Die übrige Wirkungen erkläre ich mehr durch die Eröffnung des Mundes, als durch eine Veränderung im Atemholen (t). Daß ein gähnender einen andern ebenfalls zu gähnen veranlasset, erkläre ich dadurch, daß beide eine gemeinschaftliche Notwendigkeit, die von ei- nerlei Ursachen herrührt, zu gähnen empfinden, dessen Andenken und gegenwärtige Notwendigkeit, das vorhan- dene lebendige Beispiel im Gemüthe erneuret.
Es hebt ein langes Einatmen das Gähnen auf (u), weil der neue Atemzug die Lunge, in so weit es hinläng- lich ist, in Freiheit sezzt.
Kinder gähnen häufiger, weil sie sich mehr, als er- wachsne, nach dem Schlafe sehnen, da ihr Herz, in gegebener Zeit viel mehr Schläge verrichtet, und sie ge- meiniglich den ganzen Körper öfters, und mit grösserer Er- mattung bewegen (x).
Wer da gähnt, kann nicht wohl hören (y), weil sie, mittelst des grossen Einatmens, eine Menge Luft in sich ziehen, welche in die Ohrtrompete am Schlaf- beine tritt, und derjenigen Luft Wiederstand thut, die durch den Gehörgang zur Trommelhaut kömmt, so daß diese Haut also ihre klingende Schwingungen nicht gehö- rig verrichten kan (z).
§. 32. Das Saugen.
Das Saugen ist ebenfalls eine Art des Einatmens, ob es gleich eine andre Absicht hat. Der da saugen will,
füllt
(t)[Spaltenumbruch]
Das Auswerfen eines dikkern Schleims aus den Halsmandeln, walther. S. 19. und die Eusta- chius Röhre öffne sich. Ebend. S. 18.
(u)HIPPOCRATES. Epid. L. VI. S. 2. und L. II. S. 3. befiehlt das Atmen aufzubalten, GALEN [Spaltenumbruch]
de diffic. respir. L. III.
(x) Daß sie wegen der biegsamen Brust mehr gähnen. schreieer almagest. S. 368.
(y)CASSIVS problem. 20.
(z)J. R. M. n. 554. und Comm. zu dieser Nummer.
Das Atemholen. VIII. Buch.
Die uͤbrige Wirkungen erklaͤre ich mehr durch die Eroͤffnung des Mundes, als durch eine Veraͤnderung im Atemholen (t). Daß ein gaͤhnender einen andern ebenfalls zu gaͤhnen veranlaſſet, erklaͤre ich dadurch, daß beide eine gemeinſchaftliche Notwendigkeit, die von ei- nerlei Urſachen herruͤhrt, zu gaͤhnen empfinden, deſſen Andenken und gegenwaͤrtige Notwendigkeit, das vorhan- dene lebendige Beiſpiel im Gemuͤthe erneuret.
Es hebt ein langes Einatmen das Gaͤhnen auf (u), weil der neue Atemzug die Lunge, in ſo weit es hinlaͤng- lich iſt, in Freiheit ſezzt.
Kinder gaͤhnen haͤufiger, weil ſie ſich mehr, als er- wachſne, nach dem Schlafe ſehnen, da ihr Herz, in gegebener Zeit viel mehr Schlaͤge verrichtet, und ſie ge- meiniglich den ganzen Koͤrper oͤfters, und mit groͤſſerer Er- mattung bewegen (x).
Wer da gaͤhnt, kann nicht wohl hoͤren (y), weil ſie, mittelſt des groſſen Einatmens, eine Menge Luft in ſich ziehen, welche in die Ohrtrompete am Schlaf- beine tritt, und derjenigen Luft Wiederſtand thut, die durch den Gehoͤrgang zur Trommelhaut koͤmmt, ſo daß dieſe Haut alſo ihre klingende Schwingungen nicht gehoͤ- rig verrichten kan (z).
§. 32. Das Saugen.
Das Saugen iſt ebenfalls eine Art des Einatmens, ob es gleich eine andre Abſicht hat. Der da ſaugen will,
fuͤllt
(t)[Spaltenumbruch]
Das Auswerfen eines dikkern Schleims aus den Halsmandeln, walther. S. 19. und die Euſta- chius Roͤhre oͤffne ſich. Ebend. S. 18.
(u)HIPPOCRATES. Epid. L. VI. S. 2. und L. II. S. 3. befiehlt das Atmen aufzubalten, GALEN [Spaltenumbruch]
de diffic. reſpir. L. III.
(x) Daß ſie wegen der biegſamen Bruſt mehr gaͤhnen. ſchreieer almageſt. S. 368.
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(z)J. R. M. n. 554. und Comm. zu dieſer Nummer.
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Das Atemholen. VIII. Buch.
Die uͤbrige Wirkungen erklaͤre ich mehr durch die
Eroͤffnung des Mundes, als durch eine Veraͤnderung
im Atemholen (t). Daß ein gaͤhnender einen andern
ebenfalls zu gaͤhnen veranlaſſet, erklaͤre ich dadurch, daß
beide eine gemeinſchaftliche Notwendigkeit, die von ei-
nerlei Urſachen herruͤhrt, zu gaͤhnen empfinden, deſſen
Andenken und gegenwaͤrtige Notwendigkeit, das vorhan-
dene lebendige Beiſpiel im Gemuͤthe erneuret.
Es hebt ein langes Einatmen das Gaͤhnen auf (u),
weil der neue Atemzug die Lunge, in ſo weit es hinlaͤng-
lich iſt, in Freiheit ſezzt.
Kinder gaͤhnen haͤufiger, weil ſie ſich mehr, als er-
wachſne, nach dem Schlafe ſehnen, da ihr Herz, in
gegebener Zeit viel mehr Schlaͤge verrichtet, und ſie ge-
meiniglich den ganzen Koͤrper oͤfters, und mit groͤſſerer Er-
mattung bewegen (x).
Wer da gaͤhnt, kann nicht wohl hoͤren (y), weil
ſie, mittelſt des groſſen Einatmens, eine Menge Luft
in ſich ziehen, welche in die Ohrtrompete am Schlaf-
beine tritt, und derjenigen Luft Wiederſtand thut, die
durch den Gehoͤrgang zur Trommelhaut koͤmmt, ſo daß
dieſe Haut alſo ihre klingende Schwingungen nicht gehoͤ-
rig verrichten kan (z).
§. 32.
Das Saugen.
Das Saugen iſt ebenfalls eine Art des Einatmens,
ob es gleich eine andre Abſicht hat. Der da ſaugen will,
fuͤllt
(t)
Das Auswerfen eines dikkern
Schleims aus den Halsmandeln,
walther. S. 19. und die Euſta-
chius Roͤhre oͤffne ſich. Ebend. S. 18.
(u) HIPPOCRATES. Epid.
L. VI. S. 2. und L. II. S. 3. befiehlt
das Atmen aufzubalten, GALEN
de diffic. reſpir. L. III.
(x) Daß ſie wegen der biegſamen
Bruſt mehr gaͤhnen. ſchreieer
almageſt. S. 368.
(y) CASSIVS problem. 20.
(z) J. R. M. n. 554. und Comm.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766, S. 462. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766/468>, abgerufen am 21.12.2024.
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