German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.Deß Abentheurl. Simplicissimi seinem Schöpffer geliebet wird: Keiner erzörnt sichüber den andern/ weil sie wissen/ daß Christus vor alle gelitten und gestorben: Man höret von keiner Unkeuschheit/ oder unordentlichen fleischlichen Be- gierden/ sondern was so vorgehet/ das geschicht auß Begierd und Liebe zur Kinderzucht: Da findet man keine Trunckenbold oder Vollsäuffer/ sondern wenn einer den andern mit einem Trunck ehret/ so lassen sich beyde nur mit einem Christl. Räuschlein benü- gen: Da ist keine Trägheit im Gottesdienst/ denn jeder erzeigt einen embstgen Fleiß und Eyfer/ wie er vor allen andern GOtt rechtschaffen dienen möge/ und eben deßwegen sind jetzund so schwäre Krieg auff Erden/ weil je ein Theil vermeynt/ das andere diene GOtt nicht recht: Es gibt keine Geitzige mehr/ son- dern Gesparsame; keine Verschwender/ sondern Freygebige; keine Kriegs-gurgeln/ so die Leut be- rauben und verderben/ sondern Soldaten/ die das Vatterland beschirmen; keine muthwillige faule Bettler/ sondern Verächter der Reichthum/ und Lieb- haber der freywilligen Armuth; keine Korn- und Wein-Juden/ sondern vorsichtige Leut/ die den über- flussigen Vorrath auff den besorgenden künfftigen Nothfall vor das Volck zusammen heben. Das XVI. Capitel. JCh pausirte ein wenig/ und bedachte mich was ich wol
Deß Abentheurl. Simpliciſſimi ſeinem Schoͤpffer geliebet wird: Keiner erzoͤrnt ſichuͤber den andern/ weil ſie wiſſen/ daß Chriſtus vor alle gelitten und geſtorben: Man hoͤret von keiner Unkeuſchheit/ oder unordentlichen fleiſchlichen Be- gierden/ ſondern was ſo vorgehet/ das geſchicht auß Begierd und Liebe zur Kinderzucht: Da findet man keine Trunckenbold oder Vollſaͤuffer/ ſondern wenn einer den andern mit einem Trunck ehret/ ſo laſſen ſich beyde nur mit einem Chriſtl. Raͤuſchlein benuͤ- gen: Da iſt keine Traͤgheit im Gottesdienſt/ denn jeder erzeigt einen embſtgen Fleiß und Eyfer/ wie er vor allen andern GOtt rechtſchaffen dienen moͤge/ und eben deßwegen ſind jetzund ſo ſchwaͤre Krieg auff Erden/ weil je ein Theil vermeynt/ das andere diene GOtt nicht recht: Es gibt keine Geitzige mehr/ ſon- dern Geſparſame; keine Verſchwender/ ſondern Freygebige; keine Kriegs-gurgeln/ ſo die Leut be- rauben und verderben/ ſondern Soldaten/ die das Vatterland beſchirmen; keine muthwillige faule Bettler/ ſondern Veraͤchter der Reichthum/ und Lieb- haber der freywilligen Armuth; keine Korn- und Wein-Juden/ ſondern voꝛſichtige Leut/ die den uͤber- fluſſigen Vorꝛath auff den beſoꝛgenden kuͤnfftigen Nothfall vor das Volck zuſammen heben. Das XVI. Capitel. JCh pauſirte ein wenig/ und bedachte mich was ich wol
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Deß Abentheurl. Simpliciſſimi
ſeinem Schoͤpffer geliebet wird: Keiner erzoͤrnt ſich
uͤber den andern/ weil ſie wiſſen/ daß Chriſtus vor
alle gelitten und geſtorben: Man hoͤret von keiner
Unkeuſchheit/ oder unordentlichen fleiſchlichen Be-
gierden/ ſondern was ſo vorgehet/ das geſchicht auß
Begierd und Liebe zur Kinderzucht: Da findet man
keine Trunckenbold oder Vollſaͤuffer/ ſondern wenn
einer den andern mit einem Trunck ehret/ ſo laſſen
ſich beyde nur mit einem Chriſtl. Raͤuſchlein benuͤ-
gen: Da iſt keine Traͤgheit im Gottesdienſt/ denn
jeder erzeigt einen embſtgen Fleiß und Eyfer/ wie er
vor allen andern GOtt rechtſchaffen dienen moͤge/
und eben deßwegen ſind jetzund ſo ſchwaͤre Krieg auff
Erden/ weil je ein Theil vermeynt/ das andere diene
GOtt nicht recht: Es gibt keine Geitzige mehr/ ſon-
dern Geſparſame; keine Verſchwender/ ſondern
Freygebige; keine Kriegs-gurgeln/ ſo die Leut be-
rauben und verderben/ ſondern Soldaten/ die das
Vatterland beſchirmen; keine muthwillige faule
Bettler/ ſondern Veraͤchter der Reichthum/ und Lieb-
haber der freywilligen Armuth; keine Korn- und
Wein-Juden/ ſondern voꝛſichtige Leut/ die den uͤber-
fluſſigen Vorꝛath auff den beſoꝛgenden kuͤnfftigen
Nothfall vor das Volck zuſammen heben.
Das XVI. Capitel.
JCh pauſirte ein wenig/ und bedachte mich was ich
noch ferners vorbringen wolte/ aber der Koͤnig
ſagte/ er haͤtte bereits ſo viel gehoͤrt/ daß er nicht meh-
rers zu wiſſen begehrte; wann ich wolte/ ſo ſollten
mich die ſeinige gleich wider an den Ort bringen wo
ſie mich genommen; wolte ich aber (dann ich ſihe
wol
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