Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822.

Bild:
<< vorherige Seite

I. angelsächsische consonanten. gutturales.
flasce, fiscas, tusc. -- Uneigentliche verbindungen (wie
oben ls. ms. ns. vs) sind ts, ds, dhs, z. b. bleidsjan,
mildsjan, bledsjan, wofür man auch blitsjan, miltsjan,
bletsjan findet, zuweilen die assimilation ss (wovon vor-
hin), vielleicht mit verkürzung des voransstehenden
langen vocals. Hier noch weitere belege: geitsjan (con-
cupiscere) metsjan (cibare) bry[t]san (fragmenta) unrotsjan
(contristari); die vergleichung des alth. lehrt den aus-
fall eines vocals zwischen dem t der wurzel und s der
weiterbildung, mildsjan, metsjan würden alth. miltison,
maßison (oder meßison) lauten. Ebenso lehren sn in
bysen (mandatum) räsn (laquear) die syncope im goth.
zn (oben s. 67.) --

(C. G. J. H. X.) gutturales.

(C) es wird c, nicht k geschrieben (dieses erst spä-
ter oder einzeln in fremden wörtern, z. b. kasere, cae-
sar) aber k gesprochen. Vor a, o, u, a, o, au und den
consonanten l, n, r, v, hat das kein bedenken; vor ä,
e, e, i, y, ea, ea, eo, eo, e, ei, y könnte man zwei-
feln, da

1) das romanische c vor e, i, y später den zischlaut
empfieng (vgl. oben s. 68. 180.) und zwar im franz.
wie z (nämlich alth. ß) im ital. wie tsch gesprochen
wurde.
2) die angels. wörter mit ce, ci, cy etc. gewöhnlich im
engl. die schreibung ch und aussprache tsch. bekom-
men, vgl. ceaf, ceild, ceidan, cicen, ceac, cyrice etc.
mit chaff, child, chide, chicken, cheek, church.
3) das frief. in gleichem falle tz, ß, sth, zeigt, z. b.
tziaka (engl. cheek) tzurke, ßurke, stherke (engl.
church etc.)
4) das schwed. ke, ki, ky, kä, kö, wie tje, tji, tjy,
tjä, tjö, nach andern selbst wie tsche, tschi, tschy,
tschä, tschö lautet, z. b. känna (noscere) spr. tjänna
oder tschänna.
5) die nordische (wenigstens heutig-isländische) und dä-
nische mundart dem e, e, i, y, ö, sobald k voraus-
steht, ein j, jene in der aussprache, diese sogar in
der schreibung vorschiebt, z. b. kenna wird isländ.
kjenna gesprochen, dän. kjende geschrieben, wie denn
auch isländ, drucke deswegen kenna (Rask: kenna)
setzen.

Welche dieser entstellungen des reinen k-lauts wäre
nun auf den analogen angels. fall anwendbar? mit

I. angelſächſiſche conſonanten. gutturales.
flaſce, fiſcas, tuſc. — Uneigentliche verbindungen (wie
oben ls. ms. ns. vs) ſind ts, ds, dhs, z. b. blîdſjan,
mildſjan, blêdſjan, wofür man auch blìtſjan, miltſjan,
blêtſjan findet, zuweilen die aſſimilation ſſ (wovon vor-
hin), vielleicht mit verkürzung des voransſtehenden
langen vocals. Hier noch weitere belege: gîtſjan (con-
cupiſcere) metſjan (cibare) brŷ[t]ſan (fragmenta) unrôtſjan
(contriſtari); die vergleichung des alth. lehrt den aus-
fall eines vocals zwiſchen dem t der wurzel und ſ der
weiterbildung, mildſjan, metſjan würden alth. miltiſôn,
maƷiſôn (oder meƷiſôn) lauten. Ebenſo lehren ſn in
byſen (mandatum) räſn (laquear) die ſyncope im goth.
zn (oben ſ. 67.) —

(C. G. J. H. X.) gutturales.

(C) es wird c, nicht k geſchrieben (dieſes erſt ſpä-
ter oder einzeln in fremden wörtern, z. b. kâſere, cae-
ſar) aber k geſprochen. Vor a, o, u, â, ô, û und den
conſonanten l, n, r, v, hat das kein bedenken; vor ä,
e, ë, i, y, ëa, eá, ëo, ëó, ê, î, ŷ könnte man zwei-
feln, da

1) das romaniſche c vor e, i, y ſpäter den ziſchlaut
empfieng (vgl. oben ſ. 68. 180.) und zwar im franz.
wie z (nämlich alth. Ʒ) im ital. wie tſch geſprochen
wurde.
2) die angelſ. wörter mit cë, ci, cy etc. gewöhnlich im
engl. die ſchreibung ch und ausſprache tſch. bekom-
men, vgl. cëaf, cîld, cîdan, cicen, ceác, cyrice etc.
mit chaff, chìld, chìde, chicken, chèek, church.
3) das frief. in gleichem falle tz, ſz, ſth, zeigt, z. b.
tziáka (engl. chèek) tzurke, ſzurke, ſthërke (engl.
church etc.)
4) das ſchwed. kë, ki, ky, kä, kö, wie tje, tji, tjy,
tjä, tjö, nach andern ſelbſt wie tſchë, tſchi, tſchy,
tſchä, tſchö lautet, z. b. känna (noſcere) ſpr. tjänna
oder tſchänna.
5) die nordiſche (wenigſtens heutig-isländiſche) und dä-
niſche mundart dem ë, e, i, y, ö, ſobald k voraus-
ſteht, ein j, jene in der ausſprache, dieſe ſogar in
der ſchreibung vorſchiebt, z. b. kenna wird isländ.
kjenna geſprochen, dän. kjende geſchrieben, wie denn
auch isländ, drucke deswegen kénna (Raſk: kènna)
ſetzen.

Welche dieſer entſtellungen des reinen k-lauts wäre
nun auf den analogen angelſ. fall anwendbar? mit

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0282" n="256"/><fw place="top" type="header">I. <hi rendition="#i">angel&#x017F;äch&#x017F;i&#x017F;che con&#x017F;onanten. gutturales.</hi></fw><lb/>
fla&#x017F;ce, fi&#x017F;cas, tu&#x017F;c. &#x2014; Uneigentliche verbindungen (wie<lb/>
oben ls. ms. ns. vs) &#x017F;ind ts, ds, dhs, z. b. blîd&#x017F;jan,<lb/>
mild&#x017F;jan, blêd&#x017F;jan, wofür man auch blìt&#x017F;jan, milt&#x017F;jan,<lb/>
blêt&#x017F;jan findet, zuweilen die a&#x017F;&#x017F;imilation &#x017F;&#x017F; (wovon vor-<lb/>
hin), vielleicht mit verkürzung des vorans&#x017F;tehenden<lb/>
langen vocals. Hier noch weitere belege: gît&#x017F;jan (con-<lb/>
cupi&#x017F;cere) met&#x017F;jan (cibare) br&#x0177;<supplied>t</supplied>&#x017F;an (fragmenta) unrôt&#x017F;jan<lb/>
(contri&#x017F;tari); die vergleichung des alth. lehrt den aus-<lb/>
fall eines vocals zwi&#x017F;chen dem t der wurzel und &#x017F; der<lb/>
weiterbildung, mild&#x017F;jan, met&#x017F;jan würden alth. milti&#x017F;ôn,<lb/>
ma&#x01B7;i&#x017F;ôn (oder me&#x01B7;i&#x017F;ôn) lauten. Eben&#x017F;o lehren <hi rendition="#i">&#x017F;n</hi> in<lb/>
by&#x017F;en (mandatum) rä&#x017F;n (laquear) die &#x017F;yncope im goth.<lb/><hi rendition="#i">zn</hi> (oben &#x017F;. 67.) &#x2014;</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>(C. G. J. H. X.) <hi rendition="#i">gutturales.</hi></head><lb/>
              <p>(C) es wird c, nicht k ge&#x017F;chrieben (die&#x017F;es er&#x017F;t &#x017F;pä-<lb/>
ter oder einzeln in fremden wörtern, z. b. kâ&#x017F;ere, cae-<lb/>
&#x017F;ar) aber k ge&#x017F;prochen. Vor a, o, u, â, ô, û und den<lb/>
con&#x017F;onanten l, n, r, v, hat das kein bedenken; vor ä,<lb/>
e, ë, i, y, ëa, eá, ëo, ëó, ê, î, &#x0177; könnte man zwei-<lb/>
feln, da</p><lb/>
              <list>
                <item>1) das romani&#x017F;che c vor e, i, y &#x017F;päter den zi&#x017F;chlaut<lb/>
empfieng (vgl. oben &#x017F;. 68. 180.) und zwar im franz.<lb/>
wie z (nämlich alth. &#x01B7;) im ital. wie t&#x017F;ch ge&#x017F;prochen<lb/>
wurde.</item><lb/>
                <item>2) die angel&#x017F;. wörter mit cë, ci, cy etc. gewöhnlich im<lb/>
engl. die &#x017F;chreibung ch und aus&#x017F;prache t&#x017F;ch. bekom-<lb/>
men, vgl. cëaf, cîld, cîdan, cicen, ceác, cyrice etc.<lb/>
mit chaff, chìld, chìde, chicken, chèek, church.</item><lb/>
                <item>3) das frief. in gleichem falle tz, &#x017F;z, &#x017F;th, zeigt, z. b.<lb/>
tziáka (engl. chèek) tzurke, &#x017F;zurke, &#x017F;thërke (engl.<lb/>
church etc.)</item><lb/>
                <item>4) das &#x017F;chwed. kë, ki, ky, kä, kö, wie tje, tji, tjy,<lb/>
tjä, tjö, nach andern &#x017F;elb&#x017F;t wie t&#x017F;chë, t&#x017F;chi, t&#x017F;chy,<lb/>
t&#x017F;chä, t&#x017F;chö lautet, z. b. känna (no&#x017F;cere) &#x017F;pr. tjänna<lb/>
oder t&#x017F;chänna.</item><lb/>
                <item>5) die nordi&#x017F;che (wenig&#x017F;tens heutig-isländi&#x017F;che) und dä-<lb/>
ni&#x017F;che mundart dem ë, e, i, y, ö, &#x017F;obald k voraus-<lb/>
&#x017F;teht, ein j, jene in der aus&#x017F;prache, die&#x017F;e &#x017F;ogar in<lb/>
der &#x017F;chreibung vor&#x017F;chiebt, z. b. kenna wird isländ.<lb/>
kjenna ge&#x017F;prochen, dän. kjende ge&#x017F;chrieben, wie denn<lb/>
auch isländ, drucke deswegen kénna (Ra&#x017F;k: kènna)<lb/>
&#x017F;etzen.</item>
              </list><lb/>
              <p>Welche die&#x017F;er ent&#x017F;tellungen des reinen k-lauts wäre<lb/>
nun auf den analogen angel&#x017F;. fall anwendbar? mit<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[256/0282] I. angelſächſiſche conſonanten. gutturales. flaſce, fiſcas, tuſc. — Uneigentliche verbindungen (wie oben ls. ms. ns. vs) ſind ts, ds, dhs, z. b. blîdſjan, mildſjan, blêdſjan, wofür man auch blìtſjan, miltſjan, blêtſjan findet, zuweilen die aſſimilation ſſ (wovon vor- hin), vielleicht mit verkürzung des voransſtehenden langen vocals. Hier noch weitere belege: gîtſjan (con- cupiſcere) metſjan (cibare) brŷtſan (fragmenta) unrôtſjan (contriſtari); die vergleichung des alth. lehrt den aus- fall eines vocals zwiſchen dem t der wurzel und ſ der weiterbildung, mildſjan, metſjan würden alth. miltiſôn, maƷiſôn (oder meƷiſôn) lauten. Ebenſo lehren ſn in byſen (mandatum) räſn (laquear) die ſyncope im goth. zn (oben ſ. 67.) — (C. G. J. H. X.) gutturales. (C) es wird c, nicht k geſchrieben (dieſes erſt ſpä- ter oder einzeln in fremden wörtern, z. b. kâſere, cae- ſar) aber k geſprochen. Vor a, o, u, â, ô, û und den conſonanten l, n, r, v, hat das kein bedenken; vor ä, e, ë, i, y, ëa, eá, ëo, ëó, ê, î, ŷ könnte man zwei- feln, da 1) das romaniſche c vor e, i, y ſpäter den ziſchlaut empfieng (vgl. oben ſ. 68. 180.) und zwar im franz. wie z (nämlich alth. Ʒ) im ital. wie tſch geſprochen wurde. 2) die angelſ. wörter mit cë, ci, cy etc. gewöhnlich im engl. die ſchreibung ch und ausſprache tſch. bekom- men, vgl. cëaf, cîld, cîdan, cicen, ceác, cyrice etc. mit chaff, chìld, chìde, chicken, chèek, church. 3) das frief. in gleichem falle tz, ſz, ſth, zeigt, z. b. tziáka (engl. chèek) tzurke, ſzurke, ſthërke (engl. church etc.) 4) das ſchwed. kë, ki, ky, kä, kö, wie tje, tji, tjy, tjä, tjö, nach andern ſelbſt wie tſchë, tſchi, tſchy, tſchä, tſchö lautet, z. b. känna (noſcere) ſpr. tjänna oder tſchänna. 5) die nordiſche (wenigſtens heutig-isländiſche) und dä- niſche mundart dem ë, e, i, y, ö, ſobald k voraus- ſteht, ein j, jene in der ausſprache, dieſe ſogar in der ſchreibung vorſchiebt, z. b. kenna wird isländ. kjenna geſprochen, dän. kjende geſchrieben, wie denn auch isländ, drucke deswegen kénna (Raſk: kènna) ſetzen. Welche dieſer entſtellungen des reinen k-lauts wäre nun auf den analogen angelſ. fall anwendbar? mit

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/282
Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/282>, abgerufen am 22.12.2024.