langes Verweilen eine Schärfe angenommen, dem Ma- gen den Appetit benemen könne, so wie derselbe augen- scheinlich von allen faulen Säften zerstört wird. Viel- leicht nimmt daher der Appetit einige Stunden nach der Malzeit ab, wenn man ohne Speise geblieben, indessen daß man eine Bitterkeit im Munde verspürt (k).
Diejenigen, welche die Ueberbleibsel der Speise (k) für das Ferment, und die Ursache des Hungers gehalten haben, scheinen vergessen zu haben, daß nur ein leerer Magen den Hunger hervorbringt (l).
Andre hat die Hipotese bewegt, zu behaupten, der Hunger sei ein Ruf, eine Arbeit der Seele, und es finde dabei nichts mechanisches statt (m).
§. 13. Was den Hunger stillet.
Der Hunger ist die Absicht der Natur, um den Men- schen dadurch zur Speife zu nötigen; und dessen zu frü- hem Verderben vorzubauen; und die Speise, welche man zu sich nimmt, thut beiden Absichten auch ein Ge- nüge, indem sie dem Geblüte einen zarten, säuerlichen Chilus, der von faulenden Stoffen frei ist, und das Blut in einem mittlern Zustand (a) zwischen dem sauren und harnhaften Wesen versezzt, beimischet. Sie verdünnt das Blut; und bringt in dessen Masse ein Oel, einen Gallert, und die ohnentberliche Salze, nämlich eine Ma- terie zu allen festen und flüßigen Theilen, welche eine Er- sezzung bedürfen.
Wie aber die Speise die Notwendigkeit des Hun- gers hebt, so hebt sie auch den Hunger selbst. Es ver-
mindert
(k)[Spaltenumbruch]WILLIS ferm. p. 25. VER- HEYEN L. II. p. 257. 258. BAR- THOLIN. p. 79. GLISSON p. 325. W. SENGNERD philos. natur.
(l)[Spaltenumbruch]Add. GORTER l. c. p. 11.
(m)NENTER physiol. p. 190.
(a)HALES haemastat. p. 218.
Der Magen. XIX. Buch.
langes Verweilen eine Schaͤrfe angenommen, dem Ma- gen den Appetit benemen koͤnne, ſo wie derſelbe augen- ſcheinlich von allen faulen Saͤften zerſtoͤrt wird. Viel- leicht nimmt daher der Appetit einige Stunden nach der Malzeit ab, wenn man ohne Speiſe geblieben, indeſſen daß man eine Bitterkeit im Munde verſpuͤrt (k).
Diejenigen, welche die Ueberbleibſel der Speiſe (k) fuͤr das Ferment, und die Urſache des Hungers gehalten haben, ſcheinen vergeſſen zu haben, daß nur ein leerer Magen den Hunger hervorbringt (l).
Andre hat die Hipoteſe bewegt, zu behaupten, der Hunger ſei ein Ruf, eine Arbeit der Seele, und es finde dabei nichts mechaniſches ſtatt (m).
§. 13. Was den Hunger ſtillet.
Der Hunger iſt die Abſicht der Natur, um den Men- ſchen dadurch zur Speife zu noͤtigen; und deſſen zu fruͤ- hem Verderben vorzubauen; und die Speiſe, welche man zu ſich nimmt, thut beiden Abſichten auch ein Ge- nuͤge, indem ſie dem Gebluͤte einen zarten, ſaͤuerlichen Chilus, der von faulenden Stoffen frei iſt, und das Blut in einem mittlern Zuſtand (a) zwiſchen dem ſauren und harnhaften Weſen verſezzt, beimiſchet. Sie verduͤnnt das Blut; und bringt in deſſen Maſſe ein Oel, einen Gallert, und die ohnentberliche Salze, naͤmlich eine Ma- terie zu allen feſten und fluͤßigen Theilen, welche eine Er- ſezzung beduͤrfen.
Wie aber die Speiſe die Notwendigkeit des Hun- gers hebt, ſo hebt ſie auch den Hunger ſelbſt. Es ver-
mindert
(k)[Spaltenumbruch]WILLIS ferm. p. 25. VER- HEYEN L. II. p. 257. 258. BAR- THOLIN. p. 79. GLISSON p. 325. W. SENGNERD philoſ. natur.
(l)[Spaltenumbruch]Add. GORTER l. c. p. 11.
(m)NENTER phyſiol. p. 190.
(a)HALES haemaſtat. p. 218.
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[266[282]/0302]
Der Magen. XIX. Buch.
langes Verweilen eine Schaͤrfe angenommen, dem Ma-
gen den Appetit benemen koͤnne, ſo wie derſelbe augen-
ſcheinlich von allen faulen Saͤften zerſtoͤrt wird. Viel-
leicht nimmt daher der Appetit einige Stunden nach der
Malzeit ab, wenn man ohne Speiſe geblieben, indeſſen
daß man eine Bitterkeit im Munde verſpuͤrt (k).
Diejenigen, welche die Ueberbleibſel der Speiſe (k)
fuͤr das Ferment, und die Urſache des Hungers gehalten
haben, ſcheinen vergeſſen zu haben, daß nur ein leerer
Magen den Hunger hervorbringt (l).
Andre hat die Hipoteſe bewegt, zu behaupten, der
Hunger ſei ein Ruf, eine Arbeit der Seele, und es finde
dabei nichts mechaniſches ſtatt (m).
§. 13.
Was den Hunger ſtillet.
Der Hunger iſt die Abſicht der Natur, um den Men-
ſchen dadurch zur Speife zu noͤtigen; und deſſen zu fruͤ-
hem Verderben vorzubauen; und die Speiſe, welche
man zu ſich nimmt, thut beiden Abſichten auch ein Ge-
nuͤge, indem ſie dem Gebluͤte einen zarten, ſaͤuerlichen
Chilus, der von faulenden Stoffen frei iſt, und das Blut
in einem mittlern Zuſtand (a) zwiſchen dem ſauren und
harnhaften Weſen verſezzt, beimiſchet. Sie verduͤnnt
das Blut; und bringt in deſſen Maſſe ein Oel, einen
Gallert, und die ohnentberliche Salze, naͤmlich eine Ma-
terie zu allen feſten und fluͤßigen Theilen, welche eine Er-
ſezzung beduͤrfen.
Wie aber die Speiſe die Notwendigkeit des Hun-
gers hebt, ſo hebt ſie auch den Hunger ſelbſt. Es ver-
mindert
(k)
WILLIS ferm. p. 25. VER-
HEYEN L. II. p. 257. 258. BAR-
THOLIN. p. 79. GLISSON p. 325.
W. SENGNERD philoſ. natur.
(l)
Add. GORTER l. c. p. 11.
(m) NENTER phyſiol. p. 190.
(a) HALES haemaſtat. p. 218.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 6. Berlin, 1774, S. 266[282]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende06_1774/302>, abgerufen am 30.12.2024.
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