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Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Erstes Vierteljahr.

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Reisebriefe an den Kaiser

sang mit dem Präsidentschaftswechsel in Amerika erwartet. Nun ist der Spielraum
für ein volkswirtschaftlich gesundes Steigen der Mark gar nicht mehr so groß.
Im vorigen Sommer hat der Dollarstand von 35 die deutsche Ausfuhr zum
Erliegen gebracht. Heute würde nach den Veränderungen am Weltpreismarkt und
in den deutschen Gestehungskosten schon bei einem Dollarstand von 50 die deutsche
Ausfuhr abgeschnitten werden. Im Januar hat nun durch amerikanische
Spekulation sich der Dollar von 70 auf 50 Mark ermäßigt und es wird davon
gesprochen, daß die Mark wieder auf einen Stand von etwa 40 Mark für den
Dollar getrieben werden solle. Es genügt also schon eine nicht allzu große
spekulative Bewegung an der New Uorker Börse, um ein Veto gegen die deutsche
Ausfuhr einzulegen, das wenigstens für den Augenblick noch wirksamer erscheinen
kann als Antidumpingmaßregeln. Nun sind, wenn man von solchen spekulativen
Manövern absieht, die realen Faktoren, die ein Steigen der Mark rechtfertigen
könnten, außerordentlich gering und werden überwogen durch Faktoren, die ein
weiteres Sinken in Aussicht stellen. Infolgedessen bleiben auch die Gesichtspunkte,
die sich an die Scheinblüte und die Gefahren des Dumping anknüpfen, von größter
Gegenwartsbedeutung, selbst wenn eine Besserung der Mark vorübergehend den
Bcgnff "Valuta-Dumping" außer Kraft setzen kann. Dann folgt automatisch
durch das Stocken unserer Ausfuhr die Verschlechterung der Mark. Diese Wellen¬
bewegungen aber Schlingern uns die Seele aus dem Leib.




Reisebriefe an den Kaiser*)
von der letzten Weltreise deutscher Linienschiffe
Adolf v. Trotha von(Fortsetzung)

Lüderitzbucht, 26. Januar 1914.

Die ersten Eindrücke aus unseren Kolonien liegen hinter uns, und es ist kein
Zweifel, daß die ganze Besatzung einen großen Schatz von Erinnerungen, An¬
regungen und Erlebnissen mitgenommen hat.'

In Lome, das wie ein freundliches, sauberes Ostseebad am Strande aus¬
gebreitet liegt, konnte ja leider bei den schwierigen Landungsverhältnissen nur ein
kleinerer Teil der Besatzung an Land kommen. Das außerordentliche Entgegen¬
kommen aller Kreise der Kolonie, die sich nach jeder Richtung bemühte, gerade auch
den Mannschaften zu zeigen, was in den kurzen Tagen erreichbar war, hat aber
den Beurlaubten jedenfalls viel interessante Eindrücke gebracht.

Viel besser lagen natürlich die Verhältnisse in dem allerdings sehr viel heißeren
Victoria, wo auch das herrliche Landschaftsbild und die urwüchsige Natur bei jedem
Landgang neue Bilder brachte. Dazu die verhältnismäßig guten Landungsgelegen¬
heiten und das unermüdliche Entgegenkommen, besonders der Westafrikanischen



Siehe auch "Grenzboten" Heft 4/6. Weitere Briefe folgen.
Reisebriefe an den Kaiser

sang mit dem Präsidentschaftswechsel in Amerika erwartet. Nun ist der Spielraum
für ein volkswirtschaftlich gesundes Steigen der Mark gar nicht mehr so groß.
Im vorigen Sommer hat der Dollarstand von 35 die deutsche Ausfuhr zum
Erliegen gebracht. Heute würde nach den Veränderungen am Weltpreismarkt und
in den deutschen Gestehungskosten schon bei einem Dollarstand von 50 die deutsche
Ausfuhr abgeschnitten werden. Im Januar hat nun durch amerikanische
Spekulation sich der Dollar von 70 auf 50 Mark ermäßigt und es wird davon
gesprochen, daß die Mark wieder auf einen Stand von etwa 40 Mark für den
Dollar getrieben werden solle. Es genügt also schon eine nicht allzu große
spekulative Bewegung an der New Uorker Börse, um ein Veto gegen die deutsche
Ausfuhr einzulegen, das wenigstens für den Augenblick noch wirksamer erscheinen
kann als Antidumpingmaßregeln. Nun sind, wenn man von solchen spekulativen
Manövern absieht, die realen Faktoren, die ein Steigen der Mark rechtfertigen
könnten, außerordentlich gering und werden überwogen durch Faktoren, die ein
weiteres Sinken in Aussicht stellen. Infolgedessen bleiben auch die Gesichtspunkte,
die sich an die Scheinblüte und die Gefahren des Dumping anknüpfen, von größter
Gegenwartsbedeutung, selbst wenn eine Besserung der Mark vorübergehend den
Bcgnff „Valuta-Dumping" außer Kraft setzen kann. Dann folgt automatisch
durch das Stocken unserer Ausfuhr die Verschlechterung der Mark. Diese Wellen¬
bewegungen aber Schlingern uns die Seele aus dem Leib.




Reisebriefe an den Kaiser*)
von der letzten Weltreise deutscher Linienschiffe
Adolf v. Trotha von(Fortsetzung)

Lüderitzbucht, 26. Januar 1914.

Die ersten Eindrücke aus unseren Kolonien liegen hinter uns, und es ist kein
Zweifel, daß die ganze Besatzung einen großen Schatz von Erinnerungen, An¬
regungen und Erlebnissen mitgenommen hat.'

In Lome, das wie ein freundliches, sauberes Ostseebad am Strande aus¬
gebreitet liegt, konnte ja leider bei den schwierigen Landungsverhältnissen nur ein
kleinerer Teil der Besatzung an Land kommen. Das außerordentliche Entgegen¬
kommen aller Kreise der Kolonie, die sich nach jeder Richtung bemühte, gerade auch
den Mannschaften zu zeigen, was in den kurzen Tagen erreichbar war, hat aber
den Beurlaubten jedenfalls viel interessante Eindrücke gebracht.

Viel besser lagen natürlich die Verhältnisse in dem allerdings sehr viel heißeren
Victoria, wo auch das herrliche Landschaftsbild und die urwüchsige Natur bei jedem
Landgang neue Bilder brachte. Dazu die verhältnismäßig guten Landungsgelegen¬
heiten und das unermüdliche Entgegenkommen, besonders der Westafrikanischen



Siehe auch „Grenzboten" Heft 4/6. Weitere Briefe folgen.
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[0167] Reisebriefe an den Kaiser sang mit dem Präsidentschaftswechsel in Amerika erwartet. Nun ist der Spielraum für ein volkswirtschaftlich gesundes Steigen der Mark gar nicht mehr so groß. Im vorigen Sommer hat der Dollarstand von 35 die deutsche Ausfuhr zum Erliegen gebracht. Heute würde nach den Veränderungen am Weltpreismarkt und in den deutschen Gestehungskosten schon bei einem Dollarstand von 50 die deutsche Ausfuhr abgeschnitten werden. Im Januar hat nun durch amerikanische Spekulation sich der Dollar von 70 auf 50 Mark ermäßigt und es wird davon gesprochen, daß die Mark wieder auf einen Stand von etwa 40 Mark für den Dollar getrieben werden solle. Es genügt also schon eine nicht allzu große spekulative Bewegung an der New Uorker Börse, um ein Veto gegen die deutsche Ausfuhr einzulegen, das wenigstens für den Augenblick noch wirksamer erscheinen kann als Antidumpingmaßregeln. Nun sind, wenn man von solchen spekulativen Manövern absieht, die realen Faktoren, die ein Steigen der Mark rechtfertigen könnten, außerordentlich gering und werden überwogen durch Faktoren, die ein weiteres Sinken in Aussicht stellen. Infolgedessen bleiben auch die Gesichtspunkte, die sich an die Scheinblüte und die Gefahren des Dumping anknüpfen, von größter Gegenwartsbedeutung, selbst wenn eine Besserung der Mark vorübergehend den Bcgnff „Valuta-Dumping" außer Kraft setzen kann. Dann folgt automatisch durch das Stocken unserer Ausfuhr die Verschlechterung der Mark. Diese Wellen¬ bewegungen aber Schlingern uns die Seele aus dem Leib. Reisebriefe an den Kaiser*) von der letzten Weltreise deutscher Linienschiffe Adolf v. Trotha von(Fortsetzung) Lüderitzbucht, 26. Januar 1914. Die ersten Eindrücke aus unseren Kolonien liegen hinter uns, und es ist kein Zweifel, daß die ganze Besatzung einen großen Schatz von Erinnerungen, An¬ regungen und Erlebnissen mitgenommen hat.' In Lome, das wie ein freundliches, sauberes Ostseebad am Strande aus¬ gebreitet liegt, konnte ja leider bei den schwierigen Landungsverhältnissen nur ein kleinerer Teil der Besatzung an Land kommen. Das außerordentliche Entgegen¬ kommen aller Kreise der Kolonie, die sich nach jeder Richtung bemühte, gerade auch den Mannschaften zu zeigen, was in den kurzen Tagen erreichbar war, hat aber den Beurlaubten jedenfalls viel interessante Eindrücke gebracht. Viel besser lagen natürlich die Verhältnisse in dem allerdings sehr viel heißeren Victoria, wo auch das herrliche Landschaftsbild und die urwüchsige Natur bei jedem Landgang neue Bilder brachte. Dazu die verhältnismäßig guten Landungsgelegen¬ heiten und das unermüdliche Entgegenkommen, besonders der Westafrikanischen Siehe auch „Grenzboten" Heft 4/6. Weitere Briefe folgen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_338432/167>, abgerufen am 27.06.2024.