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Celander [i. e. Gressel, Johann Georg]: Verliebte-Galante/ Sinn-Vermischte und Grab-Gedichte. Hamburg u. a., 1716.

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Vermische Gedichte.
Gehören auch in ihrem Orden
Sie suchen gleichen Zeit-Vertreib.
Jüngst sprach ein zartes Jungfräulein
Von zwey und zwantzig Jahren:
Der Himmel weiß ob sie noch rein:
Zur Mutter/ wenn soll ich mich denn einst paaren?
Die Mutter gab ihr diesen Trost/
Harr bis es Sommer wird/ du Närrin du!
Denn kommt noch wohl ein Freyer an/
Dem ich dich geben kan.
Die Tochter ward darob erbooßt/
Und rieff der Mutter zu:
Wolt ich auf euren Freyer harren/
So würde ich und er zum Narren/
Jch habe mich schon längst bedacht/
Und manche Liebes-Lust vollbracht.
Dis war ein keusches Jungfern-Bild/
So wie die Bauren/ wenn sie jagen/
Das Spieß tragen.
Wer sie vor eine Hure schilt
Verdienet einen grossen Danck.
Jn der Welt ist alles Eitel/
Absonderlich ein leerer Beutel.
Vor Danck giebt sie Stanck/
Und Dreck vor Marcipan.
Mein/ greiff es doch nicht an/
Du besudelst sonst die Hände.
Jungfern Lieb/ und Rosen-Blätter/
Herren Gunst/ Aprillen-Wetter/
Daurt nur eine kürtze Zeit.
Liebe/ lebe ohne Leid.
Nun hat dis Quodlibet ein Ende.


Der vergnügte Seladon.
WIe wunderlich ist doch der Liebe artigs Wesen!
Fing nächsten Seladon bey sich alleine an:
Was
F f
Vermiſche Gedichte.
Gehoͤren auch in ihrem Orden
Sie ſuchen gleichen Zeit-Vertreib.
Juͤngſt ſprach ein zartes Jungfraͤulein
Von zwey und zwantzig Jahren:
Der Himmel weiß ob ſie noch rein:
Zur Mutter/ wenn ſoll ich mich denn einſt paaren?
Die Mutter gab ihr dieſen Troſt/
Harr bis es Sommer wird/ du Naͤrrin du!
Denn kommt noch wohl ein Freyer an/
Dem ich dich geben kan.
Die Tochter ward darob erbooßt/
Und rieff der Mutter zu:
Wolt ich auf euren Freyer harren/
So wuͤrde ich und er zum Narren/
Jch habe mich ſchon laͤngſt bedacht/
Und manche Liebes-Luſt vollbracht.
Dis war ein keuſches Jungfern-Bild/
So wie die Bauren/ wenn ſie jagen/
Das Spieß tragen.
Wer ſie vor eine Hure ſchilt
Verdienet einen groſſen Danck.
Jn der Welt iſt alles Eitel/
Abſonderlich ein leerer Beutel.
Vor Danck giebt ſie Stanck/
Und Dreck vor Marcipan.
Mein/ greiff es doch nicht an/
Du beſudelſt ſonſt die Haͤnde.
Jungfern Lieb/ und Roſen-Blaͤtter/
Herren Gunſt/ Aprillen-Wetter/
Daurt nur eine kuͤrtze Zeit.
Liebe/ lebe ohne Leid.
Nun hat dis Quodlibet ein Ende.


Der vergnuͤgte Seladon.
WIe wunderlich iſt doch der Liebe artigs Weſen!
Fing naͤchſten Seladon bey ſich alleine an:
Was
F f
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[449/0467] Vermiſche Gedichte. Gehoͤren auch in ihrem Orden Sie ſuchen gleichen Zeit-Vertreib. Juͤngſt ſprach ein zartes Jungfraͤulein Von zwey und zwantzig Jahren: Der Himmel weiß ob ſie noch rein: Zur Mutter/ wenn ſoll ich mich denn einſt paaren? Die Mutter gab ihr dieſen Troſt/ Harr bis es Sommer wird/ du Naͤrrin du! Denn kommt noch wohl ein Freyer an/ Dem ich dich geben kan. Die Tochter ward darob erbooßt/ Und rieff der Mutter zu: Wolt ich auf euren Freyer harren/ So wuͤrde ich und er zum Narren/ Jch habe mich ſchon laͤngſt bedacht/ Und manche Liebes-Luſt vollbracht. Dis war ein keuſches Jungfern-Bild/ So wie die Bauren/ wenn ſie jagen/ Das Spieß tragen. Wer ſie vor eine Hure ſchilt Verdienet einen groſſen Danck. Jn der Welt iſt alles Eitel/ Abſonderlich ein leerer Beutel. Vor Danck giebt ſie Stanck/ Und Dreck vor Marcipan. Mein/ greiff es doch nicht an/ Du beſudelſt ſonſt die Haͤnde. Jungfern Lieb/ und Roſen-Blaͤtter/ Herren Gunſt/ Aprillen-Wetter/ Daurt nur eine kuͤrtze Zeit. Liebe/ lebe ohne Leid. Nun hat dis Quodlibet ein Ende. Der vergnuͤgte Seladon. WIe wunderlich iſt doch der Liebe artigs Weſen! Fing naͤchſten Seladon bey ſich alleine an: Was F f

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Zitationshilfe: Celander [i. e. Gressel, Johann Georg]: Verliebte-Galante/ Sinn-Vermischte und Grab-Gedichte. Hamburg u. a., 1716, S. 449. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gressel_grabgedichte_1716/467>, abgerufen am 21.11.2024.