schied, warum nicht auch alle übrige Muskeln im thieri- schen Körper einer immerwährenden abwechselnden Be- wegung sollen unterworfen seyn. Denn sie sind alle von einerlei Beschaffenheit, ihre Fasern werden ebenfalls zu- sammengezogen, und sie sind auch alle mit Nerven ver- sehen. Es müssen nach dieser Hipothese die Nerven im Herzen, und in den Werkzeugen des Lebens, von den Fa- sern zusammengedrükt werden; hingegen aber in denen willkührlichen Muskeln von dieser Zusammendrükkung befreiet seyn. Man kann aber in dem Baue dererselben keinen Unterschied zeigen, vermöge dessen die Herznerven der Zusammenziehung derer Fasern unterworfen, und hingegen die in andern Werkzeugen befindliche Nerven davon befreiet würden.
§. 11. Auch die von Stahlen angegebene Kraft der See- le kann nicht vor die Ursache dieser beständi- gen Bewegung gehalten werden.
Wir müssen noch das Lehrgebäude des berühmten Stahls kürzlich berühren, welcher mit einem Streiche alle Schwierigkeiten hinwegräumt: es soll aber dieses nur mit wenigen geschehen, weil ich an einem andern Orte (q) von der völligen Meinung dieses Mannes aus- führlicher handeln werde, nach welcher die Ursache aller Bewegungen in denen Thieren von der Seele hergeleitet wird (r). Diesemnach macht dieser Gelehrte den Herz-
schlag
(q)[Spaltenumbruch]De motu musculorum.
(r) Der Ursprung von dieser Theorie ist schon alt. Man findet sie beim Swammerdamin Bibl. naturae, von den Fröschen, T. II. S. 844. Beim Borellusde motu anim. Lib. II. Prop. 80. Beim be- rühmten Perraultdu toucher T. II. S. 547. 548. du mouvement [Spaltenumbruch]
des yeux, T. II. S. 587. 588. du bruit, T. III. S. 271. Stahl hat sie aber vorgetragen in Disp. de motu tonico vitali, S. 30. 37. und in der Theoria medica S. 260. 567. u. f. Nach ihm haben J. Ta- bor, der berühmte Porterfields, R. Whytt, F. von Sauvages und andere, eben dergleichen gelehret.
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Urſachen des Herzſchlages.
ſchied, warum nicht auch alle uͤbrige Muskeln im thieri- ſchen Koͤrper einer immerwaͤhrenden abwechſelnden Be- wegung ſollen unterworfen ſeyn. Denn ſie ſind alle von einerlei Beſchaffenheit, ihre Faſern werden ebenfalls zu- ſammengezogen, und ſie ſind auch alle mit Nerven ver- ſehen. Es muͤſſen nach dieſer Hipotheſe die Nerven im Herzen, und in den Werkzeugen des Lebens, von den Fa- ſern zuſammengedruͤkt werden; hingegen aber in denen willkuͤhrlichen Muskeln von dieſer Zuſammendruͤkkung befreiet ſeyn. Man kann aber in dem Baue dererſelben keinen Unterſchied zeigen, vermoͤge deſſen die Herznerven der Zuſammenziehung derer Faſern unterworfen, und hingegen die in andern Werkzeugen befindliche Nerven davon befreiet wuͤrden.
§. 11. Auch die von Stahlen angegebene Kraft der See- le kann nicht vor die Urſache dieſer beſtaͤndi- gen Bewegung gehalten werden.
Wir muͤſſen noch das Lehrgebaͤude des beruͤhmten Stahls kuͤrzlich beruͤhren, welcher mit einem Streiche alle Schwierigkeiten hinwegraͤumt: es ſoll aber dieſes nur mit wenigen geſchehen, weil ich an einem andern Orte (q) von der voͤlligen Meinung dieſes Mannes aus- fuͤhrlicher handeln werde, nach welcher die Urſache aller Bewegungen in denen Thieren von der Seele hergeleitet wird (r). Dieſemnach macht dieſer Gelehrte den Herz-
ſchlag
(q)[Spaltenumbruch]De motu muſculorum.
(r) Der Urſprung von dieſer Theorie iſt ſchon alt. Man findet ſie beim Swammerdamin Bibl. naturæ, von den Froͤſchen, T. II. S. 844. Beim Borellusde motu anim. Lib. II. Prop. 80. Beim be- ruͤhmten Perraultdu toucher T. II. S. 547. 548. du mouvement [Spaltenumbruch]
des yeux, T. II. S. 587. 588. du bruit, T. III. S. 271. Stahl hat ſie aber vorgetragen in Diſp. de motu tonico vitali, S. 30. 37. und in der Theoria medica S. 260. 567. u. f. Nach ihm haben J. Ta- bor, der beruͤhmte Porterfields, R. Whytt, F. von Sauvages und andere, eben dergleichen gelehret.
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Urſachen des Herzſchlages.
ſchied, warum nicht auch alle uͤbrige Muskeln im thieri-
ſchen Koͤrper einer immerwaͤhrenden abwechſelnden Be-
wegung ſollen unterworfen ſeyn. Denn ſie ſind alle von
einerlei Beſchaffenheit, ihre Faſern werden ebenfalls zu-
ſammengezogen, und ſie ſind auch alle mit Nerven ver-
ſehen. Es muͤſſen nach dieſer Hipotheſe die Nerven im
Herzen, und in den Werkzeugen des Lebens, von den Fa-
ſern zuſammengedruͤkt werden; hingegen aber in denen
willkuͤhrlichen Muskeln von dieſer Zuſammendruͤkkung
befreiet ſeyn. Man kann aber in dem Baue dererſelben
keinen Unterſchied zeigen, vermoͤge deſſen die Herznerven
der Zuſammenziehung derer Faſern unterworfen, und
hingegen die in andern Werkzeugen befindliche Nerven
davon befreiet wuͤrden.
§. 11.
Auch die von Stahlen angegebene Kraft der See-
le kann nicht vor die Urſache dieſer beſtaͤndi-
gen Bewegung gehalten werden.
Wir muͤſſen noch das Lehrgebaͤude des beruͤhmten
Stahls kuͤrzlich beruͤhren, welcher mit einem Streiche
alle Schwierigkeiten hinwegraͤumt: es ſoll aber dieſes
nur mit wenigen geſchehen, weil ich an einem andern
Orte (q) von der voͤlligen Meinung dieſes Mannes aus-
fuͤhrlicher handeln werde, nach welcher die Urſache aller
Bewegungen in denen Thieren von der Seele hergeleitet
wird (r). Dieſemnach macht dieſer Gelehrte den Herz-
ſchlag
(q)
De motu muſculorum.
(r) Der Urſprung von dieſer
Theorie iſt ſchon alt. Man findet
ſie beim Swammerdam in Bibl.
naturæ, von den Froͤſchen, T. II.
S. 844. Beim Borellus de motu
anim. Lib. II. Prop. 80. Beim be-
ruͤhmten Perrault du toucher T.
II. S. 547. 548. du mouvement
des yeux, T. II. S. 587. 588. du
bruit, T. III. S. 271. Stahl hat
ſie aber vorgetragen in Diſp. de
motu tonico vitali, S. 30. 37.
und in der Theoria medica S. 260.
567. u. f. Nach ihm haben J. Ta-
bor, der beruͤhmte Porterfields,
R. Whytt, F. von Sauvages und
andere, eben dergleichen gelehret.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 919. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/975>, abgerufen am 22.02.2025.
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