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Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von: Continuatio des abentheurlichen Simplicissimi Oder Der Schluß desselben. Nürnberg, 1669.

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liesse mein Vorwitz nicht/ die geschribene Wort stet-
tig anzuschauen und zubetrachten/ weil ich gern mit
stummen Dingen hette reden können/ sintemahlen
auch andere die unvernünfftige Thier verstanden
haben sollen; wurde demnach je länger je verbichter
darauff/ und weil ich ohne Ruhm zumelden/ ein
zimblicher Zifferant bin/ und mein geringste Kunst
ist/ einen Brieff auff einen Faden: oder wohl gar
auff ein Haar zuschreiben/ den wohl kein Mensch
wird außsinnen oder errathen können/ zumahlen
auch vor längsten wohl andere verborgene Schriff-
ten außspeculirt, als die Steganographiae Trythenio
seyn mag; also sahe ich auch diese Schrifft mit an-
dern Augen an/ und fande gleich daß Baldanders
mir die Kunst nit allein mit Exempeln: sonder auch
in obiger Schrifft mit guten teutschen Worten viel
auffrichtiger communicirt, als ich ihm zugetraut/
damit war ich nun wol zufrieden/ und achtet meiner
neuen Wissenschafft nit sonderlich/ sonder gieng zu
meiner Wohnung/ und lase die Legenten der alten
Heyligen/ nit allein durch gute Beyspiel mich in
meinem abgesonderten Leben geistlich zu erbauen/
sonder auch die Zeit zu passiren.

Das X. Capitel.

DAs Leben deß heiligen Alexij kam mir im ersten
Grif unter die Augen/ als ich das Buch auff-
schlug; da fande ich mit was vor einer Verachtung
der Ruhe er das reiche Hauß seines Vattern verlas-
sen/ die heilige Oerter hin und wieder mit grosser An-
dacht besucht und endtlich beydes sein Pilgerschafft
und Leben unter einer Stiegen in höchster Armut:
ohnvergleichlicher Gedult und wunderbarer Be-

ständig-
C 4

lieſſe mein Vorwitz nicht/ die geſchribene Wort ſtet-
tig anzuſchauen und zubetrachten/ weil ich gern mit
ſtummen Dingen hette reden koͤnnen/ ſintemahlen
auch andere die unvernuͤnfftige Thier verſtanden
haben ſollen; wurde demnach je laͤnger je verbichter
darauff/ und weil ich ohne Ruhm zumelden/ ein
zimblicher Zifferant bin/ und mein geringſte Kunſt
iſt/ einen Brieff auff einen Faden: oder wohl gar
auff ein Haar zuſchreiben/ den wohl kein Menſch
wird außſinnen oder erꝛathen koͤnnen/ zumahlen
auch vor laͤngſten wohl andere verborgene Schriff-
ten außſpeculirt, als die Steganographiæ Trythenio
ſeyn mag; alſo ſahe ich auch dieſe Schrifft mit an-
dern Augen an/ und fande gleich daß Baldanders
mir die Kunſt nit allein mit Exempeln: ſonder auch
in obiger Schrifft mit guten teutſchen Worten viel
auffrichtiger communicirt, als ich ihm zugetraut/
damit war ich nun wol zufrieden/ und achtet meiner
neuen Wiſſenſchafft nit ſonderlich/ ſonder gieng zu
meiner Wohnung/ und laſe die Legenten der alten
Heyligen/ nit allein durch gute Beyſpiel mich in
meinem abgeſonderten Leben geiſtlich zu erbauen/
ſonder auch die Zeit zu paſſiren.

Das X. Capitel.

DAs Leben deß heiligen Alexij kam mir im erſten
Grif unter die Augen/ als ich das Buch auff-
ſchlug; da fande ich mit was vor einer Verachtung
der Ruhe er das reiche Hauß ſeines Vattern verlaſ-
ſen/ die heilige Oerter hin und wieder mit groſſer An-
dacht beſucht und endtlich beydes ſein Pilgerſchafft
und Leben unter einer Stiegen in hoͤchſter Armut:
ohnvergleichlicher Gedult und wunderbarer Be-

ſtaͤndig-
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[0059] lieſſe mein Vorwitz nicht/ die geſchribene Wort ſtet- tig anzuſchauen und zubetrachten/ weil ich gern mit ſtummen Dingen hette reden koͤnnen/ ſintemahlen auch andere die unvernuͤnfftige Thier verſtanden haben ſollen; wurde demnach je laͤnger je verbichter darauff/ und weil ich ohne Ruhm zumelden/ ein zimblicher Zifferant bin/ und mein geringſte Kunſt iſt/ einen Brieff auff einen Faden: oder wohl gar auff ein Haar zuſchreiben/ den wohl kein Menſch wird außſinnen oder erꝛathen koͤnnen/ zumahlen auch vor laͤngſten wohl andere verborgene Schriff- ten außſpeculirt, als die Steganographiæ Trythenio ſeyn mag; alſo ſahe ich auch dieſe Schrifft mit an- dern Augen an/ und fande gleich daß Baldanders mir die Kunſt nit allein mit Exempeln: ſonder auch in obiger Schrifft mit guten teutſchen Worten viel auffrichtiger communicirt, als ich ihm zugetraut/ damit war ich nun wol zufrieden/ und achtet meiner neuen Wiſſenſchafft nit ſonderlich/ ſonder gieng zu meiner Wohnung/ und laſe die Legenten der alten Heyligen/ nit allein durch gute Beyſpiel mich in meinem abgeſonderten Leben geiſtlich zu erbauen/ ſonder auch die Zeit zu paſſiren. Das X. Capitel. DAs Leben deß heiligen Alexij kam mir im erſten Grif unter die Augen/ als ich das Buch auff- ſchlug; da fande ich mit was vor einer Verachtung der Ruhe er das reiche Hauß ſeines Vattern verlaſ- ſen/ die heilige Oerter hin und wieder mit groſſer An- dacht beſucht und endtlich beydes ſein Pilgerſchafft und Leben unter einer Stiegen in hoͤchſter Armut: ohnvergleichlicher Gedult und wunderbarer Be- ſtaͤndig- C 4

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Zitationshilfe: Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von: Continuatio des abentheurlichen Simplicissimi Oder Der Schluß desselben. Nürnberg, 1669, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_continuatio_1669/59>, abgerufen am 30.12.2024.