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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826.

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III. consonantische ableitungen. S.
usis fehlt, keiner der übrigen dialecte kennt ähnliches (vgl.
dän. bar-sel, partus) die form würde ahd. lauten par-usi, pl.
par-usja? Eine, nicht genau bekannte münze hieß auf ags.
manc-us, manc-s. Feminina vierter decl. sind drei ahd. subst.
nämlich: ahh-us (securis) ak-us O. I. 23, 126. T. 13, 15.
mhd. ack-es (st. ach-es), nhd. mit zugesetztem t axt, d. i.
ak-st. Haß-us (strio, d. i. strix) mons. 400. haß-asa (strio-
nibus? striones? f. striges) mons. 377. haß-asa (eumenides)
ebner. 1004b, die wahre pl. form sollte sein haß-usei, oder
der sg. müste auch haß-usa, haß-asa lauten? Oder wäre
nach bekanntem lesefehler hah-us zu vermuthen? dahin
führt das ags. heg-tis, häg-tesse, häg-esse (strix) und das
nhd. hexe, d. i. hek-se f. hech-se, hech-es? Dasyp.
schreibt häg-s, die mhd. form ist noch aufzufinden, viel-
leicht hech-es oder heh-se? der umlaut zeigt, daß das
ältere u uon i verdrängt wurde. Das dritte wort ist (wie-
der mit wurzelhaftem kehllaut) nihh-us (crocodilus) mons.
322. 412. nich-es jun. 270., nhd. nix, nixe (flußgeist, fluß-
ungeheuer) f. nich-se. Vielleicht auch masc. wie das
altn. nikr (hippopotamus) ohne ableitendes -s, denn der
gen. hat nik-s (nicht nik-urs) schwed. neck, dän. nök.
Entspringt leff-ura (labium) T. 84. aus les-usa? -- Von
adj. dieser bildung kenne ich bloß das ahd. viß-us (astu-
tus, callidus) jun. 181. blas. 8a, vgl. das comp. viß-us-heit
(dolus) hymn. mat. Später viß-is, viß-es mons. 351.
387. doc. 241a 242b N. 34, 19. 54, 24. Vielleicht ist aber
viz-us, viz-is anzunehmen?


[OOS] findet bei der comparation statt, wovon cap. VII.


anmerkungen zu den s-ableitungen überhaupt:

1) die verwandlung des -s in -r geht, wie eingangs
gesagt wurde, nicht anders vor sich, als wenn der ab-
leitungsvocal haftete und insgemein nur bei den comp.
und plur. neutr., ausnahmsweise in ah-ar, eh-ir, tio-r,
zio-r, dur-ri, ir-ri. Wogegen die auf -iso, -ison das
-s behaupten. Ob noch einige andere mhd. nhd. -r, die
wir im goth. nicht vergleichen können, ursprüngliche
-s waren? namentlich die s. 138. 139. berührten medita-
tiva oder desiderativa? denn im griech. findet allerdings
-seio statt, z. b. gelaseio (mich lächert) polemeseio (mich
kriegert, lüstet nach krieg); schläfern, lächern wäre ein

III. conſonantiſche ableitungen. S.
uſis fehlt, keiner der übrigen dialecte kennt ähnliches (vgl.
dän. bar-ſel, partus) die form würde ahd. lauten pâr-uſi, pl.
pâr-uſjâ? Eine, nicht genau bekannte münze hieß auf agſ.
manc-us, manc-s. Feminina vierter decl. ſind drei ahd. ſubſt.
nämlich: ahh-us (ſecuris) ak-us O. I. 23, 126. T. 13, 15.
mhd. ack-es (ſt. ach-es), nhd. mit zugeſetztem t axt, d. i.
ak-st. HaƷ-us (ſtrio, d. i. ſtrix) monſ. 400. haƷ-aſa (ſtrio-
nibus? ſtriones? f. ſtriges) monſ. 377. haƷ-aſa (eumenides)
ebner. 1004b, die wahre pl. form ſollte ſein haƷ-uſî, oder
der ſg. müſte auch haƷ-uſa, haƷ-aſa lauten? Oder wäre
nach bekanntem leſefehler hah-us zu vermuthen? dahin
führt das agſ. heg-tis, häg-teſſe, häg-eſſe (ſtrix) und das
nhd. hexe, d. i. hek-ſe f. hech-ſe, hech-es? Daſyp.
ſchreibt häg-s, die mhd. form iſt noch aufzufinden, viel-
leicht hech-es oder heh-ſe? der umlaut zeigt, daß das
ältere u uon i verdrängt wurde. Das dritte wort iſt (wie-
der mit wurzelhaftem kehllaut) nihh-us (crocodilus) monſ.
322. 412. nich-es jun. 270., nhd. nix, nixe (flußgeiſt, fluß-
ungeheuer) f. nich-ſe. Vielleicht auch maſc. wie das
altn. nikr (hippopotamus) ohne ableitendes -s, denn der
gen. hat nik-s (nicht nik-urs) ſchwed. neck, dän. nök.
Entſpringt lëff-ura (labium) T. 84. aus lëſ-uſa? — Von
adj. dieſer bildung kenne ich bloß das ahd. viƷ-us (aſtu-
tus, callidus) jun. 181. blaſ. 8a, vgl. das comp. viƷ-us-heit
(dolus) hymn. mat. Später viƷ-is, viƷ-es monſ. 351.
387. doc. 241a 242b N. 34, 19. 54, 24. Vielleicht iſt aber
viz-us, viz-is anzunehmen?


[OOS] findet bei der comparation ſtatt, wovon cap. VII.


anmerkungen zu den ſ-ableitungen überhaupt:

1) die verwandlung des -s in -r geht, wie eingangs
geſagt wurde, nicht anders vor ſich, als wenn der ab-
leitungsvocal haftete und insgemein nur bei den comp.
und plur. neutr., ausnahmsweiſe in ah-ar, eh-ir, tio-r,
zio-r, dur-ri, ir-ri. Wogegen die auf -iſo, -iſôn das
-s behaupten. Ob noch einige andere mhd. nhd. -r, die
wir im goth. nicht vergleichen können, urſprüngliche
-s waren? namentlich die ſ. 138. 139. berührten medita-
tiva oder deſiderativa? denn im griech. findet allerdings
-σείω ſtatt, z. b. γελασείω (mich lächert) πολεμησείω (mich
kriegert, lüſtet nach krieg); ſchläfern, lächern wäre ein

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[274/0292] III. conſonantiſche ableitungen. S. uſis fehlt, keiner der übrigen dialecte kennt ähnliches (vgl. dän. bar-ſel, partus) die form würde ahd. lauten pâr-uſi, pl. pâr-uſjâ? Eine, nicht genau bekannte münze hieß auf agſ. manc-us, manc-s. Feminina vierter decl. ſind drei ahd. ſubſt. nämlich: ahh-us (ſecuris) ak-us O. I. 23, 126. T. 13, 15. mhd. ack-es (ſt. ach-es), nhd. mit zugeſetztem t axt, d. i. ak-st. HaƷ-us (ſtrio, d. i. ſtrix) monſ. 400. haƷ-aſa (ſtrio- nibus? ſtriones? f. ſtriges) monſ. 377. haƷ-aſa (eumenides) ebner. 1004b, die wahre pl. form ſollte ſein haƷ-uſî, oder der ſg. müſte auch haƷ-uſa, haƷ-aſa lauten? Oder wäre nach bekanntem leſefehler hah-us zu vermuthen? dahin führt das agſ. heg-tis, häg-teſſe, häg-eſſe (ſtrix) und das nhd. hexe, d. i. hek-ſe f. hech-ſe, hech-es? Daſyp. ſchreibt häg-s, die mhd. form iſt noch aufzufinden, viel- leicht hech-es oder heh-ſe? der umlaut zeigt, daß das ältere u uon i verdrängt wurde. Das dritte wort iſt (wie- der mit wurzelhaftem kehllaut) nihh-us (crocodilus) monſ. 322. 412. nich-es jun. 270., nhd. nix, nixe (flußgeiſt, fluß- ungeheuer) f. nich-ſe. Vielleicht auch maſc. wie das altn. nikr (hippopotamus) ohne ableitendes -s, denn der gen. hat nik-s (nicht nik-urs) ſchwed. neck, dän. nök. Entſpringt lëff-ura (labium) T. 84. aus lëſ-uſa? — Von adj. dieſer bildung kenne ich bloß das ahd. viƷ-us (aſtu- tus, callidus) jun. 181. blaſ. 8a, vgl. das comp. viƷ-us-heit (dolus) hymn. mat. Später viƷ-is, viƷ-es monſ. 351. 387. doc. 241a 242b N. 34, 19. 54, 24. Vielleicht iſt aber viz-us, viz-is anzunehmen? [OOS] findet bei der comparation ſtatt, wovon cap. VII. anmerkungen zu den ſ-ableitungen überhaupt: 1) die verwandlung des -s in -r geht, wie eingangs geſagt wurde, nicht anders vor ſich, als wenn der ab- leitungsvocal haftete und insgemein nur bei den comp. und plur. neutr., ausnahmsweiſe in ah-ar, eh-ir, tio-r, zio-r, dur-ri, ir-ri. Wogegen die auf -iſo, -iſôn das -s behaupten. Ob noch einige andere mhd. nhd. -r, die wir im goth. nicht vergleichen können, urſprüngliche -s waren? namentlich die ſ. 138. 139. berührten medita- tiva oder deſiderativa? denn im griech. findet allerdings -σείω ſtatt, z. b. γελασείω (mich lächert) πολεμησείω (mich kriegert, lüſtet nach krieg); ſchläfern, lächern wäre ein

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/292>, abgerufen am 21.12.2024.