Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Deutsche Aurbereinigung

ununterbrochen aus dem völkischen Besitzstand der Deutschen, aus ihren Steuer-
geldern und ihren Kulturleistungen, den Jrredentisten Trinkgelder gibt -- müssen
doch eben diese ausgeplünderten Deutschen solange für diesen Zustand eintreten,
als sie nicht die Lockerung des Bündnisses befördern wollen. So vielfache Unzu¬
friedenheit sie in die Opposition drängt, sie können unmöglich den Kriegshaus¬
halt einem Staat verweigern, dessen Heer an der Seite des deutschen kämpft.
Und sie werden solange weiter aus ihrem Besitz die österreichischen Kosten des
Bündnisses bezahlen, als nicht eine andere außenpolitische und Weltlage ihnen
bessere innerpolitische Möglichkeiten bieten wird. Nur von da aus versteht man
die innere österreichische Politik richtig: sie wird von allen Beteiligten mit einem
Schielen nach außen hin gemacht, das nur für die Deutschen ein ehrliches Schauen
sein darf, weil sie nichts arideres "vollen, als was offiziell gewollt werden soll:
ein festes, vertrauensvolles Bündnis. Die Slawen unterwühlen es nach Kräften,
die Sozialdemokraten, die immer mehr von wenig bodenständigen Elementen ge¬
führt werden, leisten ihnen aus Haß gegen das "militärische" Preußen und aus
Ententefreundschaft Beistand -- und die Krone? Sie hüllt sich bei den wüstesten
Hetzen gegen Deutschland in Schweigen, sie läßt es geschehen, daß Deutschland
für die Vereinbarungen über Chota verantwortlich gemacht wird, obgleich Czernin
allein und völlig frei mit den Ukrainern verhandelte, sie hat den bündnisfeind¬
lichen Hofrat Lammasch und den pazifistischen Kaffeehändler Meint. der eine
deutschlandfeindliche Wochenschrift "Der Frieden" seit kurzem finanziert, sehr nahe
an sich herankommen lassen....."

Den Reichsdeutschen aber, die immer ungeduldiger eine "Lösung des öster¬
reichischen Problems verlangen und mit Vorliebe die Deutsch-Österreicher für deren
Ausbleiben verantwortlich machen, sei mit aller Entschiedenheit gesagt: das öster¬
reichische Problem kann sich nicht selber lösen.




Deutsche Flurbereinigung
Geschichtliche Lrinnsrungsn -- politische Mahnungen or, Paul lventzcke von
3. Preußen und das Reich.

le thüringische und die elsaß-lothringische Frage sind nur Muster¬
beispiele der vielfältigen Probleme, in denen im Innern des
deutschen Bundesstaats wirtschaftliche Not aus der Enge territorial¬
staatlicher Gebundenheit herausdrängt. Überall, wo unselbständige
Kleinstaaten mit größeren Machtgebieten zusammenstoßen, Haufen sich
die Schwierigkeiten, den Aufwand von Rechtspflege und Verwaltung in
sachgemäße!, Einklang mit den verfügbaren Mitteln zu bringen. Die kleinsten Bundes¬
staaten Norddeutschlands zwar, Wald-'et und Lippe, haben ihr Dasein durch rück¬
haltlosen Anschluß an Preußen gesichert. Selbst in Anhalt, wo die Frankfurter
Reichsgewalt im Herbst 184" wie in Thüringen über eine "Jmmediatisierung"
verhandeln konnte/ haben sich Dynastie und Bevölkerung völlig in dies Abhängig¬
keitsverhältnis eingewöhnt. Gutpreußische Überlieferung weiß die societas leonina
ja aufs köstlichste mit allen Ehren und Würden einer prunkenden Scheinsouve-
ränität zu verbrämen.


Deutsche Aurbereinigung

ununterbrochen aus dem völkischen Besitzstand der Deutschen, aus ihren Steuer-
geldern und ihren Kulturleistungen, den Jrredentisten Trinkgelder gibt — müssen
doch eben diese ausgeplünderten Deutschen solange für diesen Zustand eintreten,
als sie nicht die Lockerung des Bündnisses befördern wollen. So vielfache Unzu¬
friedenheit sie in die Opposition drängt, sie können unmöglich den Kriegshaus¬
halt einem Staat verweigern, dessen Heer an der Seite des deutschen kämpft.
Und sie werden solange weiter aus ihrem Besitz die österreichischen Kosten des
Bündnisses bezahlen, als nicht eine andere außenpolitische und Weltlage ihnen
bessere innerpolitische Möglichkeiten bieten wird. Nur von da aus versteht man
die innere österreichische Politik richtig: sie wird von allen Beteiligten mit einem
Schielen nach außen hin gemacht, das nur für die Deutschen ein ehrliches Schauen
sein darf, weil sie nichts arideres »vollen, als was offiziell gewollt werden soll:
ein festes, vertrauensvolles Bündnis. Die Slawen unterwühlen es nach Kräften,
die Sozialdemokraten, die immer mehr von wenig bodenständigen Elementen ge¬
führt werden, leisten ihnen aus Haß gegen das „militärische" Preußen und aus
Ententefreundschaft Beistand — und die Krone? Sie hüllt sich bei den wüstesten
Hetzen gegen Deutschland in Schweigen, sie läßt es geschehen, daß Deutschland
für die Vereinbarungen über Chota verantwortlich gemacht wird, obgleich Czernin
allein und völlig frei mit den Ukrainern verhandelte, sie hat den bündnisfeind¬
lichen Hofrat Lammasch und den pazifistischen Kaffeehändler Meint. der eine
deutschlandfeindliche Wochenschrift „Der Frieden" seit kurzem finanziert, sehr nahe
an sich herankommen lassen....."

Den Reichsdeutschen aber, die immer ungeduldiger eine „Lösung des öster¬
reichischen Problems verlangen und mit Vorliebe die Deutsch-Österreicher für deren
Ausbleiben verantwortlich machen, sei mit aller Entschiedenheit gesagt: das öster¬
reichische Problem kann sich nicht selber lösen.




Deutsche Flurbereinigung
Geschichtliche Lrinnsrungsn — politische Mahnungen or, Paul lventzcke von
3. Preußen und das Reich.

le thüringische und die elsaß-lothringische Frage sind nur Muster¬
beispiele der vielfältigen Probleme, in denen im Innern des
deutschen Bundesstaats wirtschaftliche Not aus der Enge territorial¬
staatlicher Gebundenheit herausdrängt. Überall, wo unselbständige
Kleinstaaten mit größeren Machtgebieten zusammenstoßen, Haufen sich
die Schwierigkeiten, den Aufwand von Rechtspflege und Verwaltung in
sachgemäße!, Einklang mit den verfügbaren Mitteln zu bringen. Die kleinsten Bundes¬
staaten Norddeutschlands zwar, Wald-'et und Lippe, haben ihr Dasein durch rück¬
haltlosen Anschluß an Preußen gesichert. Selbst in Anhalt, wo die Frankfurter
Reichsgewalt im Herbst 184» wie in Thüringen über eine „Jmmediatisierung"
verhandeln konnte/ haben sich Dynastie und Bevölkerung völlig in dies Abhängig¬
keitsverhältnis eingewöhnt. Gutpreußische Überlieferung weiß die societas leonina
ja aufs köstlichste mit allen Ehren und Würden einer prunkenden Scheinsouve-
ränität zu verbrämen.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0332" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/333429"/>
          <fw type="header" place="top"> Deutsche Aurbereinigung</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1229" prev="#ID_1228"> ununterbrochen aus dem völkischen Besitzstand der Deutschen, aus ihren Steuer-<lb/>
geldern und ihren Kulturleistungen, den Jrredentisten Trinkgelder gibt &#x2014; müssen<lb/>
doch eben diese ausgeplünderten Deutschen solange für diesen Zustand eintreten,<lb/>
als sie nicht die Lockerung des Bündnisses befördern wollen. So vielfache Unzu¬<lb/>
friedenheit sie in die Opposition drängt, sie können unmöglich den Kriegshaus¬<lb/>
halt einem Staat verweigern, dessen Heer an der Seite des deutschen kämpft.<lb/>
Und sie werden solange weiter aus ihrem Besitz die österreichischen Kosten des<lb/>
Bündnisses bezahlen, als nicht eine andere außenpolitische und Weltlage ihnen<lb/>
bessere innerpolitische Möglichkeiten bieten wird. Nur von da aus versteht man<lb/>
die innere österreichische Politik richtig: sie wird von allen Beteiligten mit einem<lb/>
Schielen nach außen hin gemacht, das nur für die Deutschen ein ehrliches Schauen<lb/>
sein darf, weil sie nichts arideres »vollen, als was offiziell gewollt werden soll:<lb/>
ein festes, vertrauensvolles Bündnis. Die Slawen unterwühlen es nach Kräften,<lb/>
die Sozialdemokraten, die immer mehr von wenig bodenständigen Elementen ge¬<lb/>
führt werden, leisten ihnen aus Haß gegen das &#x201E;militärische" Preußen und aus<lb/>
Ententefreundschaft Beistand &#x2014; und die Krone? Sie hüllt sich bei den wüstesten<lb/>
Hetzen gegen Deutschland in Schweigen, sie läßt es geschehen, daß Deutschland<lb/>
für die Vereinbarungen über Chota verantwortlich gemacht wird, obgleich Czernin<lb/>
allein und völlig frei mit den Ukrainern verhandelte, sie hat den bündnisfeind¬<lb/>
lichen Hofrat Lammasch und den pazifistischen Kaffeehändler Meint. der eine<lb/>
deutschlandfeindliche Wochenschrift &#x201E;Der Frieden" seit kurzem finanziert, sehr nahe<lb/>
an sich herankommen lassen....."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1230"> Den Reichsdeutschen aber, die immer ungeduldiger eine &#x201E;Lösung des öster¬<lb/>
reichischen Problems verlangen und mit Vorliebe die Deutsch-Österreicher für deren<lb/>
Ausbleiben verantwortlich machen, sei mit aller Entschiedenheit gesagt: das öster¬<lb/>
reichische Problem kann sich nicht selber lösen.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Deutsche Flurbereinigung<lb/>
Geschichtliche Lrinnsrungsn &#x2014; politische Mahnungen <note type="byline"> or, Paul lventzcke</note> von<lb/>
3. Preußen und das Reich. </head><lb/>
          <p xml:id="ID_1231"> le thüringische und die elsaß-lothringische Frage sind nur Muster¬<lb/>
beispiele der vielfältigen Probleme, in denen im Innern des<lb/>
deutschen Bundesstaats wirtschaftliche Not aus der Enge territorial¬<lb/>
staatlicher Gebundenheit herausdrängt. Überall, wo unselbständige<lb/>
Kleinstaaten mit größeren Machtgebieten zusammenstoßen, Haufen sich<lb/>
die Schwierigkeiten, den Aufwand von Rechtspflege und Verwaltung in<lb/>
sachgemäße!, Einklang mit den verfügbaren Mitteln zu bringen. Die kleinsten Bundes¬<lb/>
staaten Norddeutschlands zwar, Wald-'et und Lippe, haben ihr Dasein durch rück¬<lb/>
haltlosen Anschluß an Preußen gesichert. Selbst in Anhalt, wo die Frankfurter<lb/>
Reichsgewalt im Herbst 184» wie in Thüringen über eine &#x201E;Jmmediatisierung"<lb/>
verhandeln konnte/ haben sich Dynastie und Bevölkerung völlig in dies Abhängig¬<lb/>
keitsverhältnis eingewöhnt. Gutpreußische Überlieferung weiß die societas leonina<lb/>
ja aufs köstlichste mit allen Ehren und Würden einer prunkenden Scheinsouve-<lb/>
ränität zu verbrämen.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0332] Deutsche Aurbereinigung ununterbrochen aus dem völkischen Besitzstand der Deutschen, aus ihren Steuer- geldern und ihren Kulturleistungen, den Jrredentisten Trinkgelder gibt — müssen doch eben diese ausgeplünderten Deutschen solange für diesen Zustand eintreten, als sie nicht die Lockerung des Bündnisses befördern wollen. So vielfache Unzu¬ friedenheit sie in die Opposition drängt, sie können unmöglich den Kriegshaus¬ halt einem Staat verweigern, dessen Heer an der Seite des deutschen kämpft. Und sie werden solange weiter aus ihrem Besitz die österreichischen Kosten des Bündnisses bezahlen, als nicht eine andere außenpolitische und Weltlage ihnen bessere innerpolitische Möglichkeiten bieten wird. Nur von da aus versteht man die innere österreichische Politik richtig: sie wird von allen Beteiligten mit einem Schielen nach außen hin gemacht, das nur für die Deutschen ein ehrliches Schauen sein darf, weil sie nichts arideres »vollen, als was offiziell gewollt werden soll: ein festes, vertrauensvolles Bündnis. Die Slawen unterwühlen es nach Kräften, die Sozialdemokraten, die immer mehr von wenig bodenständigen Elementen ge¬ führt werden, leisten ihnen aus Haß gegen das „militärische" Preußen und aus Ententefreundschaft Beistand — und die Krone? Sie hüllt sich bei den wüstesten Hetzen gegen Deutschland in Schweigen, sie läßt es geschehen, daß Deutschland für die Vereinbarungen über Chota verantwortlich gemacht wird, obgleich Czernin allein und völlig frei mit den Ukrainern verhandelte, sie hat den bündnisfeind¬ lichen Hofrat Lammasch und den pazifistischen Kaffeehändler Meint. der eine deutschlandfeindliche Wochenschrift „Der Frieden" seit kurzem finanziert, sehr nahe an sich herankommen lassen....." Den Reichsdeutschen aber, die immer ungeduldiger eine „Lösung des öster¬ reichischen Problems verlangen und mit Vorliebe die Deutsch-Österreicher für deren Ausbleiben verantwortlich machen, sei mit aller Entschiedenheit gesagt: das öster¬ reichische Problem kann sich nicht selber lösen. Deutsche Flurbereinigung Geschichtliche Lrinnsrungsn — politische Mahnungen or, Paul lventzcke von 3. Preußen und das Reich. le thüringische und die elsaß-lothringische Frage sind nur Muster¬ beispiele der vielfältigen Probleme, in denen im Innern des deutschen Bundesstaats wirtschaftliche Not aus der Enge territorial¬ staatlicher Gebundenheit herausdrängt. Überall, wo unselbständige Kleinstaaten mit größeren Machtgebieten zusammenstoßen, Haufen sich die Schwierigkeiten, den Aufwand von Rechtspflege und Verwaltung in sachgemäße!, Einklang mit den verfügbaren Mitteln zu bringen. Die kleinsten Bundes¬ staaten Norddeutschlands zwar, Wald-'et und Lippe, haben ihr Dasein durch rück¬ haltlosen Anschluß an Preußen gesichert. Selbst in Anhalt, wo die Frankfurter Reichsgewalt im Herbst 184» wie in Thüringen über eine „Jmmediatisierung" verhandeln konnte/ haben sich Dynastie und Bevölkerung völlig in dies Abhängig¬ keitsverhältnis eingewöhnt. Gutpreußische Überlieferung weiß die societas leonina ja aufs köstlichste mit allen Ehren und Würden einer prunkenden Scheinsouve- ränität zu verbrämen.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333095
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333095/332
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333095/332>, abgerufen am 22.07.2024.