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Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Erstes Vierteljahr.

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Los vom Golde!
Rechtsanwalt Dr. zu und plin. Dalberg von

ährend im Frieden unser Geldwesen und unsere Reichsbankpolitik
nur in geringem Maße zu Erörterungen Anlaß gab, weil alles
zufriedenstellend seinen Gang ging, haben eine Anzahl Er¬
scheinungen der Kriegswirtschaft, die sinkende Kaufkraft der Gelder
im Inland, die Entwertung der Mark-Valuta im Ausland, die
Schwierigkeiten der Golddeckung für den angeschwollenen Notenumlauf, die
deshalb betriebene Goldanhäufung bei der Reichsbank und die Förderung des
bargeldlosen Verkehrs u. a. in. die allgemeine Aufmerksamkeit auf die Fragen
der Währung gelenkt. Die Erörterungen gehen jedoch meist von der Unan¬
tastbarkeit unserer Goldwährung aus, ohne sich darüber klar zu werden, daß
wir eine wahre Goldwährung in der Kriegszeit gar nicht mehr besitzen, daß
keine Aussicht besteht, eine solche auch nach Friedensschluß in absehbarer Zeit
wieder einzuführen und daß endlich die völlige grundsätzliche Abkehr von der
Goldwährung nicht nur möglich, sondern geboten ist, und uns ganz wesentliche
Vorteile, insbesondere auch im Verhältnis zu England, dem Hauptgoldprodu¬
zenten, verschaffen würde.*)

Die unser Geldwesen grundsätzlich beherrschende Goldwährung verlangt
von dem Gelde als dem Hilfsmittel im Güteraustausch, daß es einen be¬
stimmten stofflichen Wert haben müsse, da an ihm der Wert aller anderen
Güter gemessen werden soll. Das in geringer Menge hohen Wert besitzende
Gold erscheint danach als das gegebene, Münzmetall. Schwankungen im Wert
des Goldes werden dadurch vermieden, daß die Notenbanken der Goldwährungs¬
länder gesetzlich gehalten sind, jede ihnen angebotene Menge Gold zu einem
bestimmten Satze anzukaufen. Die Reichsbank bezahlt für 1 Kilogramm Gold



Eingehendere Darlegungen auch bei Dalberg: "Entthronung des Goldes", Heft 3V
der "Finanzwirtschaftl. Zeitfragen".
Grenzboten l 19179


Los vom Golde!
Rechtsanwalt Dr. zu und plin. Dalberg von

ährend im Frieden unser Geldwesen und unsere Reichsbankpolitik
nur in geringem Maße zu Erörterungen Anlaß gab, weil alles
zufriedenstellend seinen Gang ging, haben eine Anzahl Er¬
scheinungen der Kriegswirtschaft, die sinkende Kaufkraft der Gelder
im Inland, die Entwertung der Mark-Valuta im Ausland, die
Schwierigkeiten der Golddeckung für den angeschwollenen Notenumlauf, die
deshalb betriebene Goldanhäufung bei der Reichsbank und die Förderung des
bargeldlosen Verkehrs u. a. in. die allgemeine Aufmerksamkeit auf die Fragen
der Währung gelenkt. Die Erörterungen gehen jedoch meist von der Unan¬
tastbarkeit unserer Goldwährung aus, ohne sich darüber klar zu werden, daß
wir eine wahre Goldwährung in der Kriegszeit gar nicht mehr besitzen, daß
keine Aussicht besteht, eine solche auch nach Friedensschluß in absehbarer Zeit
wieder einzuführen und daß endlich die völlige grundsätzliche Abkehr von der
Goldwährung nicht nur möglich, sondern geboten ist, und uns ganz wesentliche
Vorteile, insbesondere auch im Verhältnis zu England, dem Hauptgoldprodu¬
zenten, verschaffen würde.*)

Die unser Geldwesen grundsätzlich beherrschende Goldwährung verlangt
von dem Gelde als dem Hilfsmittel im Güteraustausch, daß es einen be¬
stimmten stofflichen Wert haben müsse, da an ihm der Wert aller anderen
Güter gemessen werden soll. Das in geringer Menge hohen Wert besitzende
Gold erscheint danach als das gegebene, Münzmetall. Schwankungen im Wert
des Goldes werden dadurch vermieden, daß die Notenbanken der Goldwährungs¬
länder gesetzlich gehalten sind, jede ihnen angebotene Menge Gold zu einem
bestimmten Satze anzukaufen. Die Reichsbank bezahlt für 1 Kilogramm Gold



Eingehendere Darlegungen auch bei Dalberg: „Entthronung des Goldes", Heft 3V
der „Finanzwirtschaftl. Zeitfragen".
Grenzboten l 19179
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[0141] [Abbildung] Los vom Golde! Rechtsanwalt Dr. zu und plin. Dalberg von ährend im Frieden unser Geldwesen und unsere Reichsbankpolitik nur in geringem Maße zu Erörterungen Anlaß gab, weil alles zufriedenstellend seinen Gang ging, haben eine Anzahl Er¬ scheinungen der Kriegswirtschaft, die sinkende Kaufkraft der Gelder im Inland, die Entwertung der Mark-Valuta im Ausland, die Schwierigkeiten der Golddeckung für den angeschwollenen Notenumlauf, die deshalb betriebene Goldanhäufung bei der Reichsbank und die Förderung des bargeldlosen Verkehrs u. a. in. die allgemeine Aufmerksamkeit auf die Fragen der Währung gelenkt. Die Erörterungen gehen jedoch meist von der Unan¬ tastbarkeit unserer Goldwährung aus, ohne sich darüber klar zu werden, daß wir eine wahre Goldwährung in der Kriegszeit gar nicht mehr besitzen, daß keine Aussicht besteht, eine solche auch nach Friedensschluß in absehbarer Zeit wieder einzuführen und daß endlich die völlige grundsätzliche Abkehr von der Goldwährung nicht nur möglich, sondern geboten ist, und uns ganz wesentliche Vorteile, insbesondere auch im Verhältnis zu England, dem Hauptgoldprodu¬ zenten, verschaffen würde.*) Die unser Geldwesen grundsätzlich beherrschende Goldwährung verlangt von dem Gelde als dem Hilfsmittel im Güteraustausch, daß es einen be¬ stimmten stofflichen Wert haben müsse, da an ihm der Wert aller anderen Güter gemessen werden soll. Das in geringer Menge hohen Wert besitzende Gold erscheint danach als das gegebene, Münzmetall. Schwankungen im Wert des Goldes werden dadurch vermieden, daß die Notenbanken der Goldwährungs¬ länder gesetzlich gehalten sind, jede ihnen angebotene Menge Gold zu einem bestimmten Satze anzukaufen. Die Reichsbank bezahlt für 1 Kilogramm Gold Eingehendere Darlegungen auch bei Dalberg: „Entthronung des Goldes", Heft 3V der „Finanzwirtschaftl. Zeitfragen". Grenzboten l 19179

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_331409/141>, abgerufen am 22.07.2024.