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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Drittes Vierteljahr.

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Peter Rosegger, der Feuerwart

Peter Rosegger, der Feuerwart
<Lin Gedenkblatt zum
M. Relchner von

ielgestaltig wie der Boden Deutschlands ist sein Volkstum. Anders
lebt es in Nord und Süd, in Ost und West, an den Küsten der
Meere, auf weiter binnenländischer Ebene, in den Tälern der Alpen.
Dennoch bildet es im tiefsten Wesen eine Einheit, ein gegenseitiges
Verstehen webt hin und her und bekundet verwandten Geistes Art.

Draußen in der Steiermark steht ein deutscher Stamm auf
Vorposten. Alpler sind es, eigen und stark, in ihrer Treue zum Altüberkommenen,
denn sie wollen im Anprall fremder Völkerschaften nicht untergehen. Ein Brauch,
dem eine steirische Berggemeinde vor noch nicht allzulanger Zeit huldigte, erscheint
wie ein Sinnbild dieses Volkstums: sie pflegte alljährlich, so erzählt Peter
Rosegger in seinem Roman der "Gottsucher", bei Anbruch des sommerlichen
Sonnenwendtages zu einer Bergmatte emporzusteigen und daselbst der Leben¬
spenderin zum Gruß ein Feuer zu entzünden. Vor Erlöschen des Brandes mußte
einer der Ältesten der Gemeinde einen Funken mit sich nehmen und in seinem
Hause hüten, um bei der nächsten Sonnenwende den neuen Brand damit zu
entzünden. So nahm die unausrottbare Sehnsucht der Menschenbrust nach
Unsterblichkeit bei jenen Bauern im "Ahnfeuer" Gestalt an. Der Feuerwart aber,
der Hüter des Lebensfunkens, genoß, seinem weihevollen Amt entsprechend, in der
Gemeinde besonderes Ansehen: die Menschen kamen zu seinem Herde, auf dem
die Glut nicht erlosch, und holten Feuer zum Ausräuchern ihrer Häuser, wenn
sie von schweren Seuchen heimgesucht wurden. --

Dieser Brauch in seiner Schönheit und Gedankentiefe tut uns kund, daß
das Volk sich selbst ein Heiliges, Unbegreifliches ist, in dein es den Weltgeist
spürt aber nicht zu fassen vermag, und uns, die wir aus seinem Kreise heraus¬
treten und zu ihm Stellung zu nehmen suchen, geht es nicht anders.

Getragen von dem gleichen Gefühl, einem Letzten gegenüber zu stehen,
betrachtete auch Peter Rosegger sein steirisches Bauernvolk. Wie das unendliche
Meer erschien es ihm, das man nicht ausschöpfen und nicht bezwingen kann. Er
fand in ihm weit über die körperliche Tüchtigkeit hinaus von altersher unerme߬
liche Schätze aufgespeichert, die uns im Wirbel der sozialen Entwicklung als Weg¬
weiser dienen müssen, sofern wir an Leib und Seele gesund bleiben wollen. Des
Volkes durch die großen Linien des Lebensprozesses bestimmte Auffassungen, seine
Sitten und Bräuche, in denen sich die Ehrfurcht und Scheu des täglich mit der
übermächtigen Natur ringenden Menschen spiegeln, erschienen ihm als ein heiliges
Vermächtnis ungezählter Geschlechter, zu dessen Hüter er. der steirische Bauernsohn,
sich berufen fühlte. Und in der Tat: Peter Rosegger, der Tag für Tag, Stunde
für Stunde mit den Bauern seiner Waldheimat gebetet, gescherzt, gejauchzt,
gestritten und gelitten hat, war wie kein anderer zum Feuerwart seines Volkstums
ausersehen. Ganz anders als der von einer schalen Kultur übersättigte Aristokrat
Leo Tolstoi war er dem Volke nahe, umfaßte er es mit der inbrünstigen Liebe
restlosen Verstehens. Selbst durchtränkt von dem gesunden Bauernsaft der Realistik,
aber herangereift zur Fähigkeit, sich über einzelnes und Greifbares zur nachdenk¬
lichen Durchdringung des Menschentums schlechthin zu erheben, sah er im schlichten
Manne aus dem Volke die Verlebendigung letzter Lebensweisheit: in rastloser
Arbeit den vollen Ernst des Lebens zu erkennen, ohne zu klagen zu entsagen und
trotzdem die Lebensfreude zu bewahren. Begabt mit der wunderbaren Gestal¬
tungskraft des im Nährboden aller Kunst, der lebendigen Wirklichkeit, wurzelnden
Erzählers, hat Peter Rosegger, der Feuerwart. sein Amt treu verwaltet. Uner¬
müdlich in der Beobachtung und Erforschung .seines Volkes, trug er jeden lebens¬
fähigen Keim urwüchsiger Geistigkeit herbei und schuf das unabsehbar reiche.


Peter Rosegger, der Feuerwart

Peter Rosegger, der Feuerwart
<Lin Gedenkblatt zum
M. Relchner von

ielgestaltig wie der Boden Deutschlands ist sein Volkstum. Anders
lebt es in Nord und Süd, in Ost und West, an den Küsten der
Meere, auf weiter binnenländischer Ebene, in den Tälern der Alpen.
Dennoch bildet es im tiefsten Wesen eine Einheit, ein gegenseitiges
Verstehen webt hin und her und bekundet verwandten Geistes Art.

Draußen in der Steiermark steht ein deutscher Stamm auf
Vorposten. Alpler sind es, eigen und stark, in ihrer Treue zum Altüberkommenen,
denn sie wollen im Anprall fremder Völkerschaften nicht untergehen. Ein Brauch,
dem eine steirische Berggemeinde vor noch nicht allzulanger Zeit huldigte, erscheint
wie ein Sinnbild dieses Volkstums: sie pflegte alljährlich, so erzählt Peter
Rosegger in seinem Roman der „Gottsucher", bei Anbruch des sommerlichen
Sonnenwendtages zu einer Bergmatte emporzusteigen und daselbst der Leben¬
spenderin zum Gruß ein Feuer zu entzünden. Vor Erlöschen des Brandes mußte
einer der Ältesten der Gemeinde einen Funken mit sich nehmen und in seinem
Hause hüten, um bei der nächsten Sonnenwende den neuen Brand damit zu
entzünden. So nahm die unausrottbare Sehnsucht der Menschenbrust nach
Unsterblichkeit bei jenen Bauern im „Ahnfeuer" Gestalt an. Der Feuerwart aber,
der Hüter des Lebensfunkens, genoß, seinem weihevollen Amt entsprechend, in der
Gemeinde besonderes Ansehen: die Menschen kamen zu seinem Herde, auf dem
die Glut nicht erlosch, und holten Feuer zum Ausräuchern ihrer Häuser, wenn
sie von schweren Seuchen heimgesucht wurden. —

Dieser Brauch in seiner Schönheit und Gedankentiefe tut uns kund, daß
das Volk sich selbst ein Heiliges, Unbegreifliches ist, in dein es den Weltgeist
spürt aber nicht zu fassen vermag, und uns, die wir aus seinem Kreise heraus¬
treten und zu ihm Stellung zu nehmen suchen, geht es nicht anders.

Getragen von dem gleichen Gefühl, einem Letzten gegenüber zu stehen,
betrachtete auch Peter Rosegger sein steirisches Bauernvolk. Wie das unendliche
Meer erschien es ihm, das man nicht ausschöpfen und nicht bezwingen kann. Er
fand in ihm weit über die körperliche Tüchtigkeit hinaus von altersher unerme߬
liche Schätze aufgespeichert, die uns im Wirbel der sozialen Entwicklung als Weg¬
weiser dienen müssen, sofern wir an Leib und Seele gesund bleiben wollen. Des
Volkes durch die großen Linien des Lebensprozesses bestimmte Auffassungen, seine
Sitten und Bräuche, in denen sich die Ehrfurcht und Scheu des täglich mit der
übermächtigen Natur ringenden Menschen spiegeln, erschienen ihm als ein heiliges
Vermächtnis ungezählter Geschlechter, zu dessen Hüter er. der steirische Bauernsohn,
sich berufen fühlte. Und in der Tat: Peter Rosegger, der Tag für Tag, Stunde
für Stunde mit den Bauern seiner Waldheimat gebetet, gescherzt, gejauchzt,
gestritten und gelitten hat, war wie kein anderer zum Feuerwart seines Volkstums
ausersehen. Ganz anders als der von einer schalen Kultur übersättigte Aristokrat
Leo Tolstoi war er dem Volke nahe, umfaßte er es mit der inbrünstigen Liebe
restlosen Verstehens. Selbst durchtränkt von dem gesunden Bauernsaft der Realistik,
aber herangereift zur Fähigkeit, sich über einzelnes und Greifbares zur nachdenk¬
lichen Durchdringung des Menschentums schlechthin zu erheben, sah er im schlichten
Manne aus dem Volke die Verlebendigung letzter Lebensweisheit: in rastloser
Arbeit den vollen Ernst des Lebens zu erkennen, ohne zu klagen zu entsagen und
trotzdem die Lebensfreude zu bewahren. Begabt mit der wunderbaren Gestal¬
tungskraft des im Nährboden aller Kunst, der lebendigen Wirklichkeit, wurzelnden
Erzählers, hat Peter Rosegger, der Feuerwart. sein Amt treu verwaltet. Uner¬
müdlich in der Beobachtung und Erforschung .seines Volkes, trug er jeden lebens¬
fähigen Keim urwüchsiger Geistigkeit herbei und schuf das unabsehbar reiche.


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[0108] Peter Rosegger, der Feuerwart Peter Rosegger, der Feuerwart <Lin Gedenkblatt zum M. Relchner von ielgestaltig wie der Boden Deutschlands ist sein Volkstum. Anders lebt es in Nord und Süd, in Ost und West, an den Küsten der Meere, auf weiter binnenländischer Ebene, in den Tälern der Alpen. Dennoch bildet es im tiefsten Wesen eine Einheit, ein gegenseitiges Verstehen webt hin und her und bekundet verwandten Geistes Art. Draußen in der Steiermark steht ein deutscher Stamm auf Vorposten. Alpler sind es, eigen und stark, in ihrer Treue zum Altüberkommenen, denn sie wollen im Anprall fremder Völkerschaften nicht untergehen. Ein Brauch, dem eine steirische Berggemeinde vor noch nicht allzulanger Zeit huldigte, erscheint wie ein Sinnbild dieses Volkstums: sie pflegte alljährlich, so erzählt Peter Rosegger in seinem Roman der „Gottsucher", bei Anbruch des sommerlichen Sonnenwendtages zu einer Bergmatte emporzusteigen und daselbst der Leben¬ spenderin zum Gruß ein Feuer zu entzünden. Vor Erlöschen des Brandes mußte einer der Ältesten der Gemeinde einen Funken mit sich nehmen und in seinem Hause hüten, um bei der nächsten Sonnenwende den neuen Brand damit zu entzünden. So nahm die unausrottbare Sehnsucht der Menschenbrust nach Unsterblichkeit bei jenen Bauern im „Ahnfeuer" Gestalt an. Der Feuerwart aber, der Hüter des Lebensfunkens, genoß, seinem weihevollen Amt entsprechend, in der Gemeinde besonderes Ansehen: die Menschen kamen zu seinem Herde, auf dem die Glut nicht erlosch, und holten Feuer zum Ausräuchern ihrer Häuser, wenn sie von schweren Seuchen heimgesucht wurden. — Dieser Brauch in seiner Schönheit und Gedankentiefe tut uns kund, daß das Volk sich selbst ein Heiliges, Unbegreifliches ist, in dein es den Weltgeist spürt aber nicht zu fassen vermag, und uns, die wir aus seinem Kreise heraus¬ treten und zu ihm Stellung zu nehmen suchen, geht es nicht anders. Getragen von dem gleichen Gefühl, einem Letzten gegenüber zu stehen, betrachtete auch Peter Rosegger sein steirisches Bauernvolk. Wie das unendliche Meer erschien es ihm, das man nicht ausschöpfen und nicht bezwingen kann. Er fand in ihm weit über die körperliche Tüchtigkeit hinaus von altersher unerme߬ liche Schätze aufgespeichert, die uns im Wirbel der sozialen Entwicklung als Weg¬ weiser dienen müssen, sofern wir an Leib und Seele gesund bleiben wollen. Des Volkes durch die großen Linien des Lebensprozesses bestimmte Auffassungen, seine Sitten und Bräuche, in denen sich die Ehrfurcht und Scheu des täglich mit der übermächtigen Natur ringenden Menschen spiegeln, erschienen ihm als ein heiliges Vermächtnis ungezählter Geschlechter, zu dessen Hüter er. der steirische Bauernsohn, sich berufen fühlte. Und in der Tat: Peter Rosegger, der Tag für Tag, Stunde für Stunde mit den Bauern seiner Waldheimat gebetet, gescherzt, gejauchzt, gestritten und gelitten hat, war wie kein anderer zum Feuerwart seines Volkstums ausersehen. Ganz anders als der von einer schalen Kultur übersättigte Aristokrat Leo Tolstoi war er dem Volke nahe, umfaßte er es mit der inbrünstigen Liebe restlosen Verstehens. Selbst durchtränkt von dem gesunden Bauernsaft der Realistik, aber herangereift zur Fähigkeit, sich über einzelnes und Greifbares zur nachdenk¬ lichen Durchdringung des Menschentums schlechthin zu erheben, sah er im schlichten Manne aus dem Volke die Verlebendigung letzter Lebensweisheit: in rastloser Arbeit den vollen Ernst des Lebens zu erkennen, ohne zu klagen zu entsagen und trotzdem die Lebensfreude zu bewahren. Begabt mit der wunderbaren Gestal¬ tungskraft des im Nährboden aller Kunst, der lebendigen Wirklichkeit, wurzelnden Erzählers, hat Peter Rosegger, der Feuerwart. sein Amt treu verwaltet. Uner¬ müdlich in der Beobachtung und Erforschung .seines Volkes, trug er jeden lebens¬ fähigen Keim urwüchsiger Geistigkeit herbei und schuf das unabsehbar reiche.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333844/108>, abgerufen am 27.06.2024.