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Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Viertes Vierteljahr.

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T>er Waffenstillstand mit Rußland
Georg Llcinow von

üblich ist der Krieg zu jenem kritischen Zeitpunkte herangereift, an
dem wir als Ergebnis militärischer Erfolge eine ausschlaggebende
politische Tatsache zu verzeichnen haben. Nur der Eintritt Bul¬
gariens als Folge der Niederwerfung Serbiens ist von ähnlicher
Bedeutung für die Entwicklung des Krieges gewesen. Die russische
Regierung hat sich unter dem auf dem Lande lastenden äußeren und inneren
Druck entschlossen, mit unseren Heerführern im Osten einen Waffenstillstand
abzuschließen, der nach der Bestimmung des Artikels IX der Akte von Brest-
Atowsk den Frieden einleiten soll. "Die vertragschließenden Parteien werden
>in unmittelbaren Anschluß an die Unterzeichnung dieses Waffenstillstandsvertrages
>n Friedensverhandlungen eintreten." Form und Inhalt der Akte geben eine
gewisse Gewähr dafür, daß es sich bei dieser Abrede nicht lediglich um eine
theoretisch gemeinte Wendung handelt. In Artikel IV finden wir bereits die
Absicht zu weitgehender Verständigung, wenn "zur Entwicklung und Befestigung
^'r freundschaftlichen Beziehungen zwischen den Völkern der vertragschließenden
Parteien" eine Verkehrsordnung fteundnachbarlichen Beziehungen die Wege zu
ebnen bemüht ist. Noch weiter über die Grenzen eines Waffenstillstandes hinaus
führt die Bestimmung des Artikels X, in dem grundsätzlich die Neutralität Persiens
und dis territoriale Unversehrtheit des persischen Reiches anerkannt wird. Die
Bestimmung dieses Artikels bedeutet eine Stellungnahme Rußlands gegen die
"Wische Politik in Persien und läßt ahnen, daß die russische Regierung in dieser
Frage bereits eine Gemeinsamkeit der Interessen mit Deutschland herausgefunden
haben mag. Die Wiederaufnahme des Seehandels über Odessa könnte schon als
eine unfreundliche Handlung Rußlands gegen seine bisherigen Verbündeten aus¬
legt werden. Der gute Wille, zu einem Frieden zu kommen, ist somit auf beiden
Seiten vorhanden.und es steht zu hoffen, daß sich schon bei den bisherigen
^affenstillstandsverhandlungen eine ganze Reihe gemeinsamer Belange offenbart
laben, deren Erkenntnis nicht nur den Weg zum Frieden freilegen, sondern
"und eine Wiederherstellung der alten guten Beziehungen von Volk zu Volk ge¬
währleisten.


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T>er Waffenstillstand mit Rußland
Georg Llcinow von

üblich ist der Krieg zu jenem kritischen Zeitpunkte herangereift, an
dem wir als Ergebnis militärischer Erfolge eine ausschlaggebende
politische Tatsache zu verzeichnen haben. Nur der Eintritt Bul¬
gariens als Folge der Niederwerfung Serbiens ist von ähnlicher
Bedeutung für die Entwicklung des Krieges gewesen. Die russische
Regierung hat sich unter dem auf dem Lande lastenden äußeren und inneren
Druck entschlossen, mit unseren Heerführern im Osten einen Waffenstillstand
abzuschließen, der nach der Bestimmung des Artikels IX der Akte von Brest-
Atowsk den Frieden einleiten soll. „Die vertragschließenden Parteien werden
>in unmittelbaren Anschluß an die Unterzeichnung dieses Waffenstillstandsvertrages
>n Friedensverhandlungen eintreten." Form und Inhalt der Akte geben eine
gewisse Gewähr dafür, daß es sich bei dieser Abrede nicht lediglich um eine
theoretisch gemeinte Wendung handelt. In Artikel IV finden wir bereits die
Absicht zu weitgehender Verständigung, wenn „zur Entwicklung und Befestigung
^'r freundschaftlichen Beziehungen zwischen den Völkern der vertragschließenden
Parteien" eine Verkehrsordnung fteundnachbarlichen Beziehungen die Wege zu
ebnen bemüht ist. Noch weiter über die Grenzen eines Waffenstillstandes hinaus
führt die Bestimmung des Artikels X, in dem grundsätzlich die Neutralität Persiens
und dis territoriale Unversehrtheit des persischen Reiches anerkannt wird. Die
Bestimmung dieses Artikels bedeutet eine Stellungnahme Rußlands gegen die
"Wische Politik in Persien und läßt ahnen, daß die russische Regierung in dieser
Frage bereits eine Gemeinsamkeit der Interessen mit Deutschland herausgefunden
haben mag. Die Wiederaufnahme des Seehandels über Odessa könnte schon als
eine unfreundliche Handlung Rußlands gegen seine bisherigen Verbündeten aus¬
legt werden. Der gute Wille, zu einem Frieden zu kommen, ist somit auf beiden
Seiten vorhanden.und es steht zu hoffen, daß sich schon bei den bisherigen
^affenstillstandsverhandlungen eine ganze Reihe gemeinsamer Belange offenbart
laben, deren Erkenntnis nicht nur den Weg zum Frieden freilegen, sondern
"und eine Wiederherstellung der alten guten Beziehungen von Volk zu Volk ge¬
währleisten.


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[0349] [Abbildung] T>er Waffenstillstand mit Rußland Georg Llcinow von üblich ist der Krieg zu jenem kritischen Zeitpunkte herangereift, an dem wir als Ergebnis militärischer Erfolge eine ausschlaggebende politische Tatsache zu verzeichnen haben. Nur der Eintritt Bul¬ gariens als Folge der Niederwerfung Serbiens ist von ähnlicher Bedeutung für die Entwicklung des Krieges gewesen. Die russische Regierung hat sich unter dem auf dem Lande lastenden äußeren und inneren Druck entschlossen, mit unseren Heerführern im Osten einen Waffenstillstand abzuschließen, der nach der Bestimmung des Artikels IX der Akte von Brest- Atowsk den Frieden einleiten soll. „Die vertragschließenden Parteien werden >in unmittelbaren Anschluß an die Unterzeichnung dieses Waffenstillstandsvertrages >n Friedensverhandlungen eintreten." Form und Inhalt der Akte geben eine gewisse Gewähr dafür, daß es sich bei dieser Abrede nicht lediglich um eine theoretisch gemeinte Wendung handelt. In Artikel IV finden wir bereits die Absicht zu weitgehender Verständigung, wenn „zur Entwicklung und Befestigung ^'r freundschaftlichen Beziehungen zwischen den Völkern der vertragschließenden Parteien" eine Verkehrsordnung fteundnachbarlichen Beziehungen die Wege zu ebnen bemüht ist. Noch weiter über die Grenzen eines Waffenstillstandes hinaus führt die Bestimmung des Artikels X, in dem grundsätzlich die Neutralität Persiens und dis territoriale Unversehrtheit des persischen Reiches anerkannt wird. Die Bestimmung dieses Artikels bedeutet eine Stellungnahme Rußlands gegen die "Wische Politik in Persien und läßt ahnen, daß die russische Regierung in dieser Frage bereits eine Gemeinsamkeit der Interessen mit Deutschland herausgefunden haben mag. Die Wiederaufnahme des Seehandels über Odessa könnte schon als eine unfreundliche Handlung Rußlands gegen seine bisherigen Verbündeten aus¬ legt werden. Der gute Wille, zu einem Frieden zu kommen, ist somit auf beiden Seiten vorhanden.und es steht zu hoffen, daß sich schon bei den bisherigen ^affenstillstandsverhandlungen eine ganze Reihe gemeinsamer Belange offenbart laben, deren Erkenntnis nicht nur den Weg zum Frieden freilegen, sondern "und eine Wiederherstellung der alten guten Beziehungen von Volk zu Volk ge¬ währleisten. Krenzboren lV -91,7 - Li>

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_332712/349>, abgerufen am 31.08.2024.