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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Erstes Vierteljahr.

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Lateinisch oder Katholisch!

zum Zusammenschluß der Deutschen. Aber alle diese Vereine, wie sie hier
genannt sind, hätten nur Aussicht auf Erfolge, wenn sie sich grundsätzlich der
negativen Parole "Kampf gegen das Polentum" entschlügen und dafür die
Losung wählten: "Förderung deS Deutschtums", Förderung wirtschaftlich, kulturell,
aber im übrigen unpolitisch! Derart, daß auch jeder Beamte und Offizier,
Pfarrer, Lehrer und Gewerbetreibende in die Organisation eintreten könnte.

Eine solche Neubegründung der preußisch-deutschen Ostmarkenpolitik auf den
Schultern des gesamten Deutschtums in den bedrohten Provinzen unter gleich¬
zeitiger Aufhebung der Ausnahmebestimmungen sollte um so größere Aussicht auf
Erfolg haben, je mehr die Demokratisierung des Wahlrechts das deutsche Element
zum Zusammenschluß zwingt. Das politische Vereinswesen wird sich in der Ost¬
mark besonders bei den Polen beleben. Die Mittel der Propaganda gegen das
Deutschtum werden daher zahlreicher und wirksamer werden. Es muß daher als
ein glücklicher Gedanke bezeichnet werden, daß die preußische Regierung durch Zu¬
lassung der Kriegsteilnehmer polnischer Nationalität zur Ansiedlung in ihrer
Heimat gerade diese der Propaganda entzogen hat. Was wir in der Ostmark
vor allen Dingen brauchen, nach allen den Jahren des äußern und innern
Kampfes ist friedliche innere Entwicklung. Der innere Friede wird aller Voraus¬
sicht nach häufig genug angegriffen werden durch die Agitation der Polen aus
dem Weichselgebiet. Deshalb ist besonders unsre Ostmark daran interessiert, daß
die Verhältnisse dort eine Gestaltung erfahren, die den Druck auf unsre Grenze
nicht gar zu fühlbar werden lassen. Die letzten Ersahrungen lehren uns, welche
Macht schon heute die Polen in Wien haben. Die polnischen Offenherzigkeiten
zeigen uns, wie und in welcher Richtung sie die Macht zu gebrauchen gedenken.
Eine Vereinigung russischen Gebiets mit Galizien würde eine weitere Stärkung
der politischen Macht der Polen in Wien und damit eine große Gefährdung unseres
Bündnisses bedeuten. Der in Brest-Litowsk betretene Weg zum Frieden darf daher
nicht über die sogenannte austropolnische Lösung weiterführen.




Lateinisch oder Aatholisch!
or. Aarl Buchheim von

eit dem Beginn des Weltkrieges fühlen sich die deutschen.Katholiken
innerhalb ihrer Kirche stark vereinsamt. Die westeuropäischen, ins¬
besondere die französischen Glaubensgenossen haben den Kampf der
Waffen sofort auf das geistige Gebiet übertragen und die Deutschen
^ als schlechte und mißratene Söhne der Kirche verdächtigt. Man stellt sie
als halbe Protestanten hin, oder gar als Heiden, denen der alte Wotan
teuerer sei als Christus, was doch höchstens für einzelne, besonders österreichische,
Altdeutsche zutrifft, die nach ihrem Taufschein ja allerdings Katholiken sein mögen.^"^H^W'
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Lateinisch oder Katholisch!

zum Zusammenschluß der Deutschen. Aber alle diese Vereine, wie sie hier
genannt sind, hätten nur Aussicht auf Erfolge, wenn sie sich grundsätzlich der
negativen Parole „Kampf gegen das Polentum" entschlügen und dafür die
Losung wählten: „Förderung deS Deutschtums", Förderung wirtschaftlich, kulturell,
aber im übrigen unpolitisch! Derart, daß auch jeder Beamte und Offizier,
Pfarrer, Lehrer und Gewerbetreibende in die Organisation eintreten könnte.

Eine solche Neubegründung der preußisch-deutschen Ostmarkenpolitik auf den
Schultern des gesamten Deutschtums in den bedrohten Provinzen unter gleich¬
zeitiger Aufhebung der Ausnahmebestimmungen sollte um so größere Aussicht auf
Erfolg haben, je mehr die Demokratisierung des Wahlrechts das deutsche Element
zum Zusammenschluß zwingt. Das politische Vereinswesen wird sich in der Ost¬
mark besonders bei den Polen beleben. Die Mittel der Propaganda gegen das
Deutschtum werden daher zahlreicher und wirksamer werden. Es muß daher als
ein glücklicher Gedanke bezeichnet werden, daß die preußische Regierung durch Zu¬
lassung der Kriegsteilnehmer polnischer Nationalität zur Ansiedlung in ihrer
Heimat gerade diese der Propaganda entzogen hat. Was wir in der Ostmark
vor allen Dingen brauchen, nach allen den Jahren des äußern und innern
Kampfes ist friedliche innere Entwicklung. Der innere Friede wird aller Voraus¬
sicht nach häufig genug angegriffen werden durch die Agitation der Polen aus
dem Weichselgebiet. Deshalb ist besonders unsre Ostmark daran interessiert, daß
die Verhältnisse dort eine Gestaltung erfahren, die den Druck auf unsre Grenze
nicht gar zu fühlbar werden lassen. Die letzten Ersahrungen lehren uns, welche
Macht schon heute die Polen in Wien haben. Die polnischen Offenherzigkeiten
zeigen uns, wie und in welcher Richtung sie die Macht zu gebrauchen gedenken.
Eine Vereinigung russischen Gebiets mit Galizien würde eine weitere Stärkung
der politischen Macht der Polen in Wien und damit eine große Gefährdung unseres
Bündnisses bedeuten. Der in Brest-Litowsk betretene Weg zum Frieden darf daher
nicht über die sogenannte austropolnische Lösung weiterführen.




Lateinisch oder Aatholisch!
or. Aarl Buchheim von

eit dem Beginn des Weltkrieges fühlen sich die deutschen.Katholiken
innerhalb ihrer Kirche stark vereinsamt. Die westeuropäischen, ins¬
besondere die französischen Glaubensgenossen haben den Kampf der
Waffen sofort auf das geistige Gebiet übertragen und die Deutschen
^ als schlechte und mißratene Söhne der Kirche verdächtigt. Man stellt sie
als halbe Protestanten hin, oder gar als Heiden, denen der alte Wotan
teuerer sei als Christus, was doch höchstens für einzelne, besonders österreichische,
Altdeutsche zutrifft, die nach ihrem Taufschein ja allerdings Katholiken sein mögen.^"^H^W'
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[0252] Lateinisch oder Katholisch! zum Zusammenschluß der Deutschen. Aber alle diese Vereine, wie sie hier genannt sind, hätten nur Aussicht auf Erfolge, wenn sie sich grundsätzlich der negativen Parole „Kampf gegen das Polentum" entschlügen und dafür die Losung wählten: „Förderung deS Deutschtums", Förderung wirtschaftlich, kulturell, aber im übrigen unpolitisch! Derart, daß auch jeder Beamte und Offizier, Pfarrer, Lehrer und Gewerbetreibende in die Organisation eintreten könnte. Eine solche Neubegründung der preußisch-deutschen Ostmarkenpolitik auf den Schultern des gesamten Deutschtums in den bedrohten Provinzen unter gleich¬ zeitiger Aufhebung der Ausnahmebestimmungen sollte um so größere Aussicht auf Erfolg haben, je mehr die Demokratisierung des Wahlrechts das deutsche Element zum Zusammenschluß zwingt. Das politische Vereinswesen wird sich in der Ost¬ mark besonders bei den Polen beleben. Die Mittel der Propaganda gegen das Deutschtum werden daher zahlreicher und wirksamer werden. Es muß daher als ein glücklicher Gedanke bezeichnet werden, daß die preußische Regierung durch Zu¬ lassung der Kriegsteilnehmer polnischer Nationalität zur Ansiedlung in ihrer Heimat gerade diese der Propaganda entzogen hat. Was wir in der Ostmark vor allen Dingen brauchen, nach allen den Jahren des äußern und innern Kampfes ist friedliche innere Entwicklung. Der innere Friede wird aller Voraus¬ sicht nach häufig genug angegriffen werden durch die Agitation der Polen aus dem Weichselgebiet. Deshalb ist besonders unsre Ostmark daran interessiert, daß die Verhältnisse dort eine Gestaltung erfahren, die den Druck auf unsre Grenze nicht gar zu fühlbar werden lassen. Die letzten Ersahrungen lehren uns, welche Macht schon heute die Polen in Wien haben. Die polnischen Offenherzigkeiten zeigen uns, wie und in welcher Richtung sie die Macht zu gebrauchen gedenken. Eine Vereinigung russischen Gebiets mit Galizien würde eine weitere Stärkung der politischen Macht der Polen in Wien und damit eine große Gefährdung unseres Bündnisses bedeuten. Der in Brest-Litowsk betretene Weg zum Frieden darf daher nicht über die sogenannte austropolnische Lösung weiterführen. Lateinisch oder Aatholisch! or. Aarl Buchheim von eit dem Beginn des Weltkrieges fühlen sich die deutschen.Katholiken innerhalb ihrer Kirche stark vereinsamt. Die westeuropäischen, ins¬ besondere die französischen Glaubensgenossen haben den Kampf der Waffen sofort auf das geistige Gebiet übertragen und die Deutschen ^ als schlechte und mißratene Söhne der Kirche verdächtigt. Man stellt sie als halbe Protestanten hin, oder gar als Heiden, denen der alte Wotan teuerer sei als Christus, was doch höchstens für einzelne, besonders österreichische, Altdeutsche zutrifft, die nach ihrem Taufschein ja allerdings Katholiken sein mögen.^"^H^W' ^U>KZM

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333095/252>, abgerufen am 22.07.2024.