXVI. Das Opium ist von sonderbahrer Kraft, die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0093" n="95"/> Wölfe, nahmen hernach eine Kräuter-Salbe zu sich, banden einen Riemen aus einer Wolfs-Haut um sich, und meinten ferner, daß sie in Wölfe verwandelt wären, und also Menschen so wohl als auch die <choice><sic>Thüre</sic><corr>Thiere</corr></choice> anfallen müsten. Vor einigen Jahren hatte ein böser Mensch ein gantzes Wolfs-Fell um sich fest gemacht, und die Amts-Schäferey nebst vorhergegangenen Geheule angefallen. Einige Schaafe hatte er getödtet: Die übrigen waren vor Angst und heftiger Drückung grossentheils verdorben. Die Herrn Prediger eines Theils schrieben diesen Zufall dem Satan zu, der sich in Wolfs-Gestalt sehen lassen. Verständige Leute trugen Bedencken, dem Satan solche Gewalt einzuräumen, weil die Verwandelung des Wassers in Wein ein Wunder-Werck ist, wie vielmehr die Verwandelung der Elemente in eine Wolfs-Gestalt. Man pflegt zwar zu sagen, es erscheine die Gestalt eines Wolfes, ob wohl keiner zugegen sey. Aber man beliebe zu erwegen, daß eine solche Rührung der Augen ohne äusserlicher Gestalt eines von den grösten Wunderwercken sey. Dieses siehet man aus den Geschichten der Evangelisten. Christus hielt die Augen der Emauntischen Jünger, daß sie nicht seine, sondern eines andern frembden Menschen Gestalt, auf eine Zeit sahen. Er gieng einsmahls mitten durch seine Feinde hinweg, also, daß sie nicht merckten, wohin er kam.</p> </div> <div n="2"> <head>§. XXVI.</head><lb/> <p>Das <hi rendition="#aq">Opium</hi> ist von sonderbahrer Kraft, die </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [95/0093]
Wölfe, nahmen hernach eine Kräuter-Salbe zu sich, banden einen Riemen aus einer Wolfs-Haut um sich, und meinten ferner, daß sie in Wölfe verwandelt wären, und also Menschen so wohl als auch die Thiere anfallen müsten. Vor einigen Jahren hatte ein böser Mensch ein gantzes Wolfs-Fell um sich fest gemacht, und die Amts-Schäferey nebst vorhergegangenen Geheule angefallen. Einige Schaafe hatte er getödtet: Die übrigen waren vor Angst und heftiger Drückung grossentheils verdorben. Die Herrn Prediger eines Theils schrieben diesen Zufall dem Satan zu, der sich in Wolfs-Gestalt sehen lassen. Verständige Leute trugen Bedencken, dem Satan solche Gewalt einzuräumen, weil die Verwandelung des Wassers in Wein ein Wunder-Werck ist, wie vielmehr die Verwandelung der Elemente in eine Wolfs-Gestalt. Man pflegt zwar zu sagen, es erscheine die Gestalt eines Wolfes, ob wohl keiner zugegen sey. Aber man beliebe zu erwegen, daß eine solche Rührung der Augen ohne äusserlicher Gestalt eines von den grösten Wunderwercken sey. Dieses siehet man aus den Geschichten der Evangelisten. Christus hielt die Augen der Emauntischen Jünger, daß sie nicht seine, sondern eines andern frembden Menschen Gestalt, auf eine Zeit sahen. Er gieng einsmahls mitten durch seine Feinde hinweg, also, daß sie nicht merckten, wohin er kam.
§. XXVI.
Das Opium ist von sonderbahrer Kraft, die
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/harenberg_vampirs_1733 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/harenberg_vampirs_1733/93 |
Zitationshilfe: | Harenberg, Johann Christoph: Vernünftige und Christliche Gedancken Uber die VAMPIRS Oder Bluhtsaugende Todten. Wolfenbüttel, 1733, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harenberg_vampirs_1733/93>, abgerufen am 16.07.2024. |