Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762.

Bild:
<< vorherige Seite

Siebendes Buch. Die Ursachen
Schlünde zu enge sind, zurükke; sie stossen öfters, indem
sie sich von der Gewalt des Reizes zusammenziehen, die
scharfen Körper in ihr Behältnis zurükke, so wie es we-
nigstens das Ansehn hat, daß die Galle von den Mün-
dungen der Milchgefässe mit Ekel zurükke gewiesen wird.
Solchergestalt bleibt vom Fette, bei welchem sich, wenn
sich solches erst vor kurzem in die Fettfächer ergossen,
eine Menge Wasser befindet, nachdem in diesem Exem-
pel die Flieswassergefässe das häufige Wasser davon ab-
gezapft, allerdings eine viel reinere und brennbare Ma-
terie übrig. Was die Galle betrift, so erschöpfet sich
eben so wol die dünne Flüßigkeit, und es ist der über-
bleibende Theil zäher, an Geschmakke bittrer, oder eine
wirkliche Galle. Dieses hat auch in dem Gelenksafte
und im ganzen thierischen Körper statt, und es nehmen
alle Säfte ihre wesentliche und reine Natur an sich,
sobald das überflüßige Wasser, welches zur Karakterisi-
rung nichts taugt, oder das allen Säften gemeine
Wasser Abschied genommen.

§. 19.
Die Zusammenmischung der ungleicharti-
gen Säfte.

Wie es aber zur Vollkommenheit einiger Säfte er-
fordert wird, daß sie rein sind, und blos aus Theilchen
von einerlei und eben derselben Art bestehen, so verlangt
dagegen die Natur andrer Säfte, daß sie aus verschied-
nen Säften zusammengesezzt seyn müssen. Es kann
aber diese Mischung der Grundstoffe auf keinerlei Weise
bequemer erreicht werden, als durch den Saftbehälter,
in welchen sich verschiedne Durchseiher des Auswurfes
öffnen, durch die zugleich Säfte von ungleichen Arten
ausgeschüttet werden. Denn indem diese Säfte in dem
Bläschen angehalten werden, so digerirt sie die Wärme

eines

Siebendes Buch. Die Urſachen
Schluͤnde zu enge ſind, zuruͤkke; ſie ſtoſſen oͤfters, indem
ſie ſich von der Gewalt des Reizes zuſammenziehen, die
ſcharfen Koͤrper in ihr Behaͤltnis zuruͤkke, ſo wie es we-
nigſtens das Anſehn hat, daß die Galle von den Muͤn-
dungen der Milchgefaͤſſe mit Ekel zuruͤkke gewieſen wird.
Solchergeſtalt bleibt vom Fette, bei welchem ſich, wenn
ſich ſolches erſt vor kurzem in die Fettfaͤcher ergoſſen,
eine Menge Waſſer befindet, nachdem in dieſem Exem-
pel die Flieswaſſergefaͤſſe das haͤufige Waſſer davon ab-
gezapft, allerdings eine viel reinere und brennbare Ma-
terie uͤbrig. Was die Galle betrift, ſo erſchoͤpfet ſich
eben ſo wol die duͤnne Fluͤßigkeit, und es iſt der uͤber-
bleibende Theil zaͤher, an Geſchmakke bittrer, oder eine
wirkliche Galle. Dieſes hat auch in dem Gelenkſafte
und im ganzen thieriſchen Koͤrper ſtatt, und es nehmen
alle Saͤfte ihre weſentliche und reine Natur an ſich,
ſobald das uͤberfluͤßige Waſſer, welches zur Karakteriſi-
rung nichts taugt, oder das allen Saͤften gemeine
Waſſer Abſchied genommen.

§. 19.
Die Zuſammenmiſchung der ungleicharti-
gen Saͤfte.

Wie es aber zur Vollkommenheit einiger Saͤfte er-
fordert wird, daß ſie rein ſind, und blos aus Theilchen
von einerlei und eben derſelben Art beſtehen, ſo verlangt
dagegen die Natur andrer Saͤfte, daß ſie aus verſchied-
nen Saͤften zuſammengeſezzt ſeyn muͤſſen. Es kann
aber dieſe Miſchung der Grundſtoffe auf keinerlei Weiſe
bequemer erreicht werden, als durch den Saftbehaͤlter,
in welchen ſich verſchiedne Durchſeiher des Auswurfes
oͤffnen, durch die zugleich Saͤfte von ungleichen Arten
ausgeſchuͤttet werden. Denn indem dieſe Saͤfte in dem
Blaͤschen angehalten werden, ſo digerirt ſie die Waͤrme

eines
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0758" n="738"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Siebendes Buch. Die Ur&#x017F;achen</hi></fw><lb/>
Schlu&#x0364;nde zu enge &#x017F;ind, zuru&#x0364;kke; &#x017F;ie &#x017F;to&#x017F;&#x017F;en o&#x0364;fters, indem<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;ich von der Gewalt des Reizes zu&#x017F;ammenziehen, die<lb/>
&#x017F;charfen Ko&#x0364;rper in ihr Beha&#x0364;ltnis zuru&#x0364;kke, &#x017F;o wie es we-<lb/>
nig&#x017F;tens das An&#x017F;ehn hat, daß die Galle von den Mu&#x0364;n-<lb/>
dungen der Milchgefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;e mit Ekel zuru&#x0364;kke gewie&#x017F;en wird.<lb/>
Solcherge&#x017F;talt bleibt vom Fette, bei welchem &#x017F;ich, wenn<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;olches er&#x017F;t vor kurzem in die Fettfa&#x0364;cher ergo&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
eine Menge Wa&#x017F;&#x017F;er befindet, nachdem in die&#x017F;em Exem-<lb/>
pel die Flieswa&#x017F;&#x017F;ergefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;e das ha&#x0364;ufige Wa&#x017F;&#x017F;er davon ab-<lb/>
gezapft, allerdings eine viel reinere und brennbare Ma-<lb/>
terie u&#x0364;brig. Was die Galle betrift, &#x017F;o er&#x017F;cho&#x0364;pfet &#x017F;ich<lb/>
eben &#x017F;o wol die du&#x0364;nne Flu&#x0364;ßigkeit, und es i&#x017F;t der u&#x0364;ber-<lb/>
bleibende Theil za&#x0364;her, an Ge&#x017F;chmakke bittrer, oder eine<lb/>
wirkliche Galle. Die&#x017F;es hat auch in dem Gelenk&#x017F;afte<lb/>
und im ganzen thieri&#x017F;chen Ko&#x0364;rper &#x017F;tatt, und es nehmen<lb/>
alle Sa&#x0364;fte ihre we&#x017F;entliche und reine Natur an &#x017F;ich,<lb/>
&#x017F;obald das u&#x0364;berflu&#x0364;ßige Wa&#x017F;&#x017F;er, welches zur Karakteri&#x017F;i-<lb/>
rung nichts taugt, oder das allen Sa&#x0364;ften gemeine<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er Ab&#x017F;chied genommen.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 19.<lb/>
Die Zu&#x017F;ammenmi&#x017F;chung der ungleicharti-<lb/>
gen Sa&#x0364;fte.</head><lb/>
            <p>Wie es aber zur Vollkommenheit einiger Sa&#x0364;fte er-<lb/>
fordert wird, daß &#x017F;ie rein &#x017F;ind, und blos aus Theilchen<lb/>
von einerlei und eben der&#x017F;elben Art be&#x017F;tehen, &#x017F;o verlangt<lb/>
dagegen die Natur andrer Sa&#x0364;fte, daß &#x017F;ie aus ver&#x017F;chied-<lb/>
nen Sa&#x0364;ften zu&#x017F;ammenge&#x017F;ezzt &#x017F;eyn mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Es kann<lb/>
aber die&#x017F;e Mi&#x017F;chung der Grund&#x017F;toffe auf keinerlei Wei&#x017F;e<lb/>
bequemer erreicht werden, als durch den Saftbeha&#x0364;lter,<lb/>
in welchen &#x017F;ich ver&#x017F;chiedne Durch&#x017F;eiher des Auswurfes<lb/>
o&#x0364;ffnen, durch die zugleich Sa&#x0364;fte von ungleichen Arten<lb/>
ausge&#x017F;chu&#x0364;ttet werden. Denn indem die&#x017F;e Sa&#x0364;fte in dem<lb/>
Bla&#x0364;schen angehalten werden, &#x017F;o digerirt &#x017F;ie die Wa&#x0364;rme<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">eines</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[738/0758] Siebendes Buch. Die Urſachen Schluͤnde zu enge ſind, zuruͤkke; ſie ſtoſſen oͤfters, indem ſie ſich von der Gewalt des Reizes zuſammenziehen, die ſcharfen Koͤrper in ihr Behaͤltnis zuruͤkke, ſo wie es we- nigſtens das Anſehn hat, daß die Galle von den Muͤn- dungen der Milchgefaͤſſe mit Ekel zuruͤkke gewieſen wird. Solchergeſtalt bleibt vom Fette, bei welchem ſich, wenn ſich ſolches erſt vor kurzem in die Fettfaͤcher ergoſſen, eine Menge Waſſer befindet, nachdem in dieſem Exem- pel die Flieswaſſergefaͤſſe das haͤufige Waſſer davon ab- gezapft, allerdings eine viel reinere und brennbare Ma- terie uͤbrig. Was die Galle betrift, ſo erſchoͤpfet ſich eben ſo wol die duͤnne Fluͤßigkeit, und es iſt der uͤber- bleibende Theil zaͤher, an Geſchmakke bittrer, oder eine wirkliche Galle. Dieſes hat auch in dem Gelenkſafte und im ganzen thieriſchen Koͤrper ſtatt, und es nehmen alle Saͤfte ihre weſentliche und reine Natur an ſich, ſobald das uͤberfluͤßige Waſſer, welches zur Karakteriſi- rung nichts taugt, oder das allen Saͤften gemeine Waſſer Abſchied genommen. §. 19. Die Zuſammenmiſchung der ungleicharti- gen Saͤfte. Wie es aber zur Vollkommenheit einiger Saͤfte er- fordert wird, daß ſie rein ſind, und blos aus Theilchen von einerlei und eben derſelben Art beſtehen, ſo verlangt dagegen die Natur andrer Saͤfte, daß ſie aus verſchied- nen Saͤften zuſammengeſezzt ſeyn muͤſſen. Es kann aber dieſe Miſchung der Grundſtoffe auf keinerlei Weiſe bequemer erreicht werden, als durch den Saftbehaͤlter, in welchen ſich verſchiedne Durchſeiher des Auswurfes oͤffnen, durch die zugleich Saͤfte von ungleichen Arten ausgeſchuͤttet werden. Denn indem dieſe Saͤfte in dem Blaͤschen angehalten werden, ſo digerirt ſie die Waͤrme eines

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/758
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 738. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/758>, abgerufen am 21.12.2024.