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Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Zweites Vierteljahr.

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Maurice Bcrrrös und die Kriegsgefangenen

Hankee das Dollarverdienen stets in erster Linie Berücksichtigung verlangen. Zu-
nächst aber hat die englische Schiffahrt erheblichen Vorteil von der Alkoholfeind¬
schaft der Amerikaner.

Von den beiden berühmten Riescndampfern der Hapag, "Imperator" und
"Vaterland", haben sich den ersteren die Engländer, den letzteren die Vereinigten
Staaten angeeignet. Was man von ihren Leistungen unter der neuen Flagge
vernimmt, kann allerdings uns Deutsche mit Vertrauen erfüllen, daß unsere Tüchtig-
i'eit uns wieder in die Höhe bringen muß und wird. Wie nämlich der Syndikus
der Hamburg-Amerika-Linie Dr. Hasselmann in einem Berliner Vortrag vor der
Deutschen Weltwirtschaftlichen Gesellschaft am 13. Februar dieses Jahres mitteilte,
hat der "Imperator" für seine erste Reise von England nach den Vereinigten
Staaten unter britischer Flagge nicht weniger als 13 Tage benötigt, während er
<heben unter deutscher die Fahrt in nur 4 Tagen zurücklegte! Eine derartige
Nachricht läßt hoffen, daß der deutsche Mitbewerber zur See doch noch nicht für
immer ausgeschaltet sein wird.

Zur gleichen Hoffnung berechtigt die soeben bekannt werdende Meldung,
daß die Hamburg-Amerika-Linie und nach ihr anscheinend auch schon der nord¬
deutsche Lloyd ihre Organisationen amerikanischen Schiffahrtsunternehmungen zur
Verfügung gestellt haben. Diese geradezu sensationelle Meldung stellt unzweifel¬
haft eines der großartigsten Ereignisse in der Geschichte des Welt-Needereiwesens
neerhcmpt dar und ist zugleich ein politischer Vorgang ersten Ranges, dessen
Würdigung aber im Rahmen dieses Aussatzes zu weit führen würde.




Maurice Varres und die Ariegsgefcmgenen
v Dr. Hans <v. Simon on

le Heimkehr der deutschen Kriegsgefangenen ist von den französischen
Zeitungen im allgemeinen mit Bemerkungen begleitet worden, die
auf der üblichen Höhe der Boulevardpresse-Leistungen standen. Es
lohnt sich nicht, ein Wort darüber zu verlieren. Ein paar rühm-
gliche Ausnahmen -- verständnisvolle Beobachtungen in Torys
"Oeuvre" und ein wenig Teilnahme in der "Humanitö" -- ändern kaum etwas
an dem Gesamteindruck, daß die Pariser Journalistik auch bei dieser Gelegenheit
wehr Witz als Verstand und mehr Hohn als Herz entwickelt hat. Indes darf
Aussatz doch nähere Achtung und größere Beachtung beanspruchen: der des
"Echo de Paris" vom 3. März. Hier wird die gewiß auch für uns wichtige
Frage aufgeworfen, in welcher Stimmung und mit welcher Gesinnung wir aus
^r Gefangenschaft heimkehren, und der sie zu beantworten sucht, ist Maurice
Carres von der Akademie. Barros ragt über den Durchschnitt der "Unsterblichen"
hervor; er ist ein selbständiger Denker, der den Ernst des Gelehrten mit seltener
Meisterung der Form verbindet, einer der wenigen Chnrakterköpfe der französischen
Dcputiertenkammer, ein bestechender Redner, und als Präsident der stark chauvi-


Maurice Bcrrrös und die Kriegsgefangenen

Hankee das Dollarverdienen stets in erster Linie Berücksichtigung verlangen. Zu-
nächst aber hat die englische Schiffahrt erheblichen Vorteil von der Alkoholfeind¬
schaft der Amerikaner.

Von den beiden berühmten Riescndampfern der Hapag, „Imperator" und
„Vaterland", haben sich den ersteren die Engländer, den letzteren die Vereinigten
Staaten angeeignet. Was man von ihren Leistungen unter der neuen Flagge
vernimmt, kann allerdings uns Deutsche mit Vertrauen erfüllen, daß unsere Tüchtig-
i'eit uns wieder in die Höhe bringen muß und wird. Wie nämlich der Syndikus
der Hamburg-Amerika-Linie Dr. Hasselmann in einem Berliner Vortrag vor der
Deutschen Weltwirtschaftlichen Gesellschaft am 13. Februar dieses Jahres mitteilte,
hat der „Imperator" für seine erste Reise von England nach den Vereinigten
Staaten unter britischer Flagge nicht weniger als 13 Tage benötigt, während er
<heben unter deutscher die Fahrt in nur 4 Tagen zurücklegte! Eine derartige
Nachricht läßt hoffen, daß der deutsche Mitbewerber zur See doch noch nicht für
immer ausgeschaltet sein wird.

Zur gleichen Hoffnung berechtigt die soeben bekannt werdende Meldung,
daß die Hamburg-Amerika-Linie und nach ihr anscheinend auch schon der nord¬
deutsche Lloyd ihre Organisationen amerikanischen Schiffahrtsunternehmungen zur
Verfügung gestellt haben. Diese geradezu sensationelle Meldung stellt unzweifel¬
haft eines der großartigsten Ereignisse in der Geschichte des Welt-Needereiwesens
neerhcmpt dar und ist zugleich ein politischer Vorgang ersten Ranges, dessen
Würdigung aber im Rahmen dieses Aussatzes zu weit führen würde.




Maurice Varres und die Ariegsgefcmgenen
v Dr. Hans <v. Simon on

le Heimkehr der deutschen Kriegsgefangenen ist von den französischen
Zeitungen im allgemeinen mit Bemerkungen begleitet worden, die
auf der üblichen Höhe der Boulevardpresse-Leistungen standen. Es
lohnt sich nicht, ein Wort darüber zu verlieren. Ein paar rühm-
gliche Ausnahmen — verständnisvolle Beobachtungen in Torys
«Oeuvre" und ein wenig Teilnahme in der „Humanitö" — ändern kaum etwas
an dem Gesamteindruck, daß die Pariser Journalistik auch bei dieser Gelegenheit
wehr Witz als Verstand und mehr Hohn als Herz entwickelt hat. Indes darf
Aussatz doch nähere Achtung und größere Beachtung beanspruchen: der des
"Echo de Paris" vom 3. März. Hier wird die gewiß auch für uns wichtige
Frage aufgeworfen, in welcher Stimmung und mit welcher Gesinnung wir aus
^r Gefangenschaft heimkehren, und der sie zu beantworten sucht, ist Maurice
Carres von der Akademie. Barros ragt über den Durchschnitt der „Unsterblichen"
hervor; er ist ein selbständiger Denker, der den Ernst des Gelehrten mit seltener
Meisterung der Form verbindet, einer der wenigen Chnrakterköpfe der französischen
Dcputiertenkammer, ein bestechender Redner, und als Präsident der stark chauvi-


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[0195] Maurice Bcrrrös und die Kriegsgefangenen Hankee das Dollarverdienen stets in erster Linie Berücksichtigung verlangen. Zu- nächst aber hat die englische Schiffahrt erheblichen Vorteil von der Alkoholfeind¬ schaft der Amerikaner. Von den beiden berühmten Riescndampfern der Hapag, „Imperator" und „Vaterland", haben sich den ersteren die Engländer, den letzteren die Vereinigten Staaten angeeignet. Was man von ihren Leistungen unter der neuen Flagge vernimmt, kann allerdings uns Deutsche mit Vertrauen erfüllen, daß unsere Tüchtig- i'eit uns wieder in die Höhe bringen muß und wird. Wie nämlich der Syndikus der Hamburg-Amerika-Linie Dr. Hasselmann in einem Berliner Vortrag vor der Deutschen Weltwirtschaftlichen Gesellschaft am 13. Februar dieses Jahres mitteilte, hat der „Imperator" für seine erste Reise von England nach den Vereinigten Staaten unter britischer Flagge nicht weniger als 13 Tage benötigt, während er <heben unter deutscher die Fahrt in nur 4 Tagen zurücklegte! Eine derartige Nachricht läßt hoffen, daß der deutsche Mitbewerber zur See doch noch nicht für immer ausgeschaltet sein wird. Zur gleichen Hoffnung berechtigt die soeben bekannt werdende Meldung, daß die Hamburg-Amerika-Linie und nach ihr anscheinend auch schon der nord¬ deutsche Lloyd ihre Organisationen amerikanischen Schiffahrtsunternehmungen zur Verfügung gestellt haben. Diese geradezu sensationelle Meldung stellt unzweifel¬ haft eines der großartigsten Ereignisse in der Geschichte des Welt-Needereiwesens neerhcmpt dar und ist zugleich ein politischer Vorgang ersten Ranges, dessen Würdigung aber im Rahmen dieses Aussatzes zu weit führen würde. Maurice Varres und die Ariegsgefcmgenen v Dr. Hans <v. Simon on le Heimkehr der deutschen Kriegsgefangenen ist von den französischen Zeitungen im allgemeinen mit Bemerkungen begleitet worden, die auf der üblichen Höhe der Boulevardpresse-Leistungen standen. Es lohnt sich nicht, ein Wort darüber zu verlieren. Ein paar rühm- gliche Ausnahmen — verständnisvolle Beobachtungen in Torys «Oeuvre" und ein wenig Teilnahme in der „Humanitö" — ändern kaum etwas an dem Gesamteindruck, daß die Pariser Journalistik auch bei dieser Gelegenheit wehr Witz als Verstand und mehr Hohn als Herz entwickelt hat. Indes darf Aussatz doch nähere Achtung und größere Beachtung beanspruchen: der des "Echo de Paris" vom 3. März. Hier wird die gewiß auch für uns wichtige Frage aufgeworfen, in welcher Stimmung und mit welcher Gesinnung wir aus ^r Gefangenschaft heimkehren, und der sie zu beantworten sucht, ist Maurice Carres von der Akademie. Barros ragt über den Durchschnitt der „Unsterblichen" hervor; er ist ein selbständiger Denker, der den Ernst des Gelehrten mit seltener Meisterung der Form verbindet, einer der wenigen Chnrakterköpfe der französischen Dcputiertenkammer, ein bestechender Redner, und als Präsident der stark chauvi-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341911_337236/195>, abgerufen am 22.07.2024.