2] Franz Lambert Humler von dem allerhöchsten Range, Titel und Wapen des römischen Kaisers. Frankf. 1770. 8.
§. 19. Römischer König.
Der römische König verlangt zwar den Rang unmit- telbar nach dem Kaiser über alle andere würklich regieren- de Könige, aber diese, und besonders Frankreich, wider- setzen sich den desfalsigen Anmassungen möglichst. Die meisten französischen Schriftsteller reden von diesem an- geblichen Range in einem sehr spöttischen Tone. Reala] sagt, es sey sonderbar, daß ein Titularkönig, ein Wahl- könig, den der Kaiser nur Ew. Lbden nenne, und der von einem Reichsfürsten nicht unterschieden sey, einen solchen Vorrang verlange; der als König weder ein Königreich, noch Unterthanen, noch Einkünfte, noch Ansehn, noch Macht habe; der nur in Abwesenheit des Kaisers Stelle vertrete, und dessen Titel keinen andern Vorzug, als das Anwartschaftsrecht auf die schwache Würde des Oberhaupts einer Republick erweise. Wen müsse es nicht befremden, einem solchen König den Vor- zug vor andern Königen zuzuschreiben, welche mächtige Monarchien, Erbkönigreiche, von denen einige fast so alt als das Christenthum sind, beherschen?
Käme es hierbey auf Gründe vorerwähnter Art an, so ließen sich iene Einwürfe leicht beantworten. Der römische König ist keinesweges als ein bloßer Titular- könig oder gewöhnlicher Thronfolger und Erbprinz in andern Reichen zu betrachten b]. Denn nach den teut- schen Reichsgrundgesetzen c] soll kein römischer König bey Lebzeiten des Kaisers erwählt werden, es wäre denn, daß der Kaiser sich aus dem römischen Reiche begeben
2] Franz Lambert Humler von dem allerhoͤchſten Range, Titel und Wapen des roͤmiſchen Kaiſers. Frankf. 1770. 8.
§. 19. Roͤmiſcher Koͤnig.
Der roͤmiſche Koͤnig verlangt zwar den Rang unmit- telbar nach dem Kaiſer uͤber alle andere wuͤrklich regieren- de Koͤnige, aber dieſe, und beſonders Frankreich, wider- ſetzen ſich den desfalſigen Anmaſſungen moͤglichſt. Die meiſten franzoͤſiſchen Schriftſteller reden von dieſem an- geblichen Range in einem ſehr ſpoͤttiſchen Tone. Reala] ſagt, es ſey ſonderbar, daß ein Titularkoͤnig, ein Wahl- koͤnig, den der Kaiſer nur Ew. Lbden nenne, und der von einem Reichsfuͤrſten nicht unterſchieden ſey, einen ſolchen Vorrang verlange; der als Koͤnig weder ein Koͤnigreich, noch Unterthanen, noch Einkuͤnfte, noch Anſehn, noch Macht habe; der nur in Abweſenheit des Kaiſers Stelle vertrete, und deſſen Titel keinen andern Vorzug, als das Anwartſchaftsrecht auf die ſchwache Wuͤrde des Oberhaupts einer Republick erweiſe. Wen muͤſſe es nicht befremden, einem ſolchen Koͤnig den Vor- zug vor andern Koͤnigen zuzuſchreiben, welche maͤchtige Monarchien, Erbkoͤnigreiche, von denen einige faſt ſo alt als das Chriſtenthum ſind, beherſchen?
Kaͤme es hierbey auf Gruͤnde vorerwaͤhnter Art an, ſo ließen ſich iene Einwuͤrfe leicht beantworten. Der roͤmiſche Koͤnig iſt keinesweges als ein bloßer Titular- koͤnig oder gewoͤhnlicher Thronfolger und Erbprinz in andern Reichen zu betrachten b]. Denn nach den teut- ſchen Reichsgrundgeſetzen c] ſoll kein roͤmiſcher Koͤnig bey Lebzeiten des Kaiſers erwaͤhlt werden, es waͤre denn, daß der Kaiſer ſich aus dem roͤmiſchen Reiche begeben
und
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Von der urſpruͤnglichen Gleichheit
¹] Dietr. Wilh. Matthiae diſs. de praeeminentia Impe-
ratoris Germanici. Erf. 1677. 4.
²] Franz Lambert Humler von dem allerhoͤchſten Range,
Titel und Wapen des roͤmiſchen Kaiſers. Frankf. 1770. 8.
§. 19.
Roͤmiſcher Koͤnig.
Der roͤmiſche Koͤnig verlangt zwar den Rang unmit-
telbar nach dem Kaiſer uͤber alle andere wuͤrklich regieren-
de Koͤnige, aber dieſe, und beſonders Frankreich, wider-
ſetzen ſich den desfalſigen Anmaſſungen moͤglichſt. Die
meiſten franzoͤſiſchen Schriftſteller reden von dieſem an-
geblichen Range in einem ſehr ſpoͤttiſchen Tone. Real a]
ſagt, es ſey ſonderbar, daß ein Titularkoͤnig, ein Wahl-
koͤnig, den der Kaiſer nur Ew. Lbden nenne, und der
von einem Reichsfuͤrſten nicht unterſchieden ſey, einen
ſolchen Vorrang verlange; der als Koͤnig weder ein
Koͤnigreich, noch Unterthanen, noch Einkuͤnfte, noch
Anſehn, noch Macht habe; der nur in Abweſenheit des
Kaiſers Stelle vertrete, und deſſen Titel keinen andern
Vorzug, als das Anwartſchaftsrecht auf die ſchwache
Wuͤrde des Oberhaupts einer Republick erweiſe. Wen
muͤſſe es nicht befremden, einem ſolchen Koͤnig den Vor-
zug vor andern Koͤnigen zuzuſchreiben, welche maͤchtige
Monarchien, Erbkoͤnigreiche, von denen einige faſt ſo
alt als das Chriſtenthum ſind, beherſchen?
Kaͤme es hierbey auf Gruͤnde vorerwaͤhnter Art an,
ſo ließen ſich iene Einwuͤrfe leicht beantworten. Der
roͤmiſche Koͤnig iſt keinesweges als ein bloßer Titular-
koͤnig oder gewoͤhnlicher Thronfolger und Erbprinz in
andern Reichen zu betrachten b]. Denn nach den teut-
ſchen Reichsgrundgeſetzen c] ſoll kein roͤmiſcher Koͤnig bey
Lebzeiten des Kaiſers erwaͤhlt werden, es waͤre denn,
daß der Kaiſer ſich aus dem roͤmiſchen Reiche begeben
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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht01_1787/252>, abgerufen am 22.02.2025.
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