Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762.

Bild:
<< vorherige Seite

des Blutes in den Blutadern.
einer gleichmäßigen Biegsamkeit verbunden seyn, damit
die Blutadern recht weit ausgedehnt werden können, der
Breite nach, weil das Blut notwendig, in den verschied-
nen Lebensumständen, in dieser Gegend vor dem Eingange
ins Herz und in die Lunge angehalten werden mus, wie
bei allen Bemühungen im Laufen und in angestrengten
Arbeiten geschicht. Aus der Ursache sind in Thieren,
die zu Wasser und Lande leben können, die Blutadern
ungemein weit (a); da diese Thiere lange Zeit ohne Atem-
holen zubringen müssen. Wie nun aber die Gewalt des
Schlagaderblutes grösser, als des Blutaderhaften ist,
so ist auch der Wiederstand der Blutadermembranen ge-
ringer, als der Wiederstand der Schlagaderhäute.
Wenn also eine Lanzette beim Aderlassen durch die Blut-
ader bis in die Schlagader des Arms durchgedrungen,
und dadurch dem Schlagaderblute der Weg in die Blut-
ader hinein gebahnt worden, so hat man selbige an der
Stelle ungemein erweitert gefunden (b).

§. 3.
Woher es komme, daß Blutadern keine
Schläge thun.

Wofern das Blut in den Blutadern eben so, wie in
den Schlagadern, gegen die Aderwände drükkt, so kann
man die Frage aufwerfen, warum Blutadern auch nicht
eben so gut wechselweise pulsiren, und in gewissen abge-
meßnen Tempos entweder erweitert aufhüpfen, oder zu-
sammengezogen niedersinken. Denn es ist der oben be-
schriebne Pulsschlag (c) kein wirklicher Pulsschlag gewe-
sen, und es kann hieher weder das Klopfen der Hol-
adern (d), noch der Lungenblutadern (e), noch einige we-
nige andre Beispiele, ihre Bestätigung und Rechnung

fin-
(a) [Spaltenumbruch] Schelhammer am Meer-
kalbe beim Valentin.
(b) Obs. of a Societ. at London.
T. I.
S. 340.
(c) [Spaltenumbruch] 6. Buch. 4. Abschn. §. 9.
(d) 4. Buch.
(e) Ebendas.

des Blutes in den Blutadern.
einer gleichmaͤßigen Biegſamkeit verbunden ſeyn, damit
die Blutadern recht weit ausgedehnt werden koͤnnen, der
Breite nach, weil das Blut notwendig, in den verſchied-
nen Lebensumſtaͤnden, in dieſer Gegend vor dem Eingange
ins Herz und in die Lunge angehalten werden mus, wie
bei allen Bemuͤhungen im Laufen und in angeſtrengten
Arbeiten geſchicht. Aus der Urſache ſind in Thieren,
die zu Waſſer und Lande leben koͤnnen, die Blutadern
ungemein weit (a); da dieſe Thiere lange Zeit ohne Atem-
holen zubringen muͤſſen. Wie nun aber die Gewalt des
Schlagaderblutes groͤſſer, als des Blutaderhaften iſt,
ſo iſt auch der Wiederſtand der Blutadermembranen ge-
ringer, als der Wiederſtand der Schlagaderhaͤute.
Wenn alſo eine Lanzette beim Aderlaſſen durch die Blut-
ader bis in die Schlagader des Arms durchgedrungen,
und dadurch dem Schlagaderblute der Weg in die Blut-
ader hinein gebahnt worden, ſo hat man ſelbige an der
Stelle ungemein erweitert gefunden (b).

§. 3.
Woher es komme, daß Blutadern keine
Schlaͤge thun.

Wofern das Blut in den Blutadern eben ſo, wie in
den Schlagadern, gegen die Aderwaͤnde druͤkkt, ſo kann
man die Frage aufwerfen, warum Blutadern auch nicht
eben ſo gut wechſelweiſe pulſiren, und in gewiſſen abge-
meßnen Tempos entweder erweitert aufhuͤpfen, oder zu-
ſammengezogen niederſinken. Denn es iſt der oben be-
ſchriebne Pulsſchlag (c) kein wirklicher Pulsſchlag gewe-
ſen, und es kann hieher weder das Klopfen der Hol-
adern (d), noch der Lungenblutadern (e), noch einige we-
nige andre Beiſpiele, ihre Beſtaͤtigung und Rechnung

fin-
(a) [Spaltenumbruch] Schelhammer am Meer-
kalbe beim Valentin.
(b) Obſ. of a Societ. at London.
T. I.
S. 340.
(c) [Spaltenumbruch] 6. Buch. 4. Abſchn. §. 9.
(d) 4. Buch.
(e) Ebendaſ.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0591" n="571"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">des Blutes in den Blutadern.</hi></fw><lb/>
einer gleichma&#x0364;ßigen Bieg&#x017F;amkeit verbunden &#x017F;eyn, damit<lb/>
die Blutadern recht weit ausgedehnt werden ko&#x0364;nnen, der<lb/>
Breite nach, weil das Blut notwendig, in den ver&#x017F;chied-<lb/>
nen Lebensum&#x017F;ta&#x0364;nden, in die&#x017F;er Gegend vor dem Eingange<lb/>
ins Herz und in die Lunge angehalten werden mus, wie<lb/>
bei allen Bemu&#x0364;hungen im Laufen und in ange&#x017F;trengten<lb/>
Arbeiten ge&#x017F;chicht. Aus der Ur&#x017F;ache &#x017F;ind in Thieren,<lb/>
die zu Wa&#x017F;&#x017F;er und Lande leben ko&#x0364;nnen, die Blutadern<lb/>
ungemein weit <note place="foot" n="(a)"><cb/><hi rendition="#fr">Schelhammer</hi> am Meer-<lb/>
kalbe beim <hi rendition="#fr">Valentin.</hi></note>; da die&#x017F;e Thiere lange Zeit ohne Atem-<lb/>
holen zubringen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Wie nun aber die Gewalt des<lb/>
Schlagaderblutes gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er, als des Blutaderhaften i&#x017F;t,<lb/>
&#x017F;o i&#x017F;t auch der Wieder&#x017F;tand der Blutadermembranen ge-<lb/>
ringer, als der Wieder&#x017F;tand der Schlagaderha&#x0364;ute.<lb/>
Wenn al&#x017F;o eine Lanzette beim Aderla&#x017F;&#x017F;en durch die Blut-<lb/>
ader bis in die Schlagader des Arms durchgedrungen,<lb/>
und dadurch dem Schlagaderblute der Weg in die Blut-<lb/>
ader hinein gebahnt worden, &#x017F;o hat man &#x017F;elbige an der<lb/>
Stelle ungemein erweitert gefunden <note place="foot" n="(b)"><hi rendition="#aq">Ob&#x017F;. of a Societ. at London.<lb/>
T. I.</hi> S. 340.</note>.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 3.<lb/>
Woher es komme, daß Blutadern keine<lb/>
Schla&#x0364;ge thun.</head><lb/>
            <p>Wofern das Blut in den Blutadern eben &#x017F;o, wie in<lb/>
den Schlagadern, gegen die Aderwa&#x0364;nde dru&#x0364;kkt, &#x017F;o kann<lb/>
man die Frage aufwerfen, warum Blutadern auch nicht<lb/>
eben &#x017F;o gut wech&#x017F;elwei&#x017F;e pul&#x017F;iren, und in gewi&#x017F;&#x017F;en abge-<lb/>
meßnen Tempos entweder erweitert aufhu&#x0364;pfen, oder zu-<lb/>
&#x017F;ammengezogen nieder&#x017F;inken. Denn es i&#x017F;t der oben be-<lb/>
&#x017F;chriebne Puls&#x017F;chlag <note place="foot" n="(c)"><cb/>
6. Buch. 4. Ab&#x017F;chn. §. 9.</note> kein wirklicher Puls&#x017F;chlag gewe-<lb/>
&#x017F;en, und es kann hieher weder das Klopfen der Hol-<lb/>
adern <note place="foot" n="(d)">4. Buch.</note>, noch der Lungenblutadern <note place="foot" n="(e)">Ebenda&#x017F;.</note>, noch einige we-<lb/>
nige andre Bei&#x017F;piele, ihre Be&#x017F;ta&#x0364;tigung und Rechnung<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">fin-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[571/0591] des Blutes in den Blutadern. einer gleichmaͤßigen Biegſamkeit verbunden ſeyn, damit die Blutadern recht weit ausgedehnt werden koͤnnen, der Breite nach, weil das Blut notwendig, in den verſchied- nen Lebensumſtaͤnden, in dieſer Gegend vor dem Eingange ins Herz und in die Lunge angehalten werden mus, wie bei allen Bemuͤhungen im Laufen und in angeſtrengten Arbeiten geſchicht. Aus der Urſache ſind in Thieren, die zu Waſſer und Lande leben koͤnnen, die Blutadern ungemein weit (a); da dieſe Thiere lange Zeit ohne Atem- holen zubringen muͤſſen. Wie nun aber die Gewalt des Schlagaderblutes groͤſſer, als des Blutaderhaften iſt, ſo iſt auch der Wiederſtand der Blutadermembranen ge- ringer, als der Wiederſtand der Schlagaderhaͤute. Wenn alſo eine Lanzette beim Aderlaſſen durch die Blut- ader bis in die Schlagader des Arms durchgedrungen, und dadurch dem Schlagaderblute der Weg in die Blut- ader hinein gebahnt worden, ſo hat man ſelbige an der Stelle ungemein erweitert gefunden (b). §. 3. Woher es komme, daß Blutadern keine Schlaͤge thun. Wofern das Blut in den Blutadern eben ſo, wie in den Schlagadern, gegen die Aderwaͤnde druͤkkt, ſo kann man die Frage aufwerfen, warum Blutadern auch nicht eben ſo gut wechſelweiſe pulſiren, und in gewiſſen abge- meßnen Tempos entweder erweitert aufhuͤpfen, oder zu- ſammengezogen niederſinken. Denn es iſt der oben be- ſchriebne Pulsſchlag (c) kein wirklicher Pulsſchlag gewe- ſen, und es kann hieher weder das Klopfen der Hol- adern (d), noch der Lungenblutadern (e), noch einige we- nige andre Beiſpiele, ihre Beſtaͤtigung und Rechnung fin- (a) Schelhammer am Meer- kalbe beim Valentin. (b) Obſ. of a Societ. at London. T. I. S. 340. (c) 6. Buch. 4. Abſchn. §. 9. (d) 4. Buch. (e) Ebendaſ.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/591
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 571. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/591>, abgerufen am 30.12.2024.