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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Drittes Vierteljahr.

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Deutsche Bcmernsiedelnng in den baltischen Provinzen

Deutsche Bauernsiedelung in den baltischen Provinzen
Vr, Rarl Reiter von

WÄW^M or dem Kriege war "Weltpolitik" das beliebteste Schlagwort in
DU^Ws^M den Politischen Erörterungen unserer Presse und Parlamente.
verstand darunter im wesentlichen Förderung der gewerb-
MM^M M lichen Ausfuhr, Mitarbeit des deutschen Kapitals bei der Aus-
"M^Ag^" ^nutzung der Naturschätze überseeischer Gebiete, Ausbau unseres
WNtzzW^^ Kolonialreiches und Schutz unserer überseeischen Interessen durch
die Flotte. Aber mit Recht sagt Bülow in seiner "Deutschen Politik", daß
wir Weltpolitik nur treiben könnten auf der festen Basis unserer europäischen
Großmachtstellung. Diese Basis gilt es in erster Linie zu verbreitern. Hierzu
hat uns der Friede von Brest-Litowsk und der zu diesem kürzlich abgeschlossene
Ergänzungsvertrag in den Stand gesetzt, indem er uns die Angliederung der
baltischen Provinzen und Litauens an das Deutsche Reich ermöglicht. Diese
Länder werden selbständige Staaten werden, die aber, dem Wunsche der Landes¬
vertretungen entsprechend, durch ein ewiges Bündnis mit dem Deutschen Reiche
verbunden werden. Es ist wahrscheinlich, daß die Beziehungen so geregelt
werden dürsten, daß Deutschland die Vertretung der neuen Staaten gegenüber
dem Auslande übernimmt, daß eine Militärkonvention geschlossen wird, die
neuen Staaten in das deutsche Zollgebiet einbezogen werden, die deutsche Wäh¬
rung, Post und Telegraphie auf sie ausgedehnt wird, ihre Eisenbahnen dem
preußischen Eisenbahnnetz angegliedert werden und eine Vereinheitlichung ge¬
wisser Rechtsgebiete in Aussicht genommen wird. Es ist Wohl auch anzu¬
nehmen, daß es zu der von der Bevölkerung gewünschten Personal-Union
zwischen den baltischen Provinzen und Preußen kommen wird.

Die Anlehnung an Deutschland liegt natürlich in erster Linie im eigenen
Interesse der neuen Staaten. Aber auch Deutschland hat von der Verbindung
mannigfache Vorteile zu erwarten. Diese liegen in dreifacher Richtung. Die
neuen Gebiete werden durch Lieferung landwirtschaftlicher Erzeugnisse unsere
Abhängigkeit vom Auslande mildern. Nach Tornius erzeugten die baltischen
Provinzen im Jahre 1910 276 Kilogramm Getreide auf den Kopf der Bevölke¬
rung, d. h. 106 Kilogramm über den eigenen Verbrauch, was für eine Be¬
völkerung von 2 664 000 Einwohnern einen Überschuß von fast 282 000 Tonnen
ergibt, während Deutschland im Jahre 1913 an Roggen, Weizen, Hafer und
Gerste eine Mehreinfuhr vom Auslande in Höhe von 4,2 Millionen Tonnen
hatte. Der Überschuß der baltischen Provinzen ist aber erheblicher Steigerung
fähig, denn der Boden wurde bisher im Vergleich mit dem benachbarten Ost¬
preußen nur sehr mangelhaft ausgenutzt. Der prozentuale Anteil der verschiede¬
nen Nutzungsarten an der Gesamtfläche war in Kurland bei den Ackern und
Gärten fast 26 Prozent (Ostpreußen 55,3 Prozent), bei den Wiesen und Weiden
32 Prozent (18,1), beim Wald 31 Prozent (17,4), bei den Qdländereien 11 Pro¬
zent (9,2). Diese Zahlen erscheinen sogar für Kurland noch so günstig, da
unter den Weiden sich große Flächen befinden, die richtiger als Ödland zu
bezeichnen wären. Das Ackerland kann auf Kosten von Weide und Wald noch
beträchtlich ausgedehnt werden. Nach Warmbold könnte im Baltikum und
Litauen den Quadratkilometer landwirtschaftlicher Nutzfläche, welcher hente nur
die Nahrung für 30 bis 35 Menschen erzeugt (gegen 166 in Deutschland) neben
ausreichender Versorgung der Bebauer einen Überschuß liefern, der für 80 bis
100 Menschen genügt. Unter Zugrundelegung der von Warmbold ermittelten
künftigen nutzbaren Fläche würden sich dann mindestens folgende Überschüsse
ergeben: in Kurland sür 1496 000. in Livland für 2 160 000. in Estland für
920 000, im ganzen Baltikum also für 4 576 000, ferner in Litauen für 3 360 000,
im ganzen Osten also für 7 936 000 Menschen. Bedenkt man, daß es in Deutsch¬
land vor dem Kriege an der einheimischen Nahrung für 10 000 000 Menschen


Deutsche Bcmernsiedelnng in den baltischen Provinzen

Deutsche Bauernsiedelung in den baltischen Provinzen
Vr, Rarl Reiter von

WÄW^M or dem Kriege war „Weltpolitik" das beliebteste Schlagwort in
DU^Ws^M den Politischen Erörterungen unserer Presse und Parlamente.
verstand darunter im wesentlichen Förderung der gewerb-
MM^M M lichen Ausfuhr, Mitarbeit des deutschen Kapitals bei der Aus-
«M^Ag^« ^nutzung der Naturschätze überseeischer Gebiete, Ausbau unseres
WNtzzW^^ Kolonialreiches und Schutz unserer überseeischen Interessen durch
die Flotte. Aber mit Recht sagt Bülow in seiner „Deutschen Politik", daß
wir Weltpolitik nur treiben könnten auf der festen Basis unserer europäischen
Großmachtstellung. Diese Basis gilt es in erster Linie zu verbreitern. Hierzu
hat uns der Friede von Brest-Litowsk und der zu diesem kürzlich abgeschlossene
Ergänzungsvertrag in den Stand gesetzt, indem er uns die Angliederung der
baltischen Provinzen und Litauens an das Deutsche Reich ermöglicht. Diese
Länder werden selbständige Staaten werden, die aber, dem Wunsche der Landes¬
vertretungen entsprechend, durch ein ewiges Bündnis mit dem Deutschen Reiche
verbunden werden. Es ist wahrscheinlich, daß die Beziehungen so geregelt
werden dürsten, daß Deutschland die Vertretung der neuen Staaten gegenüber
dem Auslande übernimmt, daß eine Militärkonvention geschlossen wird, die
neuen Staaten in das deutsche Zollgebiet einbezogen werden, die deutsche Wäh¬
rung, Post und Telegraphie auf sie ausgedehnt wird, ihre Eisenbahnen dem
preußischen Eisenbahnnetz angegliedert werden und eine Vereinheitlichung ge¬
wisser Rechtsgebiete in Aussicht genommen wird. Es ist Wohl auch anzu¬
nehmen, daß es zu der von der Bevölkerung gewünschten Personal-Union
zwischen den baltischen Provinzen und Preußen kommen wird.

Die Anlehnung an Deutschland liegt natürlich in erster Linie im eigenen
Interesse der neuen Staaten. Aber auch Deutschland hat von der Verbindung
mannigfache Vorteile zu erwarten. Diese liegen in dreifacher Richtung. Die
neuen Gebiete werden durch Lieferung landwirtschaftlicher Erzeugnisse unsere
Abhängigkeit vom Auslande mildern. Nach Tornius erzeugten die baltischen
Provinzen im Jahre 1910 276 Kilogramm Getreide auf den Kopf der Bevölke¬
rung, d. h. 106 Kilogramm über den eigenen Verbrauch, was für eine Be¬
völkerung von 2 664 000 Einwohnern einen Überschuß von fast 282 000 Tonnen
ergibt, während Deutschland im Jahre 1913 an Roggen, Weizen, Hafer und
Gerste eine Mehreinfuhr vom Auslande in Höhe von 4,2 Millionen Tonnen
hatte. Der Überschuß der baltischen Provinzen ist aber erheblicher Steigerung
fähig, denn der Boden wurde bisher im Vergleich mit dem benachbarten Ost¬
preußen nur sehr mangelhaft ausgenutzt. Der prozentuale Anteil der verschiede¬
nen Nutzungsarten an der Gesamtfläche war in Kurland bei den Ackern und
Gärten fast 26 Prozent (Ostpreußen 55,3 Prozent), bei den Wiesen und Weiden
32 Prozent (18,1), beim Wald 31 Prozent (17,4), bei den Qdländereien 11 Pro¬
zent (9,2). Diese Zahlen erscheinen sogar für Kurland noch so günstig, da
unter den Weiden sich große Flächen befinden, die richtiger als Ödland zu
bezeichnen wären. Das Ackerland kann auf Kosten von Weide und Wald noch
beträchtlich ausgedehnt werden. Nach Warmbold könnte im Baltikum und
Litauen den Quadratkilometer landwirtschaftlicher Nutzfläche, welcher hente nur
die Nahrung für 30 bis 35 Menschen erzeugt (gegen 166 in Deutschland) neben
ausreichender Versorgung der Bebauer einen Überschuß liefern, der für 80 bis
100 Menschen genügt. Unter Zugrundelegung der von Warmbold ermittelten
künftigen nutzbaren Fläche würden sich dann mindestens folgende Überschüsse
ergeben: in Kurland sür 1496 000. in Livland für 2 160 000. in Estland für
920 000, im ganzen Baltikum also für 4 576 000, ferner in Litauen für 3 360 000,
im ganzen Osten also für 7 936 000 Menschen. Bedenkt man, daß es in Deutsch¬
land vor dem Kriege an der einheimischen Nahrung für 10 000 000 Menschen


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[0300] Deutsche Bcmernsiedelnng in den baltischen Provinzen Deutsche Bauernsiedelung in den baltischen Provinzen Vr, Rarl Reiter von WÄW^M or dem Kriege war „Weltpolitik" das beliebteste Schlagwort in DU^Ws^M den Politischen Erörterungen unserer Presse und Parlamente. verstand darunter im wesentlichen Förderung der gewerb- MM^M M lichen Ausfuhr, Mitarbeit des deutschen Kapitals bei der Aus- «M^Ag^« ^nutzung der Naturschätze überseeischer Gebiete, Ausbau unseres WNtzzW^^ Kolonialreiches und Schutz unserer überseeischen Interessen durch die Flotte. Aber mit Recht sagt Bülow in seiner „Deutschen Politik", daß wir Weltpolitik nur treiben könnten auf der festen Basis unserer europäischen Großmachtstellung. Diese Basis gilt es in erster Linie zu verbreitern. Hierzu hat uns der Friede von Brest-Litowsk und der zu diesem kürzlich abgeschlossene Ergänzungsvertrag in den Stand gesetzt, indem er uns die Angliederung der baltischen Provinzen und Litauens an das Deutsche Reich ermöglicht. Diese Länder werden selbständige Staaten werden, die aber, dem Wunsche der Landes¬ vertretungen entsprechend, durch ein ewiges Bündnis mit dem Deutschen Reiche verbunden werden. Es ist wahrscheinlich, daß die Beziehungen so geregelt werden dürsten, daß Deutschland die Vertretung der neuen Staaten gegenüber dem Auslande übernimmt, daß eine Militärkonvention geschlossen wird, die neuen Staaten in das deutsche Zollgebiet einbezogen werden, die deutsche Wäh¬ rung, Post und Telegraphie auf sie ausgedehnt wird, ihre Eisenbahnen dem preußischen Eisenbahnnetz angegliedert werden und eine Vereinheitlichung ge¬ wisser Rechtsgebiete in Aussicht genommen wird. Es ist Wohl auch anzu¬ nehmen, daß es zu der von der Bevölkerung gewünschten Personal-Union zwischen den baltischen Provinzen und Preußen kommen wird. Die Anlehnung an Deutschland liegt natürlich in erster Linie im eigenen Interesse der neuen Staaten. Aber auch Deutschland hat von der Verbindung mannigfache Vorteile zu erwarten. Diese liegen in dreifacher Richtung. Die neuen Gebiete werden durch Lieferung landwirtschaftlicher Erzeugnisse unsere Abhängigkeit vom Auslande mildern. Nach Tornius erzeugten die baltischen Provinzen im Jahre 1910 276 Kilogramm Getreide auf den Kopf der Bevölke¬ rung, d. h. 106 Kilogramm über den eigenen Verbrauch, was für eine Be¬ völkerung von 2 664 000 Einwohnern einen Überschuß von fast 282 000 Tonnen ergibt, während Deutschland im Jahre 1913 an Roggen, Weizen, Hafer und Gerste eine Mehreinfuhr vom Auslande in Höhe von 4,2 Millionen Tonnen hatte. Der Überschuß der baltischen Provinzen ist aber erheblicher Steigerung fähig, denn der Boden wurde bisher im Vergleich mit dem benachbarten Ost¬ preußen nur sehr mangelhaft ausgenutzt. Der prozentuale Anteil der verschiede¬ nen Nutzungsarten an der Gesamtfläche war in Kurland bei den Ackern und Gärten fast 26 Prozent (Ostpreußen 55,3 Prozent), bei den Wiesen und Weiden 32 Prozent (18,1), beim Wald 31 Prozent (17,4), bei den Qdländereien 11 Pro¬ zent (9,2). Diese Zahlen erscheinen sogar für Kurland noch so günstig, da unter den Weiden sich große Flächen befinden, die richtiger als Ödland zu bezeichnen wären. Das Ackerland kann auf Kosten von Weide und Wald noch beträchtlich ausgedehnt werden. Nach Warmbold könnte im Baltikum und Litauen den Quadratkilometer landwirtschaftlicher Nutzfläche, welcher hente nur die Nahrung für 30 bis 35 Menschen erzeugt (gegen 166 in Deutschland) neben ausreichender Versorgung der Bebauer einen Überschuß liefern, der für 80 bis 100 Menschen genügt. Unter Zugrundelegung der von Warmbold ermittelten künftigen nutzbaren Fläche würden sich dann mindestens folgende Überschüsse ergeben: in Kurland sür 1496 000. in Livland für 2 160 000. in Estland für 920 000, im ganzen Baltikum also für 4 576 000, ferner in Litauen für 3 360 000, im ganzen Osten also für 7 936 000 Menschen. Bedenkt man, daß es in Deutsch¬ land vor dem Kriege an der einheimischen Nahrung für 10 000 000 Menschen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333844/300>, abgerufen am 22.07.2024.