Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Frucht. XXIX. B.
gehen, wird gewiß die Fäulniß als ein ohnmächtiges
Wort in der Schöpfung der Thiere erkannt haben. Je-
dermann wird leicht glauben, denn wir sehen es ja bei
den grossen Thieren, daß diejenigen Jnsekten, deren
Brut in einer faulen Materie ihre Narung findet, ein
vortheilhaftes Nest für ihre Jungen suchen, um ihre
Eier daselbst wohl unterzubringen. Man bemerkt übri-
gens dabei, daß aus einerlei faulender Flüßigkeit, we-
der Thierchen von einer einzigen Art erwachsen (s);
noch daß ihre Anzahl mit der Grösse der Fäulniß im
Verhältnisse steht, und sie sind nicht desto zahlreicher,
je weiter sich die Fäulniß ausbreitet: daß auch Thierchen
in Wassern entstehen, welche gar nicht faul sind (u),
und daß es endlich Cörper giebt, welche von keiner
Fäulniß, von keinem Gestanke fruchtbar gemacht wer-
den und Junge bringen, dahin das Blut und die Eier
gehören (x).

§. 13.
Die stükkweise Erzeugung (epigenesis)
Needham.

Dieses wurde fast die allgemeine Erklärung der
Schulen. Jndessen wurde doch zu unsern Zeiten (a),
die bereits verbannte Meynung wieder rege, und es
standen berühmte Männer auf, welche behaupteten, daß
neue Thiere ohne Aeltern aus sich selbst entstünden, und
daß nicht auf einmal alle Eingeweide, alle Theile eines
Thierchen hervorkämen, sondern daß zuerst die edelste
(t)

Theile,
(s) [Spaltenumbruch] JOBLOT T. I. p. 35. P. II.
c.
10.
(u) ibid.
(x) [Spaltenumbruch] Beiderlei.
(a) Diese bestätigt Leo. LEM-
NIUS natur. mirac. L. IV. c.
19.
mit wunderlichen Fabeln.
(t) ibid.

Die Frucht. XXIX. B.
gehen, wird gewiß die Faͤulniß als ein ohnmaͤchtiges
Wort in der Schoͤpfung der Thiere erkannt haben. Je-
dermann wird leicht glauben, denn wir ſehen es ja bei
den groſſen Thieren, daß diejenigen Jnſekten, deren
Brut in einer faulen Materie ihre Narung findet, ein
vortheilhaftes Neſt fuͤr ihre Jungen ſuchen, um ihre
Eier daſelbſt wohl unterzubringen. Man bemerkt uͤbri-
gens dabei, daß aus einerlei faulender Fluͤßigkeit, we-
der Thierchen von einer einzigen Art erwachſen (s);
noch daß ihre Anzahl mit der Groͤſſe der Faͤulniß im
Verhaͤltniſſe ſteht, und ſie ſind nicht deſto zahlreicher,
je weiter ſich die Faͤulniß ausbreitet: daß auch Thierchen
in Waſſern entſtehen, welche gar nicht faul ſind (u),
und daß es endlich Coͤrper giebt, welche von keiner
Faͤulniß, von keinem Geſtanke fruchtbar gemacht wer-
den und Junge bringen, dahin das Blut und die Eier
gehoͤren (x).

§. 13.
Die ſtuͤkkweiſe Erzeugung (epigeneſis)
Needham.

Dieſes wurde faſt die allgemeine Erklaͤrung der
Schulen. Jndeſſen wurde doch zu unſern Zeiten (a),
die bereits verbannte Meynung wieder rege, und es
ſtanden beruͤhmte Maͤnner auf, welche behaupteten, daß
neue Thiere ohne Aeltern aus ſich ſelbſt entſtuͤnden, und
daß nicht auf einmal alle Eingeweide, alle Theile eines
Thierchen hervorkaͤmen, ſondern daß zuerſt die edelſte
(t)

Theile,
(s) [Spaltenumbruch] JOBLOT T. I. p. 35. P. II.
c.
10.
(u) ibid.
(x) [Spaltenumbruch] Beiderlei.
(a) Dieſe beſtaͤtigt Leo. LEM-
NIUS natur. mirac. L. IV. c.
19.
mit wunderlichen Fabeln.
(t) ibid.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0230" n="178"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Die Frucht. <hi rendition="#aq">XXIX.</hi> B.</hi></fw><lb/>
gehen, wird gewiß die Fa&#x0364;ulniß als ein ohnma&#x0364;chtiges<lb/>
Wort in der Scho&#x0364;pfung der Thiere erkannt haben. Je-<lb/>
dermann wird leicht glauben, denn wir &#x017F;ehen es ja bei<lb/>
den gro&#x017F;&#x017F;en Thieren, daß diejenigen Jn&#x017F;ekten, deren<lb/>
Brut in einer faulen Materie ihre Narung findet, ein<lb/>
vortheilhaftes Ne&#x017F;t fu&#x0364;r ihre Jungen &#x017F;uchen, um ihre<lb/>
Eier da&#x017F;elb&#x017F;t wohl unterzubringen. Man bemerkt u&#x0364;bri-<lb/>
gens dabei, daß aus einerlei faulender Flu&#x0364;ßigkeit, we-<lb/>
der Thierchen von einer einzigen Art erwach&#x017F;en <note place="foot" n="(s)"><cb/><hi rendition="#aq">JOBLOT T. I. p. 35. P. II.<lb/>
c.</hi> 10.</note>;<lb/>
noch daß ihre Anzahl mit der Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e der Fa&#x0364;ulniß im<lb/>
Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e &#x017F;teht, und &#x017F;ie &#x017F;ind nicht de&#x017F;to zahlreicher,<lb/>
je weiter &#x017F;ich die Fa&#x0364;ulniß ausbreitet: daß auch Thierchen<lb/>
in Wa&#x017F;&#x017F;ern ent&#x017F;tehen, welche gar nicht faul &#x017F;ind <note place="foot" n="(u)"><hi rendition="#aq">ibid.</hi></note>,<lb/>
und daß es endlich Co&#x0364;rper giebt, welche von keiner<lb/>
Fa&#x0364;ulniß, von keinem Ge&#x017F;tanke fruchtbar gemacht wer-<lb/>
den und Junge bringen, dahin das Blut und die Eier<lb/>
geho&#x0364;ren <note place="foot" n="(x)"><cb/>
Beiderlei.</note>.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 13.<lb/><hi rendition="#b">Die &#x017F;tu&#x0364;kkwei&#x017F;e Erzeugung (<hi rendition="#aq">epigene&#x017F;is</hi>)<lb/>
Needham.</hi></head><lb/>
              <p>Die&#x017F;es wurde fa&#x017F;t die allgemeine Erkla&#x0364;rung der<lb/>
Schulen. Jnde&#x017F;&#x017F;en wurde doch zu un&#x017F;ern Zeiten <note place="foot" n="(a)">Die&#x017F;e be&#x017F;ta&#x0364;tigt <hi rendition="#aq">Leo. LEM-<lb/>
NIUS natur. mirac. L. IV. c.</hi> 19.<lb/>
mit wunderlichen Fabeln.</note>,<lb/>
die bereits verbannte Meynung wieder rege, und es<lb/>
&#x017F;tanden beru&#x0364;hmte Ma&#x0364;nner auf, welche behaupteten, daß<lb/>
neue Thiere ohne Aeltern aus &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t ent&#x017F;tu&#x0364;nden, und<lb/>
daß nicht auf einmal alle Eingeweide, alle Theile eines<lb/>
Thierchen hervorka&#x0364;men, &#x017F;ondern daß zuer&#x017F;t die edel&#x017F;te<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Theile,</fw><lb/><note place="foot" n="(t)"><hi rendition="#aq">ibid.</hi></note><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[178/0230] Die Frucht. XXIX. B. gehen, wird gewiß die Faͤulniß als ein ohnmaͤchtiges Wort in der Schoͤpfung der Thiere erkannt haben. Je- dermann wird leicht glauben, denn wir ſehen es ja bei den groſſen Thieren, daß diejenigen Jnſekten, deren Brut in einer faulen Materie ihre Narung findet, ein vortheilhaftes Neſt fuͤr ihre Jungen ſuchen, um ihre Eier daſelbſt wohl unterzubringen. Man bemerkt uͤbri- gens dabei, daß aus einerlei faulender Fluͤßigkeit, we- der Thierchen von einer einzigen Art erwachſen (s); noch daß ihre Anzahl mit der Groͤſſe der Faͤulniß im Verhaͤltniſſe ſteht, und ſie ſind nicht deſto zahlreicher, je weiter ſich die Faͤulniß ausbreitet: daß auch Thierchen in Waſſern entſtehen, welche gar nicht faul ſind (u), und daß es endlich Coͤrper giebt, welche von keiner Faͤulniß, von keinem Geſtanke fruchtbar gemacht wer- den und Junge bringen, dahin das Blut und die Eier gehoͤren (x). §. 13. Die ſtuͤkkweiſe Erzeugung (epigeneſis) Needham. Dieſes wurde faſt die allgemeine Erklaͤrung der Schulen. Jndeſſen wurde doch zu unſern Zeiten (a), die bereits verbannte Meynung wieder rege, und es ſtanden beruͤhmte Maͤnner auf, welche behaupteten, daß neue Thiere ohne Aeltern aus ſich ſelbſt entſtuͤnden, und daß nicht auf einmal alle Eingeweide, alle Theile eines Thierchen hervorkaͤmen, ſondern daß zuerſt die edelſte Theile, (t) (s) JOBLOT T. I. p. 35. P. II. c. 10. (u) ibid. (x) Beiderlei. (a) Dieſe beſtaͤtigt Leo. LEM- NIUS natur. mirac. L. IV. c. 19. mit wunderlichen Fabeln. (t) ibid.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/230
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/230>, abgerufen am 21.12.2024.