hat auch anderes wider sich, theils die eigene beschrän- kung auf die bedeutungen verschieden im ags. und ahd., theils daß bei scim-incle, dessen wurzel sogar aus dem lat. simia herzurühren scheint, gerade kein lat. simi-uncu- lus (auch kein le-unculus in den wörterbüchern) nach- zuweisen ist. Warum hätte man nicht das lat. u allent- halben behalten wie in karf-unkel? Und die lautver- schiebung findct sich in ableitungssilben und nasalrn verbmdungen wie nc, ng, ng, nh wohl öfter gestört. Außerdem wird in andern analogen ahd. diminutiven, das n weggelaßen, z. b. huon-ichli (pullus) N. 108, 5. (vgl. hun-kel bei Alberus, hün-kel, hin-kel oberhessisch, rheinisch) und das ahd. ch, sächs. k entsprechen dem c lateinischer verkleinerungswörter, ohne daß sich unmit- telbare entlehnungen beweisen ließen. In einer alts. for- mel stehet ness-ikli (vermiculus). Näheres hierüber, so wie über die frage, ob in dem k (vgl. oben s. 285.) oder l der begriff der diminution stecke? im achten capitel.
ableitungen mit NG.
eine in allen deutschen sprachen, die gothische abgerech- net, fruchtbare form, wobei die vorstehenden vocale a, i, u gesondert werden müßen.
[ANG] hier zwar begegnen wenige wörter: bals-ag- gan (trakhelon) Marc. 9, 42. ist das einzige goth. wort der ableitenden form -gg überhaupt und so fremdartig klingend, daß in keiner der übrigen mundarten etwas analoges nachzuweisen steht. Luc. 15, 20. wird trakhelos klar durch das bekannte hals übersetzt; ein schreibfehler für hals-aggan, wie Stiernhielm wirklich liest, würde we- nigstens -aggan als ableitung bestätigen. Bei balsaggan weiß man nicht, ob der nom. bals-agga oder bals-aggans laute oder gar ein comp. bal-sagga vorliege? -- Ahd. hon-ang (masc) N. 18, 11. 118, 103. statt des hon-ec der andern (vorhin s. 296.); die ang-form scheint aber mehr für sich zu haben, wie das altn. hun-ang (neutr.) zeigt. Die freckenhorster urkunde schreibt versc-ang (porcellus) und samn-anga (congregatio) st. versc-ing, samn-unga, neben andern ing-formen, z. b. penn-ing, fcill-ing. -- Die altn. masc. far-angr (res arctae itineri sufficientes); hard-angr (locus penuriae); lett-angr (via facilis); mund- angr (medium, modestia); ein-angr (angustiae viarum); leid-angr (expeditio navalis, contributio); fran-angr (n.
III. conſonantiſche ableitungen. NK. NG.
hat auch anderes wider ſich, theils die eigene beſchrän- kung auf die bedeutungen verſchieden im agſ. und ahd., theils daß bei ſcim-incle, deſſen wurzel ſogar aus dem lat. ſimia herzurühren ſcheint, gerade kein lat. ſimi-uncu- lus (auch kein le-unculus in den wörterbüchern) nach- zuweiſen iſt. Warum hätte man nicht das lat. u allent- halben behalten wie in karf-unkel? Und die lautver- ſchiebung findct ſich in ableitungsſilben und naſalrn verbmdungen wie nc, ng, ng, nh wohl öfter geſtört. Außerdem wird in andern analogen ahd. diminutiven, das n weggelaßen, z. b. huon-ichli (pullus) N. 108, 5. (vgl. hun-kel bei Alberus, hün-kel, hin-kel oberheſſiſch, rheiniſch) und das ahd. ch, ſächſ. k entſprechen dem c lateiniſcher verkleinerungswörter, ohne daß ſich unmit- telbare entlehnungen beweiſen ließen. In einer altſ. for- mel ſtehet nëſſ-ikli (vermiculus). Näheres hierüber, ſo wie über die frage, ob in dem k (vgl. oben ſ. 285.) oder l der begriff der diminution ſtecke? im achten capitel.
ableitungen mit NG.
eine in allen deutſchen ſprachen, die gothiſche abgerech- net, fruchtbare form, wobei die vorſtehenden vocale a, i, u geſondert werden müßen.
[ANG] hier zwar begegnen wenige wörter: balſ-ag- gan (τράχηλον) Marc. 9, 42. iſt das einzige goth. wort der ableitenden form -gg überhaupt und ſo fremdartig klingend, daß in keiner der übrigen mundarten etwas analoges nachzuweiſen ſteht. Luc. 15, 20. wird τράχηλος klar durch das bekannte hals überſetzt; ein ſchreibfehler für hals-aggan, wie Stiernhielm wirklich lieſt, würde we- nigſtens -aggan als ableitung beſtätigen. Bei balſaggan weiß man nicht, ob der nom. balſ-agga oder balſ-aggans laute oder gar ein comp. bal-ſagga vorliege? — Ahd. hon-ang (maſc) N. 18, 11. 118, 103. ſtatt des hon-ec der andern (vorhin ſ. 296.); die ang-form ſcheint aber mehr für ſich zu haben, wie das altn. hun-âng (neutr.) zeigt. Die freckenhorſter urkunde ſchreibt vërſc-ang (porcellus) und ſamn-anga (congregatio) ſt. vërſc-ing, ſamn-unga, neben andern ing-formen, z. b. penn-ing, fcill-ing. — Die altn. maſc. far-ângr (res arctae itineri ſufficientes); hard-ângr (locus penuriae); lêtt-ângr (via facilis); mund- ângr (medium, modeſtia); ein-ângr (anguſtiae viarum); leid-ângr (expeditio navalis, contributio); frân-ângr (n.
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III. conſonantiſche ableitungen. NK. NG.
hat auch anderes wider ſich, theils die eigene beſchrän-
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theils daß bei ſcim-incle, deſſen wurzel ſogar aus dem
lat. ſimia herzurühren ſcheint, gerade kein lat. ſimi-uncu-
lus (auch kein le-unculus in den wörterbüchern) nach-
zuweiſen iſt. Warum hätte man nicht das lat. u allent-
halben behalten wie in karf-unkel? Und die lautver-
ſchiebung findct ſich in ableitungsſilben und naſalrn
verbmdungen wie nc, ng, ng, nh wohl öfter geſtört.
Außerdem wird in andern analogen ahd. diminutiven,
das n weggelaßen, z. b. huon-ichli (pullus) N. 108, 5.
(vgl. hun-kel bei Alberus, hün-kel, hin-kel oberheſſiſch,
rheiniſch) und das ahd. ch, ſächſ. k entſprechen dem c
lateiniſcher verkleinerungswörter, ohne daß ſich unmit-
telbare entlehnungen beweiſen ließen. In einer altſ. for-
mel ſtehet nëſſ-ikli (vermiculus). Näheres hierüber, ſo
wie über die frage, ob in dem k (vgl. oben ſ. 285.) oder
l der begriff der diminution ſtecke? im achten capitel.
ableitungen mit NG.
eine in allen deutſchen ſprachen, die gothiſche abgerech-
net, fruchtbare form, wobei die vorſtehenden vocale a, i,
u geſondert werden müßen.
[ANG] hier zwar begegnen wenige wörter: balſ-ag-
gan (τράχηλον) Marc. 9, 42. iſt das einzige goth. wort
der ableitenden form -gg überhaupt und ſo fremdartig
klingend, daß in keiner der übrigen mundarten etwas
analoges nachzuweiſen ſteht. Luc. 15, 20. wird τράχηλος
klar durch das bekannte hals überſetzt; ein ſchreibfehler
für hals-aggan, wie Stiernhielm wirklich lieſt, würde we-
nigſtens -aggan als ableitung beſtätigen. Bei balſaggan
weiß man nicht, ob der nom. balſ-agga oder balſ-aggans
laute oder gar ein comp. bal-ſagga vorliege? — Ahd.
hon-ang (maſc) N. 18, 11. 118, 103. ſtatt des hon-ec der
andern (vorhin ſ. 296.); die ang-form ſcheint aber mehr
für ſich zu haben, wie das altn. hun-âng (neutr.) zeigt.
Die freckenhorſter urkunde ſchreibt vërſc-ang (porcellus)
und ſamn-anga (congregatio) ſt. vërſc-ing, ſamn-unga,
neben andern ing-formen, z. b. penn-ing, fcill-ing. —
Die altn. maſc. far-ângr (res arctae itineri ſufficientes);
hard-ângr (locus penuriae); lêtt-ângr (via facilis); mund-
ângr (medium, modeſtia); ein-ângr (anguſtiae viarum);
leid-ângr (expeditio navalis, contributio); frân-ângr (n.
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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826, S. 348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/366>, abgerufen am 30.12.2024.
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