Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Erstes Vierteljahr.Potsdam zu ertragen sind, zu weit gingen. Das Zentrum würde in den wirtschaftlichen Potsdam Friedrich von Vppeln-Bronikowskl von ich deine Schuhe aus, denn das Laud, da du stehest, ist heiliges Potsdam zu ertragen sind, zu weit gingen. Das Zentrum würde in den wirtschaftlichen Potsdam Friedrich von Vppeln-Bronikowskl von ich deine Schuhe aus, denn das Laud, da du stehest, ist heiliges <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0308" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/337153"/> <fw type="header" place="top"> Potsdam</fw><lb/> <p xml:id="ID_2236" prev="#ID_2235"> zu ertragen sind, zu weit gingen. Das Zentrum würde in den wirtschaftlichen<lb/> Lehren seiner Scholastiker manches finden, was nach praktischer Bewährung gerade<lb/> heute schreit. Vielleicht, daß bei ihm die Erkenntnis dieser historischen Zusammen¬<lb/> hänge in einzelnen führenden Köpfen schon auf dem Marsch ist. Dann würde<lb/> es sich als erste Regierungspartei von der tragikomischen Vorstellung frei gemacht<lb/> haben, daß die Demokratie westlicher Prägung Ursache und das Glück die Wirkung sei.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Potsdam<lb/><note type="byline"> Friedrich von Vppeln-Bronikowskl</note> von </head><lb/> <p xml:id="ID_2237" next="#ID_2238"> ich deine Schuhe aus, denn das Laud, da du stehest, ist heiliges<lb/> Land! Für jeden, der mit dem Herzen Preuße ist, ist Potsdam<lb/> solch heiliges Land. Wer ans dem Getriebe der Großstadt kommt,<lb/> in der alles Gegenwart, alles Augenblickswert ist, in der aller Zu¬<lb/> sammenhang mit der Geschichte, mit den Voraussetzungen der<lb/> Gegenwart abgebrochen scheint, deren horizontloses, unabsehbares Häusermeer<lb/> von gradlinigen, endlosen Straßenfluchten durchschnitten wird, — der atmet<lb/> auf in diefen stillen Straßen, auf die wuchtige Glockentürme und hohe Kirchen-<lb/> kuppeln ihren Akzent setzen, und sein Blick ruht aus auf den sanft begrünten<lb/> Hügeln zwischen den träumerischen Flächen der Havelseen, über die ferne<lb/> Glockenklange hinzittern. . . . Statt der Steinwüste eine Landschaft, in der<lb/> Natur und Kunst sich harmonisch durchdringen, die die anmutigen Horizonte<lb/> einer unvergleichlichen Geschichte bildet. Welche weltbewegenden .Kräfte sind<lb/> von hier ausgegangen, seit der Große Kurfürst bei dem Fischerdorf an der Havel<lb/> sein Schloß baute, seit der strenge Zuchtmeister Friedrich Wilhelm der Erste,<lb/> sein Großsohn und Nmnensträger, die Garnison- und Heiligegeist-Kirche, das<lb/> Kadetten- und Militärwaisenhaus und das Holländische Viertel, die Wohnungen<lb/> für seine „langen Kerls", baute und den Lustgarten des Schlosses zum Exerzier¬<lb/> platz umwandelte, — lauter Anlagen, die so bezeichnend sür seine Regierung<lb/> wie grundlegend für das ganze fromme, arbeitsame, disziplinierte, wehrhafte<lb/> Preußen geworden sind! Und dann fällt plötzlich das Licht der Aufklärung in<lb/> die dunkle Werkstatt der preußischen Größe. Knobelsdorff baut das Stadtschloß<lb/> ujm und umgibt den Lustgarten mit seinen anmutigen Säulenstellungen; und<lb/> auf dem fandigen Windmühlenhügel entstehen die Terrassen und das schmucklos<lb/> heitere Schloß, in dem der königliche Philosoph sein Leben zwischen Regierungs¬<lb/> sorgen und Geistesfrenden teilt, eine Stätte, die bis in unsere lieblose, undank¬<lb/> bare Zeit hinein ein Nationalheiligtum geblieben ist. Und nach seinem Siege<lb/> über Europa ersteht in den Parkgründen von Sanssouci mit ihren Marmor¬<lb/> gruppen, Tempelchen und Wasserkünsten, die zu Friedrichs Gram nie springen,<lb/> der prunkvolle Repräsentationsbau des Neuen Palais, auf dessen Turmspitze<lb/> drei Frauengestalten — angeblich die drei „Unterröcke", die dem großen König</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0308]
Potsdam
zu ertragen sind, zu weit gingen. Das Zentrum würde in den wirtschaftlichen
Lehren seiner Scholastiker manches finden, was nach praktischer Bewährung gerade
heute schreit. Vielleicht, daß bei ihm die Erkenntnis dieser historischen Zusammen¬
hänge in einzelnen führenden Köpfen schon auf dem Marsch ist. Dann würde
es sich als erste Regierungspartei von der tragikomischen Vorstellung frei gemacht
haben, daß die Demokratie westlicher Prägung Ursache und das Glück die Wirkung sei.
Potsdam
Friedrich von Vppeln-Bronikowskl von
ich deine Schuhe aus, denn das Laud, da du stehest, ist heiliges
Land! Für jeden, der mit dem Herzen Preuße ist, ist Potsdam
solch heiliges Land. Wer ans dem Getriebe der Großstadt kommt,
in der alles Gegenwart, alles Augenblickswert ist, in der aller Zu¬
sammenhang mit der Geschichte, mit den Voraussetzungen der
Gegenwart abgebrochen scheint, deren horizontloses, unabsehbares Häusermeer
von gradlinigen, endlosen Straßenfluchten durchschnitten wird, — der atmet
auf in diefen stillen Straßen, auf die wuchtige Glockentürme und hohe Kirchen-
kuppeln ihren Akzent setzen, und sein Blick ruht aus auf den sanft begrünten
Hügeln zwischen den träumerischen Flächen der Havelseen, über die ferne
Glockenklange hinzittern. . . . Statt der Steinwüste eine Landschaft, in der
Natur und Kunst sich harmonisch durchdringen, die die anmutigen Horizonte
einer unvergleichlichen Geschichte bildet. Welche weltbewegenden .Kräfte sind
von hier ausgegangen, seit der Große Kurfürst bei dem Fischerdorf an der Havel
sein Schloß baute, seit der strenge Zuchtmeister Friedrich Wilhelm der Erste,
sein Großsohn und Nmnensträger, die Garnison- und Heiligegeist-Kirche, das
Kadetten- und Militärwaisenhaus und das Holländische Viertel, die Wohnungen
für seine „langen Kerls", baute und den Lustgarten des Schlosses zum Exerzier¬
platz umwandelte, — lauter Anlagen, die so bezeichnend sür seine Regierung
wie grundlegend für das ganze fromme, arbeitsame, disziplinierte, wehrhafte
Preußen geworden sind! Und dann fällt plötzlich das Licht der Aufklärung in
die dunkle Werkstatt der preußischen Größe. Knobelsdorff baut das Stadtschloß
ujm und umgibt den Lustgarten mit seinen anmutigen Säulenstellungen; und
auf dem fandigen Windmühlenhügel entstehen die Terrassen und das schmucklos
heitere Schloß, in dem der königliche Philosoph sein Leben zwischen Regierungs¬
sorgen und Geistesfrenden teilt, eine Stätte, die bis in unsere lieblose, undank¬
bare Zeit hinein ein Nationalheiligtum geblieben ist. Und nach seinem Siege
über Europa ersteht in den Parkgründen von Sanssouci mit ihren Marmor¬
gruppen, Tempelchen und Wasserkünsten, die zu Friedrichs Gram nie springen,
der prunkvolle Repräsentationsbau des Neuen Palais, auf dessen Turmspitze
drei Frauengestalten — angeblich die drei „Unterröcke", die dem großen König
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