Harenberg, Johann Christoph: Vernünftige und Christliche Gedancken Uber die VAMPIRS Oder Bluhtsaugende Todten. Wolfenbüttel, 1733.Umständen würcklich sey. Denn a. 1719. bin ich dergestalt von der hypochondrischen Seuche, wegen beständiges Sitzens und genossenes blehenden Biers, angefallen, daß ich nicht recht schlafen können, und doch alzeit müde gewesen, zugleich aber eine so lebhafte Einbildung von den Sachen, so ich dachte, gehabt habe, dergleichen man sonst von gegenwärtigen Dingen bey hellen Lichte zu haben pflegt. Wenn die Bergknappen so sehr an einer verdorbenen Phantasie von göttlichen Dingen Beliebung haben, so ist solches gar nicht zu bewundern. §. XXV. Was soll ich sagen von den Wehr-Wölfen? Die gantze Sache lauft auf eine krancke Einbildung hinaus. Albertus, Hertzog in Preussen, setzte einen Menschen, den die Bauren als einen Wehr-Wolf und Zerreisser der Last-Thiere vors Gerichte brachten, gefangen, und lies durch gescheute Leute Achtung geben, ob er jemahls in einem Wolf verwandelt würde. Der Gefangene läugnete nicht, daß er jährlich um Weyhnachten und um das Johannis-Fest wild würde, mit grossen Schmertzen Wolfs-Haare bekäme, und Lust hätte an der Zerreissung der Menschen und Thiere. Allein ohngeachtet der Gefangene zu besagten Zeiten zu schaudern anfieng, und in der Meynung stund, als ob er in einen Wolf verwandelt würde, so haben dennoch alle Umstehende angemercket, daß dieses lediglich in der Einbildung Umständen würcklich sey. Denn a. 1719. bin ich dergestalt von der hypochondrischen Seuche, wegen beständiges Sitzens und genossenes blehenden Biers, angefallen, daß ich nicht recht schlafen können, und doch alzeit müde gewesen, zugleich aber eine so lebhafte Einbildung von den Sachen, so ich dachte, gehabt habe, dergleichen man sonst von gegenwärtigen Dingen bey hellen Lichte zu haben pflegt. Wenn die Bergknappen so sehr an einer verdorbenen Phantasie von göttlichen Dingen Beliebung haben, so ist solches gar nicht zu bewundern. §. XXV. Was soll ich sagen von den Wehr-Wölfen? Die gantze Sache lauft auf eine krancke Einbildung hinaus. Albertus, Hertzog in Preussen, setzte einen Menschen, den die Bauren als einen Wehr-Wolf und Zerreisser der Last-Thiere vors Gerichte brachten, gefangen, und lies durch gescheute Leute Achtung geben, ob er jemahls in einem Wolf verwandelt würde. Der Gefangene läugnete nicht, daß er jährlich um Weyhnachten und um das Johannis-Fest wild würde, mit grossen Schmertzen Wolfs-Haare bekäme, und Lust hätte an der Zerreissung der Menschen und Thiere. Allein ohngeachtet der Gefangene zu besagten Zeiten zu schaudern anfieng, und in der Meynung stund, als ob er in einen Wolf verwandelt würde, so haben dennoch alle Umstehende angemercket, daß dieses lediglich in der Einbildung <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0091" n="93"/> Umständen würcklich sey. Denn <hi rendition="#aq">a. 1719.</hi> bin ich dergestalt von der <hi rendition="#aq">hypochondri</hi>schen Seuche, wegen beständiges Sitzens und genossenes blehenden Biers, angefallen, daß ich nicht recht schlafen können, und doch alzeit müde gewesen, zugleich aber eine so lebhafte Einbildung von den Sachen, so ich dachte, gehabt habe, dergleichen man sonst von gegenwärtigen Dingen bey hellen Lichte zu haben pflegt. Wenn die Bergknappen so sehr an einer verdorbenen Phantasie von göttlichen Dingen Beliebung haben, so ist solches gar nicht zu bewundern.</p> </div> <div n="2"> <head>§. XXV.</head><lb/> <p>Was soll ich sagen von den Wehr-Wölfen? Die gantze Sache lauft auf eine krancke <choice><sic>Einbil-bildung</sic><corr>Einbildung</corr></choice> hinaus. Albertus, Hertzog in Preussen, setzte einen Menschen, den die Bauren als einen Wehr-Wolf und Zerreisser der Last-Thiere vors Gerichte brachten, gefangen, und lies durch gescheute Leute Achtung geben, ob er jemahls in einem Wolf verwandelt würde. Der Gefangene läugnete nicht, daß er jährlich um Weyhnachten und um das Johannis-Fest wild würde, mit grossen Schmertzen Wolfs-Haare bekäme, und Lust hätte an der Zerreissung der Menschen und Thiere. Allein ohngeachtet der Gefangene zu besagten Zeiten zu schaudern anfieng, und in der Meynung stund, als ob er in einen Wolf verwandelt würde, so haben dennoch alle Umstehende angemercket, daß dieses lediglich in der Einbildung </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [93/0091]
Umständen würcklich sey. Denn a. 1719. bin ich dergestalt von der hypochondrischen Seuche, wegen beständiges Sitzens und genossenes blehenden Biers, angefallen, daß ich nicht recht schlafen können, und doch alzeit müde gewesen, zugleich aber eine so lebhafte Einbildung von den Sachen, so ich dachte, gehabt habe, dergleichen man sonst von gegenwärtigen Dingen bey hellen Lichte zu haben pflegt. Wenn die Bergknappen so sehr an einer verdorbenen Phantasie von göttlichen Dingen Beliebung haben, so ist solches gar nicht zu bewundern.
§. XXV.
Was soll ich sagen von den Wehr-Wölfen? Die gantze Sache lauft auf eine krancke Einbildung hinaus. Albertus, Hertzog in Preussen, setzte einen Menschen, den die Bauren als einen Wehr-Wolf und Zerreisser der Last-Thiere vors Gerichte brachten, gefangen, und lies durch gescheute Leute Achtung geben, ob er jemahls in einem Wolf verwandelt würde. Der Gefangene läugnete nicht, daß er jährlich um Weyhnachten und um das Johannis-Fest wild würde, mit grossen Schmertzen Wolfs-Haare bekäme, und Lust hätte an der Zerreissung der Menschen und Thiere. Allein ohngeachtet der Gefangene zu besagten Zeiten zu schaudern anfieng, und in der Meynung stund, als ob er in einen Wolf verwandelt würde, so haben dennoch alle Umstehende angemercket, daß dieses lediglich in der Einbildung
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Zitationshilfe: | Harenberg, Johann Christoph: Vernünftige und Christliche Gedancken Uber die VAMPIRS Oder Bluhtsaugende Todten. Wolfenbüttel, 1733, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harenberg_vampirs_1733/91>, abgerufen am 16.07.2024. |