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Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Zweites Vierteljahr.

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Der österreichische Verlagsbuchhandel

daneben ein Kirchlein, wunderbar malerisch in diese Welt hineingestellt. Die
Menschen haben versucht, die gewaltigen Andachtsgedanken, die in den Bäumen
rauschen, in Stein zu bannen. Ich kenne nichts, was den Gegensatz zwischen
dem "Allumfasser, dem Allerhalter" und dem zagenden, vergänglichen Menschen¬
kinde schärfer zum Ausdruck bringt als solch ein düsteres, einsames Kirchlein auf
dem Berge, umrauscht von Urweltsliedern. Goethe sagt einmal: "Die Gottheit
ist wirksam im Lebendigen, aber nicht im Toten) sie ist im Werdenden und sich
Verwandelnden, aber nicht im Gewordenen, im Erstarrten." -- Noch einen Blick
aus dem Portal des Kirchleins über die Wälder, die Täter, und ich reiße mich
los von den Stätten, wo ich "unaussprechliche Worte Gottes" vernehmen durfte.




Der österreichische Verlagsbuchhandel
Grete v. Urbanitzky von

jäh Aufblühen des österreichischen Verlagsbuchhandels in den letzten
Jahren wollen viele als eine Valutaspekulation abtun, die nur für
kurze Zeit berechnet ist. Sie verkennen damit die ernste besonnene
Arbeit, die im Rahmen der neuen Verlagsgründungen wie in den
kleineren alten Häusern geleistet wurde und sie verkennen auch den
langgehegten Wunsch österreichischer Schriftsteller, für ausgesprochen österreichische
Werke in ihrer Heimat tatkräftige Vertreter zu finden.

Der Verlag Streiche in Wien war einer der ersten, der mit Büchern jüngster
Richtung in Osterreich herauskam. Seine Autoren sind in der Mehrzahl Grosz-
stadtbegabungen, eigenwillig und sehr intellektuell. Damit soll nicht gesagt sein,
daß die Bücher dieses Verlages eine allzu bedenkliche Annäherung an die "letzten.
Uterarischen Moden" erkennen lassen. Die Gedichte derElisabeth Ianstein
sind von der wundervollen Schlichtheit und Größe der Form, wie sie einst nur
vie Droste schuf, wie sie nur die unerhörteste und keusche Erlebnisnähe zu Welt
und Ich schenkt. Ihre "Gebete um Wirklichkeit" strömen aus Tiefen, in die wohl
selten sonst ein Weib sah und sind erfüllt von einem Ernst, dem das Spiel mit
dem Wort Frevel wäre. Auch FranzSpundas Dithyramben "Astralis" ist j"n-
ul,n?^ gegeben, welche die Welt aus dein Gefühl zu erfassen sucht und
eine La^r^^" Zusammenhängen vordringt. I o s ef G r e g o r ist es gelungen,
Sooden ?? ^ geahnten Sinn, ihre Wesenheit in einigen formenklaren
drinat er " ^ '^in zu lassen. Und derart - als Maler und demütig schauender --
ist die von K heimlichen Landschaften der Seele. Ein sehr schönes Werk
aus Österreich ^ Reinhardt herausgegebene "Botschaft" (Neue Gedichte
die in Werfet i's,.^^?^ ^r lebendiges Bild jener österreichischen Jugend,
gestellt ist chi um^ ^ Da diese Sammlung sehr persönlich zusammen-
Grm b t ^'es in einer Sammlung aus Österreich nicht


I
Der österreichische Verlagsbuchhandel

daneben ein Kirchlein, wunderbar malerisch in diese Welt hineingestellt. Die
Menschen haben versucht, die gewaltigen Andachtsgedanken, die in den Bäumen
rauschen, in Stein zu bannen. Ich kenne nichts, was den Gegensatz zwischen
dem „Allumfasser, dem Allerhalter" und dem zagenden, vergänglichen Menschen¬
kinde schärfer zum Ausdruck bringt als solch ein düsteres, einsames Kirchlein auf
dem Berge, umrauscht von Urweltsliedern. Goethe sagt einmal: „Die Gottheit
ist wirksam im Lebendigen, aber nicht im Toten) sie ist im Werdenden und sich
Verwandelnden, aber nicht im Gewordenen, im Erstarrten." — Noch einen Blick
aus dem Portal des Kirchleins über die Wälder, die Täter, und ich reiße mich
los von den Stätten, wo ich „unaussprechliche Worte Gottes" vernehmen durfte.




Der österreichische Verlagsbuchhandel
Grete v. Urbanitzky von

jäh Aufblühen des österreichischen Verlagsbuchhandels in den letzten
Jahren wollen viele als eine Valutaspekulation abtun, die nur für
kurze Zeit berechnet ist. Sie verkennen damit die ernste besonnene
Arbeit, die im Rahmen der neuen Verlagsgründungen wie in den
kleineren alten Häusern geleistet wurde und sie verkennen auch den
langgehegten Wunsch österreichischer Schriftsteller, für ausgesprochen österreichische
Werke in ihrer Heimat tatkräftige Vertreter zu finden.

Der Verlag Streiche in Wien war einer der ersten, der mit Büchern jüngster
Richtung in Osterreich herauskam. Seine Autoren sind in der Mehrzahl Grosz-
stadtbegabungen, eigenwillig und sehr intellektuell. Damit soll nicht gesagt sein,
daß die Bücher dieses Verlages eine allzu bedenkliche Annäherung an die „letzten.
Uterarischen Moden" erkennen lassen. Die Gedichte derElisabeth Ianstein
sind von der wundervollen Schlichtheit und Größe der Form, wie sie einst nur
vie Droste schuf, wie sie nur die unerhörteste und keusche Erlebnisnähe zu Welt
und Ich schenkt. Ihre „Gebete um Wirklichkeit" strömen aus Tiefen, in die wohl
selten sonst ein Weib sah und sind erfüllt von einem Ernst, dem das Spiel mit
dem Wort Frevel wäre. Auch FranzSpundas Dithyramben „Astralis" ist j«n-
ul,n?^ gegeben, welche die Welt aus dein Gefühl zu erfassen sucht und
eine La^r^^" Zusammenhängen vordringt. I o s ef G r e g o r ist es gelungen,
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drinat er " ^ '^in zu lassen. Und derart - als Maler und demütig schauender —
ist die von K heimlichen Landschaften der Seele. Ein sehr schönes Werk
aus Österreich ^ Reinhardt herausgegebene „Botschaft" (Neue Gedichte
die in Werfet i's,.^^?^ ^r lebendiges Bild jener österreichischen Jugend,
gestellt ist chi um^ ^ Da diese Sammlung sehr persönlich zusammen-
Grm b t ^'es in einer Sammlung aus Österreich nicht


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[0119] Der österreichische Verlagsbuchhandel daneben ein Kirchlein, wunderbar malerisch in diese Welt hineingestellt. Die Menschen haben versucht, die gewaltigen Andachtsgedanken, die in den Bäumen rauschen, in Stein zu bannen. Ich kenne nichts, was den Gegensatz zwischen dem „Allumfasser, dem Allerhalter" und dem zagenden, vergänglichen Menschen¬ kinde schärfer zum Ausdruck bringt als solch ein düsteres, einsames Kirchlein auf dem Berge, umrauscht von Urweltsliedern. Goethe sagt einmal: „Die Gottheit ist wirksam im Lebendigen, aber nicht im Toten) sie ist im Werdenden und sich Verwandelnden, aber nicht im Gewordenen, im Erstarrten." — Noch einen Blick aus dem Portal des Kirchleins über die Wälder, die Täter, und ich reiße mich los von den Stätten, wo ich „unaussprechliche Worte Gottes" vernehmen durfte. Der österreichische Verlagsbuchhandel Grete v. Urbanitzky von jäh Aufblühen des österreichischen Verlagsbuchhandels in den letzten Jahren wollen viele als eine Valutaspekulation abtun, die nur für kurze Zeit berechnet ist. Sie verkennen damit die ernste besonnene Arbeit, die im Rahmen der neuen Verlagsgründungen wie in den kleineren alten Häusern geleistet wurde und sie verkennen auch den langgehegten Wunsch österreichischer Schriftsteller, für ausgesprochen österreichische Werke in ihrer Heimat tatkräftige Vertreter zu finden. Der Verlag Streiche in Wien war einer der ersten, der mit Büchern jüngster Richtung in Osterreich herauskam. Seine Autoren sind in der Mehrzahl Grosz- stadtbegabungen, eigenwillig und sehr intellektuell. Damit soll nicht gesagt sein, daß die Bücher dieses Verlages eine allzu bedenkliche Annäherung an die „letzten. Uterarischen Moden" erkennen lassen. Die Gedichte derElisabeth Ianstein sind von der wundervollen Schlichtheit und Größe der Form, wie sie einst nur vie Droste schuf, wie sie nur die unerhörteste und keusche Erlebnisnähe zu Welt und Ich schenkt. Ihre „Gebete um Wirklichkeit" strömen aus Tiefen, in die wohl selten sonst ein Weib sah und sind erfüllt von einem Ernst, dem das Spiel mit dem Wort Frevel wäre. Auch FranzSpundas Dithyramben „Astralis" ist j«n- ul,n?^ gegeben, welche die Welt aus dein Gefühl zu erfassen sucht und eine La^r^^" Zusammenhängen vordringt. I o s ef G r e g o r ist es gelungen, Sooden ?? ^ geahnten Sinn, ihre Wesenheit in einigen formenklaren drinat er " ^ '^in zu lassen. Und derart - als Maler und demütig schauender — ist die von K heimlichen Landschaften der Seele. Ein sehr schönes Werk aus Österreich ^ Reinhardt herausgegebene „Botschaft" (Neue Gedichte die in Werfet i's,.^^?^ ^r lebendiges Bild jener österreichischen Jugend, gestellt ist chi um^ ^ Da diese Sammlung sehr persönlich zusammen- Grm b t ^'es in einer Sammlung aus Österreich nicht I

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_338800/119>, abgerufen am 23.11.2024.