German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.Erstes Buch. Das XXXI. Capitel. ALs ich dergestalt mit einem Deller in der Hand wann
Erſtes Buch. Das XXXI. Capitel. ALs ich dergeſtalt mit einem Deller in der Hand wann
<TEI> <text> <body> <pb facs="#f0115" n="109"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Erſtes Buch.</hi> </fw><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#fr">Das</hi> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#g">XXXI.</hi> </hi> <hi rendition="#fr">Capitel.</hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#in">A</hi>Ls ich dergeſtalt mit einem Deller in der Hand<lb/> vor der Tafel auffwartete/ und in meinem Ge-<lb/> muͤt von allerhand Dauben und wercklichen Gedan-<lb/> cken geplagt wurde/ lieſſe mich mein Bauch auch<lb/> nicht zu frieden/ er kurꝛet und murꝛet ohn Unterlaß/<lb/> und gab dardurch zu verſtehen/ daß Burſch in ihm<lb/> vorhanden waͤren/ die in freyen Lufft begehrten; ich<lb/> gedacht/ mir von dem ungeheuren Geruͤmpel abzu-<lb/> helffen/ den Paß zu oͤffnen/ und mich darbey meiner<lb/> Kunſt zu bedienen/ die mich erſt die vorig Nacht mein<lb/> Camerad gelernet hatte; ſolchem Unterꝛicht zu folg/<lb/> hub ich das lincke Bein ſampt dem Schenckel in alle<lb/> Hoͤhe auff/ druckte von allen Kraͤfften was ich konte/<lb/> und wolte meinen Spruch/ <hi rendition="#aq">Je pete,</hi> zugleich dreymal<lb/> heimlich ſagen; Als aber der ungeheure Geſpan/ der<lb/> zum Hindern hinauß wiſchte/ wider mein Verhoffen<lb/> ſo greulich thoͤnete/ wuſte ich vor Schrecken nit mehr<lb/> was ich thaͤte/ mir wurde einsmals ſo bang/ als weñ<lb/> ich auff der Laͤiter am Galgen geſtanden waͤre/ und<lb/> mir der Hencker bereits den Strick haͤtte anlegen<lb/> wollen/ und in ſolcher gaͤhlingen Angſt ſo verwirꝛet/<lb/> daß ich auch meinen eigenen Gliedern nicht mehr be-<lb/> fehlen konte/ maſſen mein Maul in dieſem urploͤtz-<lb/> lichen Lermen auch rebelliſch wurde/ und dem Hin-<lb/> dern nichts bevor geben/ noch geſtatten wolte/ daß<lb/> er allein das Wort haben/ es aber/ das zum reden<lb/> und ſchreyen erſchaffen/ ſeine Reden heimlich drum-<lb/> len ſolte/ derowegen lieſſe ſolches das jenige/ ſo ich<lb/> heimlich zu reden im Sinn hatte/ dem Hindern zu<lb/> Trutz uͤberlaut hoͤren/ und zwar ſo ſchroͤcklich/ als<lb/> <fw place="bottom" type="catch">wann</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [109/0115]
Erſtes Buch.
Das XXXI. Capitel.
ALs ich dergeſtalt mit einem Deller in der Hand
vor der Tafel auffwartete/ und in meinem Ge-
muͤt von allerhand Dauben und wercklichen Gedan-
cken geplagt wurde/ lieſſe mich mein Bauch auch
nicht zu frieden/ er kurꝛet und murꝛet ohn Unterlaß/
und gab dardurch zu verſtehen/ daß Burſch in ihm
vorhanden waͤren/ die in freyen Lufft begehrten; ich
gedacht/ mir von dem ungeheuren Geruͤmpel abzu-
helffen/ den Paß zu oͤffnen/ und mich darbey meiner
Kunſt zu bedienen/ die mich erſt die vorig Nacht mein
Camerad gelernet hatte; ſolchem Unterꝛicht zu folg/
hub ich das lincke Bein ſampt dem Schenckel in alle
Hoͤhe auff/ druckte von allen Kraͤfften was ich konte/
und wolte meinen Spruch/ Je pete, zugleich dreymal
heimlich ſagen; Als aber der ungeheure Geſpan/ der
zum Hindern hinauß wiſchte/ wider mein Verhoffen
ſo greulich thoͤnete/ wuſte ich vor Schrecken nit mehr
was ich thaͤte/ mir wurde einsmals ſo bang/ als weñ
ich auff der Laͤiter am Galgen geſtanden waͤre/ und
mir der Hencker bereits den Strick haͤtte anlegen
wollen/ und in ſolcher gaͤhlingen Angſt ſo verwirꝛet/
daß ich auch meinen eigenen Gliedern nicht mehr be-
fehlen konte/ maſſen mein Maul in dieſem urploͤtz-
lichen Lermen auch rebelliſch wurde/ und dem Hin-
dern nichts bevor geben/ noch geſtatten wolte/ daß
er allein das Wort haben/ es aber/ das zum reden
und ſchreyen erſchaffen/ ſeine Reden heimlich drum-
len ſolte/ derowegen lieſſe ſolches das jenige/ ſo ich
heimlich zu reden im Sinn hatte/ dem Hindern zu
Trutz uͤberlaut hoͤren/ und zwar ſo ſchroͤcklich/ als
wann
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/115 |
Zitationshilfe: | German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/115>, abgerufen am 03.07.2024. |