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Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Erstes Vierteljahr.

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Neisebriefe an den Kaiser

Reisebriefe an den Aaiser
Von der letzten Weltreise deutscher Linienschiffe
Adolf v. Trotha von

om Dezember 1913 bis Juni 1914 waren S. M. SS. "Kaiser"-,
"König Albert" und "Straßburg" auf Auslandsreise nach Afrika
und Südamerika. Zum erstenmal gingen deutsche Großkampf
schiffe über den Atlantik, um dem Marinepersvnal die im scharfe"
llbungsdienst auf der Nordsee verkümmernder Ausländserfahrungen
wiederzugeben. Mit Stolz und Liebe wurde die Division, ein Probestück modernster
deutscher Technik und Organisation, vom Auslandsdeutschtum begrüßt, mit Achtung
von den Fremden aufgenommen. Einen Monat nach der Rückkehr der Division
brach der Krieg aus. Kaiser Wilhelm II. hatte vor der Ausreise dem Kommandanten
des "Kaisers", dem damaligen Kapitän zur See, jetzigem Vizeadmiral a. D.
von Trotha aufgetragen, ihm Neiseschilderungen zu schicken. Wir veröffentlichen
sie als stimmungsmäßige Erinnerung an Tage, die in der Geschichte als Höhe
puukt des Gedeihens und der Geltung unseres Volkes in der Welt fortleben
Die Schriftlcitung. werden.

Vor Las Palmas. den 16. 12. 1913.

EucrMajestätunterbreiteichalleruntertänigstausGrunddesmirerteiltenBefchls
folgenden Bericht über S. M. S. "Kaiser" während des ersten Reiseabschnttts:

Als die Diviston am 9. Dezember abends Wilhelmshaven verlassen hatte,
setzte bei fallenden Barometer ein immer stärker auftretender Wind aus 'WRW
ein. Bei durchschnittlicher Stärke vou 6--8 traten Boer von ziemlicher Heftig¬
keit auf. Regen und manchmal auch Hagel mit sich führend.

Dies Wetter war für das Schiff eine außerordentlich gute Schule zu Beginn
der Reise, um für die Vorbereitungen bei Schlcchtwettcr zu lernen und Schiff und
Besatzung etwas scegcwohnt zu machen. Die hierbei gemachten Erfahrungen traten
um so schärfer auf, als das durch die große Ausrüstung stark belastete Schiff beim
Auslaufen sehr tief lag. Die See stand ungefähr 2--3 Strich von Steuerbord ein i
die Schiffe liefen 11 Seemeilen,

S. M. S. "Kaiser" bekam in immer stärkerem Maße Wasser an Deck. Die
ziemlich kurze, steile See ging über die Back hinweg mit Spritzern bis auf die
Kommandobrücke. An Steuerbordseite brandete das über das Außendeck stürzende
Wasser gegen den Kasemattenbau und warf erhebliche Wassermengen auf duo
Aufbaudeck, das ständig unter Wasser stand. Auf dem Achterdeck mußten alle Luken
und Niedergange geschlossen werden; die Seen schlugen hart unter den Netzkasten
und warfen, dort aufschäumend, so viel Wasser über, daß es mit dem Schlingern
ständig hin und her wogte.

Wie stark die See manchmal am Schiff auslief, ist daran zu beurteilen, daß
der eingeschwungene Stcuerlwrdkutter von einer bis auf das Ausbaudeck schlagenden
See angelüftct und erheblich beschädigt wurde.

In das Jnncnschiff drang durch Ankerklüsen, Schartendichtunge" usw. all¬
mählich so viel Wasser ein, daß eigentlich nur die Mittclwohnräume trocken gehalten
werden konnten, obgleich schließlich nur ein im Lee des achterm Aufbaus geschützt
liegendes Luk zum Verkehr offen blieb.


Neisebriefe an den Kaiser

Reisebriefe an den Aaiser
Von der letzten Weltreise deutscher Linienschiffe
Adolf v. Trotha von

om Dezember 1913 bis Juni 1914 waren S. M. SS. „Kaiser"-,
„König Albert" und „Straßburg" auf Auslandsreise nach Afrika
und Südamerika. Zum erstenmal gingen deutsche Großkampf
schiffe über den Atlantik, um dem Marinepersvnal die im scharfe»
llbungsdienst auf der Nordsee verkümmernder Ausländserfahrungen
wiederzugeben. Mit Stolz und Liebe wurde die Division, ein Probestück modernster
deutscher Technik und Organisation, vom Auslandsdeutschtum begrüßt, mit Achtung
von den Fremden aufgenommen. Einen Monat nach der Rückkehr der Division
brach der Krieg aus. Kaiser Wilhelm II. hatte vor der Ausreise dem Kommandanten
des „Kaisers", dem damaligen Kapitän zur See, jetzigem Vizeadmiral a. D.
von Trotha aufgetragen, ihm Neiseschilderungen zu schicken. Wir veröffentlichen
sie als stimmungsmäßige Erinnerung an Tage, die in der Geschichte als Höhe
puukt des Gedeihens und der Geltung unseres Volkes in der Welt fortleben
Die Schriftlcitung. werden.

Vor Las Palmas. den 16. 12. 1913.

EucrMajestätunterbreiteichalleruntertänigstausGrunddesmirerteiltenBefchls
folgenden Bericht über S. M. S. „Kaiser" während des ersten Reiseabschnttts:

Als die Diviston am 9. Dezember abends Wilhelmshaven verlassen hatte,
setzte bei fallenden Barometer ein immer stärker auftretender Wind aus 'WRW
ein. Bei durchschnittlicher Stärke vou 6—8 traten Boer von ziemlicher Heftig¬
keit auf. Regen und manchmal auch Hagel mit sich führend.

Dies Wetter war für das Schiff eine außerordentlich gute Schule zu Beginn
der Reise, um für die Vorbereitungen bei Schlcchtwettcr zu lernen und Schiff und
Besatzung etwas scegcwohnt zu machen. Die hierbei gemachten Erfahrungen traten
um so schärfer auf, als das durch die große Ausrüstung stark belastete Schiff beim
Auslaufen sehr tief lag. Die See stand ungefähr 2—3 Strich von Steuerbord ein i
die Schiffe liefen 11 Seemeilen,

S. M. S. „Kaiser" bekam in immer stärkerem Maße Wasser an Deck. Die
ziemlich kurze, steile See ging über die Back hinweg mit Spritzern bis auf die
Kommandobrücke. An Steuerbordseite brandete das über das Außendeck stürzende
Wasser gegen den Kasemattenbau und warf erhebliche Wassermengen auf duo
Aufbaudeck, das ständig unter Wasser stand. Auf dem Achterdeck mußten alle Luken
und Niedergange geschlossen werden; die Seen schlugen hart unter den Netzkasten
und warfen, dort aufschäumend, so viel Wasser über, daß es mit dem Schlingern
ständig hin und her wogte.

Wie stark die See manchmal am Schiff auslief, ist daran zu beurteilen, daß
der eingeschwungene Stcuerlwrdkutter von einer bis auf das Ausbaudeck schlagenden
See angelüftct und erheblich beschädigt wurde.

In das Jnncnschiff drang durch Ankerklüsen, Schartendichtunge» usw. all¬
mählich so viel Wasser ein, daß eigentlich nur die Mittclwohnräume trocken gehalten
werden konnten, obgleich schließlich nur ein im Lee des achterm Aufbaus geschützt
liegendes Luk zum Verkehr offen blieb.


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[0128] Neisebriefe an den Kaiser Reisebriefe an den Aaiser Von der letzten Weltreise deutscher Linienschiffe Adolf v. Trotha von om Dezember 1913 bis Juni 1914 waren S. M. SS. „Kaiser"-, „König Albert" und „Straßburg" auf Auslandsreise nach Afrika und Südamerika. Zum erstenmal gingen deutsche Großkampf schiffe über den Atlantik, um dem Marinepersvnal die im scharfe» llbungsdienst auf der Nordsee verkümmernder Ausländserfahrungen wiederzugeben. Mit Stolz und Liebe wurde die Division, ein Probestück modernster deutscher Technik und Organisation, vom Auslandsdeutschtum begrüßt, mit Achtung von den Fremden aufgenommen. Einen Monat nach der Rückkehr der Division brach der Krieg aus. Kaiser Wilhelm II. hatte vor der Ausreise dem Kommandanten des „Kaisers", dem damaligen Kapitän zur See, jetzigem Vizeadmiral a. D. von Trotha aufgetragen, ihm Neiseschilderungen zu schicken. Wir veröffentlichen sie als stimmungsmäßige Erinnerung an Tage, die in der Geschichte als Höhe puukt des Gedeihens und der Geltung unseres Volkes in der Welt fortleben Die Schriftlcitung. werden. Vor Las Palmas. den 16. 12. 1913. EucrMajestätunterbreiteichalleruntertänigstausGrunddesmirerteiltenBefchls folgenden Bericht über S. M. S. „Kaiser" während des ersten Reiseabschnttts: Als die Diviston am 9. Dezember abends Wilhelmshaven verlassen hatte, setzte bei fallenden Barometer ein immer stärker auftretender Wind aus 'WRW ein. Bei durchschnittlicher Stärke vou 6—8 traten Boer von ziemlicher Heftig¬ keit auf. Regen und manchmal auch Hagel mit sich führend. Dies Wetter war für das Schiff eine außerordentlich gute Schule zu Beginn der Reise, um für die Vorbereitungen bei Schlcchtwettcr zu lernen und Schiff und Besatzung etwas scegcwohnt zu machen. Die hierbei gemachten Erfahrungen traten um so schärfer auf, als das durch die große Ausrüstung stark belastete Schiff beim Auslaufen sehr tief lag. Die See stand ungefähr 2—3 Strich von Steuerbord ein i die Schiffe liefen 11 Seemeilen, S. M. S. „Kaiser" bekam in immer stärkerem Maße Wasser an Deck. Die ziemlich kurze, steile See ging über die Back hinweg mit Spritzern bis auf die Kommandobrücke. An Steuerbordseite brandete das über das Außendeck stürzende Wasser gegen den Kasemattenbau und warf erhebliche Wassermengen auf duo Aufbaudeck, das ständig unter Wasser stand. Auf dem Achterdeck mußten alle Luken und Niedergange geschlossen werden; die Seen schlugen hart unter den Netzkasten und warfen, dort aufschäumend, so viel Wasser über, daß es mit dem Schlingern ständig hin und her wogte. Wie stark die See manchmal am Schiff auslief, ist daran zu beurteilen, daß der eingeschwungene Stcuerlwrdkutter von einer bis auf das Ausbaudeck schlagenden See angelüftct und erheblich beschädigt wurde. In das Jnncnschiff drang durch Ankerklüsen, Schartendichtunge» usw. all¬ mählich so viel Wasser ein, daß eigentlich nur die Mittclwohnräume trocken gehalten werden konnten, obgleich schließlich nur ein im Lee des achterm Aufbaus geschützt liegendes Luk zum Verkehr offen blieb.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_338432/128>, abgerufen am 27.06.2024.